Freitag, 28. März 2025

Trauergottesdienst für Renate Treptow in Schönhausen/Elbe

Herr Roloff hat heute am 28. März diese Beerdigung auf die ihm bekannte Bitte der Verstorbenen hin in seinem ehemaligen Wohnort gehalten.

Es gab an diesem Platz zwar schon Trauerpredigten für Schrifstellerinnen und preußische Prinzessinnen, aber eine Predigt dieser Art, obwohl es davon zahlreiche gegeben hat, habe ich üblicherweise nicht gebracht. Warum die Ausnahme?

Mir hat ihre Art, der Tonfall, bei diesem, wenn man so sagen will "gewöhnlichen“ Anlaß, bis hin zum frommen Sinnspruch, sehr zugesagt.

Darum mußte ich auch etwas von den Schlußgebeten mitteilen, und vor allem stehen die beigefügten Bilder, bis auf das letzte, für persönliche Erinnerungen an den Geburtsort des Fürsten Bismarck.

Ansprache

Es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und Jesus rief laut: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Und als er das gesagt hatte, verschied er. Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen die Frauen zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.

Amen

Lukas 23/24

Der Friede des Auferstandenen sei mit euch!

Liebe Familie von Renate Treptow, liebe Trauergemeinde,

über diesem Gottesdienst steht ein Wort aus dem Buch des Propheten Jeremia: „Herr, du bist meine Stärke und Kraft und meine Zuflucht in der Not!“ Es ist die Tageslosung des 18. März 2025 gewesen und damit des Tages, an dem Renate Treptow nach einem langen Leben von 90. Jahren und zehn Monaten gestorben ist.

Sie hatte sich aus ihrem Haus noch selbst auf den Weg zur Dialyse bringen lassen. Diese lebenserhaltende Plage gehörte bereits seit einigen Jahren zu ihrem Alltag. Auf der Fahrt dahin hat sie sich dann aber auf einen ganz anderen Weg gemacht.

Nachdem sie die Einschränkungen und schweren Gebrechen des Alters sehr tapfer und mit der ihr eigenen Gelassenheit trug, hat sie nun Zuflucht genommen bei dem, der neue Stärke und Kraft schenken kann.


Bis zuletzt hat sie mit fast allem, was sie tat, ein Beispiel davon gegeben, was als Sinnspruch in ihrem Haus in der Heidestraße hängt:

Was ist die größte Kunst auf Erden?
Mit frohem Herzen alt zu werden -
zu ruhen, wo man schaffen möchte,
zu schweigen, wo man ist im Rechte.


Es heißt dann weiter:

Die Kunst lernt keiner völlig aus,
drum gibt's auch manchen harten Strauß
in alten Tagen durchzukämpfen,
bis wir des Herzens Unruh dämpfen.

Und willig uns ergeben drein,
in stiller Demut nichts zu sein.
Dann hat uns Gott nach Gnadenart,
die beste Arbeit aufgespart.

Kannst du nicht regen mehr die Hände,
kannst du sie falten ohne Ende;
herabziehn lauter Himmelssegen,
auf all die harten Lebenswege.

Und ist die Arbeit dann getan
und naht die letzte Stund heran,
von oben eine Stimme spricht:
"Komm, du bist mein, ich lass dich nicht!“


Sie wird die Zeilen oft gelesen haben, wurde stets, wenn sie nach Hause kam, an sie erinnert. Sie wusste, worum es sich handelt. Unsere Zeit auf dieser Welt ist endlich. Rechtzeitig hat sie alle notwendigen Vorkehrungen getroffen.

Darum sind wir heute hier auf diese Weise versammelt.
Auf ihren Wunsch hin, und Renate Treptow wusste ihren Wünsche Nachdruck zu verleihen, bin auch ich heute noch einmal bei euch und wir blicken gemeinsam auf ihr langes Leben.

Renate war das erste Kind der Eheleute Adolf und Erna Rakowski und kam am 18. Mai des Jahres 1934 in Gelsenkirchen-Buer zur Welt. Es war das Jahr, in dessen weiteren Verlauf Reichspräsident Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg starb.

Nur wenige Jahre später kam die Familie, dann bereits mit zwei Kindern, nach Schönhausen an die Elbe. Für den Vater, der Dachdecker gewesen ist, war es hier wohl einfacher den Seinen das Auskommen zu sichern.

Von 1940 bis 1948 besuchte Renate die hiesige Volksschule und begann, unmittelbar nach deren Abschluss als Näherin zu arbeiten. Das eröffnete die Möglichkeit zu einer Lehre als Industrieschneiderin, die sie 1952 erfolgreich abschloss.

Neunzehn Jahre alt war Renate Rakowski als sie im Mai 1953 Hans Treptow heiratete. Zwei Söhne wurde ihr geboren. Noch im Jahr der Hochzeit Hans-Hartmut und 1959 Wolfram.

