Moritz v. Schwind: Kaiser Maximilian I. in der Martinswand
etwa 1860, hier gefunden
Kaiser Maximilian liebte unter allen Jägereien die Gemsjagd am meisten und überstand dabei so viele Todesgefahren, daß daraus ein sonst unerhörtes Beispiel zu nehmen ist, wie das himmlische Engelgeleit einen frommen Fürsten zu schützen vermöge. In seiner Jugend kletterte Max einsmals den Gemsen auf der Martinswand also nach, daß er weder fürder noch zurücksteigen konnte. Wo er sich nur hinwendete, hatte der kühne Herr den Tod vor Augen.
Sah er über sich, so drohten ihm die überhängenden Felsen, sah er unter sich, so erschreckte ihn eine grausame Tiefe von mehr als hundert Klaftern, sah er um sich, so war er mit Felsen umgeben, die viel zu hart waren, um sich seiner erbarmen zu können. Mit einem Seil ihm zu Hilfe zu kommen, verbot die Höhe des Ortes, einen Weg hinauf hätten alle Steinbrecher nicht in einem Monate zu Stande gebracht. Der Herr sah zwar seine Hofdiener in der Tiefe stehen und gehen, allein sie konnten ihm nicht helfen. Zwei ganze Tage und Nächte hoffte er vergebens auf Rettung.
Endlich erkannte er, daß hier oben keine Hilfe vor dem Tode sei, und sehnte sich nach der hl. Wegzehrung. Demnach rief er, so stark er konnte, man solle einen Priester mit dem heiligen Sakramente kommen lassen, damit er es wenigstens sehen könne. Indessen hatte sich die betrübte Zeitung von diesem Unfall weit verbreitet und überall wurde um die Rettung des allgeliebten Herrn gefleht.
Das Gebet blieb nicht ohne Frucht, denn am dritten Tage hörte der fromme Herr ein Geräusch in seiner Nähe, und als er nach selbiger Seite sich wendete, sah er einen Jüngling in Bauernkleidern daherkriechen und einen Weg im Felsen machen. Dieser bot ihm die Hand und sagte: "Seid getrost, gnädiger Herr! - Gott lebt noch, der euch retten kann und will. Folgt mir nur und fürchtet euch nicht!" Also trat Maximilian seinem Führer nach und kam in kurzem auf einen Steig, der ihn wieder zu den Seinen brachte.
Mit welchen Freuden er von ihnen empfangen worden ist, läßt sich leicht erachten.
Im Gedränge der Leute verlor sich alsogleich der Führer, den man nirgends mehr finden konnte und deshalb für einen Engel und Hilfsboten Gottes halten mußte. Den hohen Herrn labte man erstlich mit Speise und Trank, dann hob man ihn, noch ganz matt und blaß, auf ein Pferd und brachte ihn also wieder nach Innsbruck. Daselbst wurde er gar fröhlich bewillkommt und ein großes Dankesfest wurde angestellt. Kaiser Max ließ aber später den besagten Ort an der Martinswand in die Vierung aushauen und zum Gedächtnis der göttlichen Hilfe ein vierzig Schuh hohes Cruzifix darin aufstellen, welches annoch steht.
Aus: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 977, Seite 558
Bernhard Strigel, Kaiser Maximilian I.
um 1500, hier gefunden
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Diese Geschichte zeigt uns zweierlei von Kaiser Maximilian: Daß er von männlich wagemutiger und ebenso frommer Natur war. Dazu darf man ihn unter die namhaften Herrscher unseres Heiligen Römischen Reiches zählen. Er starb am 12. Januar 1519, also vor 500 Jahren.
Wenn davon in diesen schlimmen Zeiten kaum etwas zu vernehmen ist (und in den seltenen entgegengesetzten Fällen wäre auch das meist besser unterblieben), soll uns das Anlaß sein, stärker auf die Heilung des Gedächtnisses unseres Vaterlandes zu hoffen.
Sub conditione Jacobaea wollen wir in den nächsten Tagen noch weiteres von ihm erzählen.
nachgetragen am 14. Januar
2 Kommentare:
That's a very interesting story. As you say, it reveals something to us of the character of the emperor, as well as pointing to what is largely missing in contemporary leadership. The unfortunate reality is that society nowadays doesn't regard such piety and faith as particularly important or even admirable.I see Queen Elizabeth II as an excellent example of one who witnesses to her faith and tries thereby to encourage similar faith in action among her people.
@naturgesetz Indeed. And at 1st I have to apologise because I thought I answered this already. I share your respect for Queen Elizabeth II and the reason you mentioned for it, well there are certainly more, but it‘s an important one.
The people of this age appear hollow to me, mostly. Not only do they lack faith, they have no idea what they might be missing. And on virtues they react at best with inner cynicism. I still think Evelyn Waugh describes it best in his novel "Brideshead Revisited":
"You know Father Mowbray hit on the truth about Rex at once… He simply wasn't all there. He wasn't a complete human being at all. He was a tiny bit of one, unnaturally developed; something in a bottle, an organ kept alive in a laboratory. I thought he was a sort of primitive savage, but he was something absolutely modern and up-to-date that only this ghastly age could produce. A tiny bit of a man pretending he was the whole."
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