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Samstag, 30. Januar 2021

Burg Stargard oder Über das Verheerende guter Absichten

Burg Stargard, hier gefunden

Zufällig geriet ich an einen Artikel, in dem es um Pläne zum Wiederaufbau des sog. „Krummen Hauses“ auf der Burg Stargard ging. Der Zeitungsartikel ist fast 2 Jahre alt. Aktuelleres fand ich nicht. Das läßt hoffen.

Die Zeitläufte sind mit der Burg Stargard, so bemerkenswert sie ist, nicht eben pfleglich umgegangen. Sie ist der Ursprungsort dieser Region, die nach ihr erst Land Stargard (der Arm der Beatrix im Wappen von Mecklenburg verweist darauf) und dann, dem verlagerten Hauptsitz (Alt-)Strelitz folgend, alternativ Strelitz hieß. Die verbreiteten Epitheta stimmen alle - ‚nördlichste Höhenburg Deutschlands‘, ‚ältestes erhaltenes weltliches Bauwerk Mecklenburgs‘. Sie muß einmal recht beeindruckend ausgesehen haben, vergleicht man nur diese ideelle Rekonstruktion des 1. Tores mit dem jetzigen Zustand, der schon auf das 16. Jahrhundert zurückgeht. 


Es wurde auch danach kaum besser. Die alte markgräfliche Residenz, zwischen eben diesem Tor und dem Bergfried gelegen, die man sich ebenfalls ansehnlich vorzustellen hat, nur, daß von ihr, außer ein paar zugemauerten Türöffnungen etwa, nichts erhalten ist, wurde irgendwann niedergelegt. Das erwähnte „Krumme Haus“ gegenüber 1919 von ruchloser Hand angezündet und von den Einwohnern seinem Schicksal überlassen (die Weltrevolution macht halt auch vor entlegeneren Gegenden nicht Halt). 



Kein guter Stern waltete über dieser alten Burg. Großherzog Georg, wer sonst, hat sich des Bergfrieds angenommen (ab 1821, durch unseren Buttel), der ausgebrannt und verfallen war, so daß die Bewohner Sorge trugen, er würde ihnen auf den Kopf fallen. Ach, wenn doch Haupt-Orte immer große Geister zur Hilfe herbeirufen könnten. Aber sie sind eben sehr rar.

Und ja, auch in der neuesten Zeit wurde renoviert u.dgl., nur eben halt nichts von größerem Wurf. Wie auch. Man könnte jetzt Historien darüber schreiben, wie mit ruhmreichen Zeugen des Vergangenen früher umgegangen wurde: Man wuchtete ein Denkmal hinein wie beim Kyffhäuser, oder ließ seine Ideen steinerne Gestalt gewinnen, wie es hätte gewesen sein können - Burg Hohenzollern.  Aber sie wollten etwas mit den geistigen Mitteln ihrer Zeit immerhin wieder zum Leben erwecken.

Das liegt zurück. Die jetzige Mode ist, man pfropft seine armselig gestaltarme Gegenwart auf die Spuren des Vergangenen, sargt es ein und veranstaltet so bestenfalls eine Art von Begräbnisarchitektur. Ich komme kurz zu den im obigen Artikel erwähnten Neubauplänen.

Es ist vielleicht  verständlich, daß ich nicht um die Erlaubnis nachgesucht habe, die öffentlich zugänglichen Entwurfsbilder hier anbringen zu können, man findet sie aber. Der gröbere Entwurf hat etwas Zombiehaftes nach der Art des Sarkophags von Tschernobyl, der andere, etwas filigraner durchgearbeitete, tut dasselbe, nur auf scheinbar nettere Art. 

[Dankenswerterweise erhielt ich inzwischen den Hinweis, daß der Stadtbild Deutschland e. V. Obiges vor einiger Zeit aufgegriffen hatte, so findet man dann sofort ebenfalls das Bild & eine freundliche Diskussion darüber.]

Die Sprache ist allein schon bezeichnend genug. Eine der üblichen Versatzphrasen lautet "in der Kubatur von…". Das ist einer der Hohnbegriffe moderner Architektur, mit denen ein historisches Gebäude zum zweiten Mal hingerichtet werden soll.

Dabei kommt dann zum Beispiel so etwas heraus


Heilig-Geist-Kirche in Potsdam versus

Wohnturm der Residenz Heilig Geist Park

oder, noch schlimmer: Derartiges, eher die Kubatur eines Albtraums von der 1968 gesprengten Universitätskirche St. Pauli in Leipzig.


hier und hier gefunden, und dagegen 

Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli

Die Abwandlung lautet in unserem Fall. Man wolle „mit der äußeren Form des Baukörpers die historische Anmutung“ wiederherstellen. Der verantwortliche Bürgermeister „schätzt die moderne Anmutung“ und daß sich „das neue Gebäude klar von den alten Mauerresten der Ruine“ abheben würde.  Da wurden wir doch mal ehrlich. Wenn man sich in der Moderne "sauwohl" fühlt und auch sonst kaum eigene Gedanken macht, muß das so sein.