Es war der Familie wichtig, den Kindern einmal im Jahr eine Urlaubsreise zu ermöglichen.

Immer im Wechsel fuhr man gemeinsam an die Ostsee nach Dierhagen oder nach Friedrichsbrunn in den Harz.

1971 begann Renate bei der Post zu arbeiten, die in Schönhausen ein eindrucksvolles Gebäude besaß, dessen rote Klinkerbauweise für ganz Deutschland so charakteristisch gewesen ist. Aus ihrem Erzählen konnte man schließen, dass ihr diese Zeit viel Freude bereitet hat. Renate blieb der Post bis zum Ende der DDR-Zeit treu und ging 1989 in Rente.

2007 gab es mit dem Tod ihres Mannes eine tiefe Zäsur. Renate schrieb mir mit ganz einfachen Worten: „Mein Mann verstarb nach 54 guten Ehejahren.“ Mehr war in ihren Augen nicht zu sagen. Es weht uns hier noch einmal der Geist einer ganz anderen Generation an. Wir begegnen Menschen, die noch wussten, welche Bedeutung es hat, sich vor dem Altar ein Versprechen zu geben und welche Verantwortung darin liegt, gemeinsame Kinder zu haben. Renate hätte sich dem niemals entzogen, denn das gegebene Versprechen galt in guten und in schlechten Tagen. Nur der Tod konnte sie scheiden.

In ihrem Ruhestand entdeckte Renate Treptow nun eine neue Passion, die sehr viel über sie aussagt. Sie organisierte in regelmäßigen Abständen Klassentreffen und Jubelkonfirmationen.

Sie hatte das dazu notwendige unwiderstehliche Wesen, dessen Freundlichkeit man sich zuweilen aber auch erst erschließen musste. Ihr abzusagen traute sich in der Regel niemand. So ermöglichte sie Wiederbegegnung, Gespräch und Gemeinschaft. Es waren jedes einzelne Mal sehr schöne Feste, von denen im Ort noch lange gesprochen wurde.

Das war ihr Dienst an diesem Dorf, für den ihr Dankbarkeit gebührt. Es war gleichzeitig ein Beispiel, das sie uns gegeben hat. Es macht Sinn, Gemeinschaft zu pflegen, Erinnerungen auszutauschen, gemeinsam zu singen, zu lachen und auch zu beten. In den Jubelkonfirmationen stellen sich Menschen ganz bewusst neu unter den Segen Gottes. Wir waren uns auch immer einig, nicht danach zu fragen, ob sich im Laufe der Jahrzehnte das eine oder andere Band zur Kirche gelöst hatte. Wer Gott um seinen Segen bittet, der wird gesegnet und soll ein Segen sein.

Durch diesen beharrlichen Dienst ist Renate Treptow eurem Dorf auch zum Segen geworden. Auch das danken wir ihr heute. Diesen Dank möchte ich aber mit einer Bitte verbinden, von der ich sicher glaube, dass sie in Renates Sinn ist. Kommt nicht nur an die Särge, um von dem Schöpfer zu hören, der uns ins Leben gerufen hat und der uns auch im Tod nicht verlässt. Zu ihm hat Renate Zuflucht genommen. Auch darin gibt sie euch allen ein Beispiel. Kommt nicht nur an die Särge, sondern sucht verstärkt auch im Leben die Gemeinschaft des Glaubens.

Gott wartet auf uns und will Segen ausgießen auf unser Tun und auf unser Leben. Ein Gemeinwesen zerfällt ohne seinen verbindenden Glauben, der auf uns von unseren Vätern überkommen ist und weitergetragen wurde. Noch steht da die romanische Kirche und bildet beziehungsreich die Mitte eures Dorfes und eurer Gemeinschaft. Sie steht da für euch. Ihre Glocken rufen.

Euch, den Angehörigen von Renate Treptow, sage ich, tragt ihr Vermächtnis weiter. Erinnert euch gern an sie. In einer ganz besonderen Weise betrifft das Dich, Sebastian. Deine Oma hat Dir großes Vertrauen geschenkt, sie hat Dir schon im Leben alles anvertraut. Achte darum auch alles, was sie geglaubt hat, denn darin kannst Du und könnt ihr alle, die Gemeinschaft mit ihr bewahren.

Darum geht es heute. Lasst die Gemeinschaft untereinander zu einem lebendigen Ausdruck davon werden, dass Ihr in Gemeinschaft mit Renate Treptow bleibt, die bei Gott Zuflucht genommen hat in ihrer Not und die in seiner Herrlichkeit zu neuer Stärke und Kraft finden wird, denn so spricht der Prophet Jeremia:

„Herr, du bist meine Stärke und Kraft und meine Zuflucht in der Not!“

Amen

Der Friede des Auferstandenen bleibe alle Zeit bei euch. Amen.

