Dienstag, 2. August 2016

Wo die Affen herstammen, eine erzählte Geschichte

Albrecht Dürer, Melencolia 

Wenn man müde ist, fällt einem vieles wieder ein. Die Erzählungen von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann etwa treiben zuverlässig die Tränen ins Gesicht Aber dafür haben wir weit später immer noch Zeit. Nicht hier.

Die Unterhaltungen mit Herrn Roloff laufen in der Regel darauf hinaus (ich denke, das kann man hinreichend zuverlässig mutmaßen, also ist es nicht indiskret), daß wir nach wenigen Kontroversen einig darüber sind, was für ein angenehm, wohl eingerichteter und aufblühender Ort die Welt, mindestens aber Deutschland, doch wäre, wollte man unseren gemeinsamen Grundsätzen und Einsichten folgen. Nur über die praktischen Folgen geraten wir regelmäßig, wenn auch nicht übermäßig, auseinander (Kann man Rußland ausrechnen? Ist der Gott der Muslime auch unser Gott? Nun ja).

Ohne auf unser Räsonieren und (mein) Bramarbasieren im Detail einzugehen, heute habe ich etwas gelernt, und wollte es daher ganz schnell mitteilen (lieber würde ich meine nicht ganz unbedeutenden (des Gegenstandes wegen, nicht auf Grund meiner akzidentiellen Person) Nachträge zu einem gewissen Ende schreiben). 'Wenn der menschliche Geist durch kulturelle Anstrengungs-Bereitschaft nicht ausgelastet ist, fällt er auf sich zurück und verfällt' oder so. Wir kommen darauf zurück.

An sich mag ich diese Attitüde des: „Wie ich hier und hier schon mehrfach zutreffend geschrieben habe,“ - sehr völlig nicht. Aber in diesem Fall geht es eben nicht um mich; ich bezweifle auch zunehmend, daß ich das alles über die Jahre selbst geschrieben habe. Deshalb muß ich mich wohl immer wieder selbst „Googeln“.

Was ich gesucht hatte, kam durch ein falsches Wort auf ein wirklich herrliches Stück 19. Jh. Berlin. Doch „Des Vetters Eckfenster" von E. T. A. Hoffmann hatte ich gesucht, und war der geronnenen Überzeugung, darüber Gescheiteres geschrieben zu haben War wohl nur mal in meinem Kopf, hoffentlich. Ein falscher Fehler.

Aber. Es ist schon schön.“Nante. O ja Herr Criminell, die Sache verhält sich sich so, wie Sie mir gefragt haben, erst ledig gewesen, un nu verheirathet noch sind. Jetzt habe ick 'ne Frau, ick bin mit ihr 6 1/2 Jahre verheirathet, wenn wir noch 1/2 Jahr beisammen bleiben, können wir den 7jährigen Krieg miteinander feiern...“

"'Dieser Markt', sprach der Vetter, 'ist auch jetzt ein treues Abbild des ewig wechselnden Lebens. Rege Tätigkeit, das Bedürfnis des Augenblicks trieb die Menschenmasse zusammen; in wenigen Augenblicken ist alles verödet, die Stimmen, welche im wirren Getöse durcheinanderströmten, sind verklungen, und jede verlassene Stelle spricht das schauerliche: ›Es war!‹ nur zu lebhaft aus' ".

Ich hab's noch mal gelesen, aber ich mag nicht, könnten sie einem nicht einen Hammer auf den Kopf schlagen mit der Mitteilung, und ab jetzt bist Du selber klug? Ich schreibe gerade nur gegen meine Müdigkeit an. Bin auch gleich fertig.

Das angeführte Zitat (selbst der alte Link dorthin ist mittlerweile falsch; glaube nicht, daß ich da zu abwesend war *grr), 2 Monate vor seinem Tod. Das ist eine wundervolle kleine Erzählung...

„'Aber dies Fenster ist mein Trost, hier ist mir das bunte Leben aufs neue aufgegangen, und ich fühle mich befreundet mit seinem niemals rastenden Treiben. Komm, Vetter, schau hinaus!'

Ich setzte mich, dem Vetter gegenüber, auf ein kleines Taburett, das gerade noch im Fensterraum Platz hatte. Der Anblick war in der Tat seltsam und überraschend. Der ganze Markt schien eine einzige, dicht zusammengedrängte Volksmasse, so daß man glauben mußte, ein dazwischengeworfener Apfel könne niemals zur Erde gelangen.

Die verschiedensten Farben glänzten im Sonnenschein, und zwar in ganz kleinen Flecken, auf mich machte dies den Eindruck eines großen, vom Winde bewegten, hin und her wogenden Tulpenbeets, und ich mußte mir gestehen, daß der Anblick zwar recht artig, aber auf die Länge ermüdend sei, ja wohl gar aufgereizten Personen einen kleinen Schwindel verursachen könne, der dem nicht unangenehmen Delirieren des nahenden Traums gliche...“

Das geht sehr tiefsinnig so weiter. Aber wer bin ich, das zu erklären.

Und jetzt werden wir erleichtert endlich wieder banal: Junge Menschen, die quietschen, "Ich habe 10!", ein anderer, der heute vormittags an meinem Fenster vorbei humpelte (Baugrube übersehen, oder war es nur der Bordstein? Daß Schnitzeljagd wieder so aufregend werden könnte...).

Her R. noch einmal: Wenn die menschliche Natur nicht kulturell angestrengt wird (oder so), vor allem durch den Glauben, eine schöpfungsmäßig verankerte Ordnung nicht mehr wiedererkennt (man ahnt die Richtung und sinkt nach hinten)... Dann ja, fällt alles zurück.

