Richard Strauss, Vier letzte Lieder, Frühling, hier gefunden
Hermann Hesse
Frühling
In dämmrigen Grüften
Träumte ich lang
Von deinen Bäumen und blauen Lüften,
Von deinem Duft und Vogelsang.
Nun liegst du erschlossen
In Gleiss und Zier,
Von Licht übergossen
Wie ein Wunder vor mir.
Du kennst mich wieder;
Du lockst mich zart.
Es zittert durch all meine Glieder
Deine selige Gegenwart!
Spring
In twilit clefts
I dreamed long
Of your trees und blue breezes,
Of your scent and birdsong.
Now you lie revealed again
In gleaming adornment
Flooded with light
Like a miracle before me.
You know me again,
You entice me tenderly.
Through all my limbs trembles
Your blissful presence!
Richard Strauss, Vier letzte Lieder, September, hier gefunden
Hermann Hesse
September
Der Garten trauert,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
Still seinem Ende entgegen.
Golden tropft Blatt um Blatt
Nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gartentraum.
Lange noch bei den Rosen
Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er die großen,
Müdgewordenen Augen zu.
September
The garden mourns,
Rain sinks coolly into the flowers.
Summer shudders
Peacefully towards its end.
Golden, one leaf after another
Drops from the high Acacia tree.
Summer smiles astonished and weak
Into the dying garden dream.
But still, by the roses,
It pauses and longs for peace.
And slowly closes its large
Now tired, worn eyes.
Richard Strauss, Vier letzte Lieder, Beim Schlafengehen,
Hermann Hesse
Beim Schlafengehen
Nun hat der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände, laßt von allem Tun
Stirn, vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.
Going to sleep
Now that I am wearied of the day,
my ardent desire shall happily receive
the starry night
like a sleepy child.
Hands, stop all your work.
Brow, forget all your thinking.
All my senses now
yearn to sink into slumber.
And my unfettered soul
wishes to soar up freely
into night's magic sphere
to live there deeply and thousandfold.
Richard Strauss, Vier letzte Lieder, Im Abendrot, hier gefunden
Joseph von Eichendorff
Im Abendrot
Wir sind durch Not und Freude
gegangen Hand in Hand;
vom Wandern ruhen wir [beide]
nun überm stillen Land.
Rings sich die Täler neigen,
es dunkelt schon die Luft.
Zwei Lerchen nur noch steigen
nachträumend in den Duft.
Tritt her und laß sie schwirren,
bald ist es Schlafenszeit.
Daß wir uns nicht verirren
in dieser Einsamkeit.
O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot.
Wie sind wir wandermüde--
Ist dies etwa der Tod?
At sunset
Through sorrow and joy
we have gone hand in hand;
we are both at rest from our wanderings
now above the quiet land.
Around us, the valleys bow,
the air already darkens.
Only two larks soar
musingly into the haze.
Come close, and let them flutter,
soon it will be time to sleep -
so that we don't get lost
in this solitude.
O vast, tranquil peace,
so deep in the afterglow!
How weary we are of wandering--
Is this perhaps death?
Translation from here
Die beigefügten englischen Übersetzungen sind gewissermaßen eine Geste des Respekts für Jessye Norman, die selbst derlei nicht bedurfte.
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