Zum Paradies mögen Engel dich geleiten, die heiligen Märtyrer dich begrüßen und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.
Die Chöre der Engel mögen dich empfangen, und durch Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich erfreuen.


Mit der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria, mit allen Engeln und Heiligen und vereint mit der ganzen Kirche beten wir, wie Christus uns zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.


Gehet hin im Frieden des Herrn.

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Amen.


Thomas Roloff 

Freitag, 3. Januar 2025

Auf einem Hügel - ein magischer Ort

 

Der erste wirkliche Schnee des Winters und ein Ort, wie aus dem Herrn der Ringe entsprungen. Nur daß die damals noch nicht die Gotik kannten, wie zu mutmaßen ist. Ein achteckiger zweigeschossiger Bau in gotischen Formen, bekrönt von einer Laterne mit einem Kreuz. Ein magischer Platz also, von dem wenigstens die Bilder hoffentlich eine Ahnung zu vermitteln vermögen.


Ein Gutsbesitzer aus dem Schwerinschen (unser Großherzogtum war durchaus übersichtlich, es sind wenig mehr als 10 km nördlich der Residenzstadt), weitläufig verwandt mit dem Turnvater Jahn, hatte im Gedenken an seine früh verstorbene Gattin diese Kapelle auf einem Hügel errichten lassen. Genauer gesagt, mußte er dafür den Großherzog Friedrich Franz II. zuvor um Erlaubnis bitten.

Aus dem Antrag des Eduard Rudolph Jahn vom 28. Januar 1851 an Höchstdenselben:

„Allergnädigster Großherzog und Herr!

Durch die Gnade des hochseeligen Großherzogs Herrn Friederich Franz wurde es meinem verstorbenen Vater gestattet, auf einer waldigen Anhöhe der hiesigen Feldmark, dem sogenannten Klingenberge, ein Familienbegräbniß errichten zu dürfen; es wurde die Stelle von Predigers Hand geweiht… und ruht mein verstorbener Vater daselbst einige und zwanzig Jahre.

Es verletzt mich tief, wenn ich die Stätte des Friedens, der ich vor einem halben Jahre auch mein Teuerstes, meine geliebte Gattin anvertrauen mußte bei vorkommenden Fällen stets wieder zerstoren sehn und wage ich Ew. königl. Hoheit wieder meine unterthänigste Bitte dahin auszusprechen: Euer königl. Hoheit wollen huldreichst zu genehmigen geruhen, daß ich auf dem sogenannten Klingenberge eine Grab-Kapelle, als Familienbegräbniß errichten darf.

Durch die harte Hand des Schicksals tief gebeugt, glaube ich hierin einigen, wenn auch nur schwachen Trost zu finden...“

Der Bitte wurde entsprochen, die Kapelle wurde errichtet. Aber sie wurde nie geweiht, die Angehörigen blieben vor ihr bestattet. Möglicherweise deshalb, weil der Gutsbesitzer Jahn nicht mehr sehr lange an diesem Ort verblieb. So wurde es früh zu einem gewissermaßen verwaisten Ort.


Einige Umstürze später gab es die sehr reale Gefahr, daß auch dieser Ort verschwinden könnte und allenfalls als ruinenaftes Zeichen bestehen bleiben.

Wenn etwas Schönes vor dem Verfall geretttet wird, hat das schon allein deshalb eine besondere Magie. Und dieses Wunder geschah. Aus privater Initiative, mit erkämpften Fördermitteln, aber vor allem der unglaublichen Unterstützung der umliegenden Anwohner.


Einer der wesentlich Beteiligten, Prof. Behrens von der Fachhochschule Neubrandenburg, führte mich und Freunde zu dem Ort und rollte seine Erkenntnisse und Mutmaßungen aus. Etwa, daß unser Neustrelitzer Baumeister Buttel wohl der Urheber gewesen sein müsse. (Es sind keine Unterlagen überliefert.) Ja, wer denn sonst? Selbst seine „Baufehler“ zeugen von seiner Gesinnung, mit der er Schönheit über Nützlichkeit stellte, was den Nachfahren die Sache etwas schwerer machte.

Daß der Professor und seine Gattin das Kreuz gesponsert haben, wie ich beiläufig hörte, wird ihnen zweifelsohne im Himmelreich wohl angerechnet werden.


Ach, und endlich habe ich die Gelegenheit, denen, die auf diesen letztlich etwas vernachlässigten Ort dennoch stoßen, ein 

Gesegnetes und mit Freude und Hoffnung erfülltes Neues Jahr 

zu wünschen.

 

 nachgetragen am 16. Januar 2025