Und darum ist es eine bewiesene Tatsache, daß der Mensch nicht vom Affen abstammt: Sondern der Affe vom Menschen (hm, aha?); bewiesen durch das alte unergründliche Wissen der Märchen. Es stimmt übrigens, nur ist es in seinem Fall die Variante der Brüder Grimm, folgend dem Hans Sachs. Es taucht verschiedentlich, natürlich variiert, auf. Die nachfolgende Variante ist böhmisch. Ich bezweifle zwar ihren Volkscharakter, aber man muß es auch einmal auf sich beruhen lassen können. Es ist wunderschön:

Volksmärchen aus Böhmen

Eines Tages kam Jesus, der Herr, mit St. Peter zu einem Schmiede, der eben vor dem Amboß stand und glühendes Eisen schmiedete. Vor der Schmiede aber saß ein sehr alter Mann und wärmte sich in der Sonne, und das war des Schmiedes Vater. Jesus der Herr bat den Schmied um eine milde Gabe; der hartherzige Schmied aber fuhr die heiligen Wanderer grob an und jagte sie davon. Das ärgerte den heiligen Peter, der nun zu dem Schmiede sagte: »Du wirst es schon einmal bitter bereuen, daß du den Heiland so hart behandelt hast!« Da lachte der Schmied und rief spottend aus: »Wenn einer von euch der Heiland ist, so möge er ein Wunder wirken und dort meinen uralten Vater in einen Jüngling verwandeln!« Christus erwiderte kein Wort, ging aber zu dem alten Väterchen hin, führte es zu dem Schmiedeherde und hielt es plötzlich ganz in die Flammen hinein. Der Schmied erschrak zu Tode über diese unerhörte Tat; aber wie sehr erstaunte er, als nach einer Weile der Herr Jesus die Hand vom Feuer zurückzog und statt des uralten Väterchens ein blühend schöner Jüngling zum Vorschein kam! Da zweifelte der Schmied nicht länger, daß der Fremde Jesus der Herr sei. Er schämte sich seiner groben Rede, fiel auf die Knie und wollte den Herrn anbeten; aber dieser war bereits samt dem heiligen Peter vor seinen Augen verschwunden. Nun fing erst alles recht über das verjüngte Väterchen zu staunen an. Auch die Frau des Schmiedes kam herbei, um sich über das Wunder zu ärgern, denn sie selber war alt und häßlich. »Hätte der Herr Christus lieber mich in das Schmiedefeuer hingestellt!« rief sie neidisch aus und begehrte dann von dem Schmiede, er möge sie in die wunder wirkende Flamme hineinhalten, damit auch sie jung und schön werde. Der Schmied weigerte sich lange, dies zu tun; endlich aber wagte er doch das Kunststück. Kaum hatte er die Frau in das Feuer gestellt, so begann sie fürchterlich zu schreien, so daß der Schmied sie schnell wieder herauszog und in den nebenan stehenden Zuber mit Kühlwasser warf. Aber wie sah die Alte aus! Schwarz wie eine Kohle und zusammengeschrumpft wie ein Schwamm! Auf ihr Geschrei stürzten von rechts und links zwei Nachbarinnen herbei, um zu sehen, was geschehen sei. Beide aber waren guter Hoffnung, und als sie nun plötzlich die verbrannte Schmiedefrau in dem Wasserzuber erblickten, erschraken sie heftig und versahen sich. Als nun ihre Stunde gekommen war, gebar jede von ihnen – einen Affen! Die beiden kleinen Affen wurden später ein Paar, und von diesem stammen alle Affen der Welt ab.

Gestern, als mir die Kräfte schwanden, schrieb ich noch  - "*grr wir schreiben gerade,  morgen, bin wirklich müde". Aber es ist doch erfreulich daß man, selbst wenn vollständig sich selbst neben sich stehend glaubend, noch einen geraden Satz zusammenbringt (und die anderen noch rechtzeitig fortspülen konnte). Ich bedaure eventuelle Unannehmlichkeiten.

Et si male nunc, non olim sic erit.

4 Kommentare:

DirkNB hat gesagt…

Eine schöne Geschichte, auch wenn ich sie vermutlich anders lese als der hiesige Blogbetreiber. ;-) Zeigt es doch, dass Texte unterschiedlichen Lesern auch unterschiedliches bringen, so haben sie durch unterschiedlichen Hintergrund anderes aus dem Text zu nehmen.

Aber die Pointe - hochachtungsvoll gemeint - ist was schönes, geistvolles zum Mitnehmen.

MartininBroda hat gesagt…

Die Texte sind immer größer als der Leser und meist auch größer als der Autor, wenn es gute Texte sind. Da bleibt viel Raum.
Ich hatte übrigens wirklich Sorge, daß da zuviel Unsinn stehen könnte, denn ich sammle in der Regel erst mal die konfusen Einfälle, bevor daraus etwas wird, wenn es denn wird. Gegen Mitternacht hatte ich dann aus Versehen die Entwurfsfassung gepostet und merkte danach auf einmal, wie ich schwächelte.
Ich mochte heute Morgen erst gar nicht draufschauen, daher die kryptische Schlußbemerkung.

DirkNB hat gesagt…

Sowas passiert. Wobei ich aber das Ende der Geschichte meinte und nicht das Ende des Posts. ;-)

MartininBroda hat gesagt…

Ich auch! :)