Sonntag, 28. Juli 2024

Vom Schatz im Acker - eine Predigt

Domenico Fetti, Parabola del testoro nascosto, ca. 1620, von hier


Predigt zum 9. Sonntag nach Trinitatis

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.


Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle

Abermals ist gleich das Himmelreich einem verborgenem Schatz im Acker, welchen ein Mensch fand und verbarg ihn und ging hin vor Freuden über denselben und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Abermals ist gleich das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte. Und da er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Matth.13,44-46

Liebe Gemeinde,

dieser Text ist darum hochaktuell, weil er illustriert, wie sehr der christliche Glaube der menschlichen Lebenswirklichkeit eingeschrieben ist. Er verordnet keine leeren Rituale und okkulte Zeremonien. Er kennt im Grunde keine Essensvorschriften und andere Praktiken, die um des Heiles willen akribisch zu beachten wären.

Das, was der Herr lehrt, zeugt von einem ganz praktischen Sinn und von Kenntnissen über das wirkliche Leben. Jesus war schließlich auch der Sohn eines Handwerkers und wurde selbst zu einem ausgebildet. Wer nun einen Tisch oder ein anderes Möbel fertigen will, der muss sich für eine Form, für ein Holz und für einen angemessenen Preis für seine Arbeitszeit entscheiden, bevor er das Unternehmen startet und genau dadurch zum Unternehmer wird.

Auch unser Leben ist ein solches Unternehmen, bei dem es darum geht, zu erkennen, was ihm wirklich dient, was für ein gelingendes Leben von Bedeutung ist und wie man es erringt.

Die Arbeit, von der im Zusammenhang mit dem Tischlermeister die Rede war, dient zwar vor allem dem Broterwerb, dem Lebensunterhalt. Sie gibt aber auch immer die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung durch die Qualität der künstlerischen Form, durch die Güte und Beständigkeit des Produkts.

Wieviel mehr ist das aber der Fall beim dem, wovon der Herr im Gleichnis redet?

Domenico Fetti — Gleichnis von der köstlichen Perle, von hier

Unser Leben gelingt dadurch, dass wir die richtige Entscheidung treffen. Unsere geistliche Existenz oder nennen wir sie die Existenz im Glauben, erwächst aus dem, wonach wir streben. Christus nennt das hier „das Himmelreich“.

Damit ist der Tatsache Ausdruck verliehen, dass wir in dieser Welt nicht ganz zuhause sind. Wir tragen eine Ahnung in uns, die uns als Geschöpfe charakterisiert.

Das Geschöpf sucht im Leben den Schöpfer. Es versucht mit ihm in Kontakt zu kommen. Es forscht, es fragt, es ruft, es betet.

Es ist wunderbar, dass das Gleichnis Jesu genau in diesem Zusammenhang zum Plädoyer für die Individualität des Menschen wird.

Es gibt nicht das eine, immer gleiche Ergebnis dieses Forschens, Fragens, Rufens und Betens. Nein, der eine findet einen Schatz im Acker, der andere eine Perle. Der barmherzige Samariter wiederum findet einen Menschen, der ihm zur Antwort wird und der verlorene Sohn findet zurück zum Vater.

Die Antworten, die uns im Leben zuteil werden, sind vielfältig und darin liegen die wahre Vielfalt und die Würze des Lebens und auch unseres Glaubens.

Und, wenn es sich nicht verbieten würde, in einer Predigt zu politisch zu werden, dann müsste man nun auch noch sagen, dieses Gleichnis vom Schatz im Acker ist antisozialistisch.

Denn es macht deutlich, dass unser Leben darauf angelegt ist, den Glauben durch eigene überlegte und vernünftige Entscheidung zu finden, ihn als kostbar zu erkennen und sich in seinen Besitz zu bringen. Nirgendwo steht, dass er reichlich vorhanden ist und nur gerecht verteilt werden muss. 

In Jesu Gleichnis begegnet uns der selbstbewusste Mensch, der bereit ist, etwas zu riskieren, wenn er das Richtige und das Wahre erkannt hat.

Ein schönes Bild für den glaubensstarken Protestanten, der unmittelbar vor seinem Gott steht und nur vor ihm sich beugt.

Von diesem wollte ich heute Zeugnis geben in unserer Reformationskirche, hier in Rothensee.

Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn.

Amen.

Thomas Roloff

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