Das „Krumme Haus“ ist ein schwieriges Objekt. Es wurde daran ständig herumgebaut, zugemauert, aufgerissen. Jemand müßte schon sehr mutig sein, hier gewisse Gestaltlinien wieder ergänzend sichtbar zu machen. Aber es ließe sich so ein wunderbares Bauwerk vorstellen.

Aber warum sollte man sich dem Nukleus einer Region solcherart ideenreich dienend verpflichtet fühlen, das würde zumal mehr sein, als den meisten Vorderen bewußt gewesen sein dürfte, vom Großherzog Georg selbstredend wieder abgesehen, zumal zu welchem Zweck? 

Was sie wollen, sie könnten es nicht wirklich erklären, warum, der Geist der Zeit spricht es ihnen ein. Darum zitieren wir passend Mephistopheles: „Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.“

"Arm der Beatrix", hier im Wappen von Fürstenberg

nachgetragen am 6. Februar

Sonntag, 17. Mai 2009

Burg Stargard



Vor einem ¾ Jahr hatte ich etwas über einen mißglückten Besuch der nahe gelegenen Burg Stargard geschrieben. Heute dachte ich, das ist selbst für jemanden, der exzessiv Dinge vor sich her schiebt, etwas lang. Das obige und das untere Bild sind übrigens Aufnahmen der Vorburg.



Für gestern und heute nun waren Wettkämpfe im Bogenschießen ebendort angekündigt und ich habe mich am heutigen Sonntag tatsächlich aufgerafft. Die Wettkämpfe waren natürlich längst vorbei, als ich dort endlich eintraf, aber immerhin war eine Siegerehrung zu verfolgen.



Über dem Zeltlager, an dem ich vorher vorbeikam, war eine St. Georgs-Fahne zu bewundern, man hätte fast annehmen können, ein paar Engländer wären auf dem Weg zu einem der Kreuzzüge hier gestrandet.



Und hier noch einige andere mittelalterliche Reminiszenzen.



Das Kuriose an Ruinen, und wenn man das Verschwundene hinzuzählt, ist unsere Burg im Grunde eine solche, ist, daß sie immer eine Herausforderung an die Imaginationskraft darstellen. Manchmal gibt es gnädige Schautafeln als Krücke dazu.



Das Original des ursprünglichen Tors der Hauptburg samt Kapelle sieht heute übrigens so aus.



Man könnte fast philosophisch, sentimental oder nachdenklich werden bei solchen Bildern, nein, nicht romantisch, das kann ich irgendwie nicht mehr.



Und wenn bei allem Vergangenen ein proper restauriertes Gebäude (wie hier die Pförtnerei) übrig bleibt, das mustergültig die angemessene Gestalt eines alterswürdigen Hauses verkörpert, das ist doch auch ein deutlich spürbarer Wert.



Das „Krumme Haus“, das von den beiden Hauptgebäuden, von dem wenigstens noch die Grundmauern stehen, ist offenkundig so oft überbaut worden, daß man in seinen Mauern wie in einem Buch zu lesen vermag.



Immerhin gibt es den Bergfried (gut, einen der beiden, aber der andere, von dem wir erst seit kurzem wissen, war kleiner), von Buttel neu wiederhergestellt, und so bleibt uns das Bild einer vollständigen Burg.



Die wenigen anderen Gedanken, von dem merkwürdigen Fehlen von Geschichten etwa, habe ich schon einmal am eingangs eben dort angegebenen Ort angedeutet, und sich zu wiederholen, ist eine vermeidbare Neigung.

Sonntag, 10. August 2008

Terra Stargardiensis

So wie dieses Land nach der Burg „Mikilinborg“ Mecklenburg heißt, hieß dieser Landesteil einmal das Land oder die Herrschaft Stargard „terra Stargardiensis“ nach der Burg Stargard. Im Landeswappen verweist der Arm der Beatrix darauf.

Bildquelle: gefunden hier

Beatrix brachte als Tochter Markgraf Albrecht III. von Brandenburg 1292 die Herrschaft Stargard als Mitgift zu Mecklenburg. Von der Mecklenburg ist leider kaum mehr als ein wenn auch imposanter Ringwall erhalten, von der Burg Stargard glücklicherweise etwas mehr.


Bildquelle: Maria Krüger, 9. Mai 2007, Amtsreiterhaus (links), Burgkapelle und Neues Tor (Mitte)
sowie Münzprägerei (rechts) der Burg Stargard.
gefunden hier

Eigentlich wollte ich heute diese Burg aufsuchen, aber da der Sonntag komplett ins Wasser fiel, blieb mir nur übrig, mich etwas abstrakter mit dem Thema zu beschäftigen.

Auf dieser Burg hat kein Sängerkrieg stattgefunden und auch kein Reformator hat ihn berühmt gemacht, 1631 während des Dreißigjährigen Krieges hat ein eher übler Feldherr die Burg einmal vorübergehend zu seinem Hauptquartier gemacht.

Sie ist also nicht „Minas Tirith“ und selbst die Namen bergen nicht viel an poetischer Kraft. „Mecklenburg“ bedeutet eigentlich nur „Große Burg“, „Stargard“ „Alte Burg“, also keine „Feste der Wachsamkeit“. Aber wenn eine Burg als Ursprung eines Landes diente, verleiht ihr das dennoch einen Anflug mythischer Qualität.