Montag, 6. Januar 2020

Nachgetragenes zu Epiphanias


Epiphanias ist ein merkwürdiges Fest, das das Legendenhafte förmlich angezogen hat. Man muß solche Überlieferung nicht archäologisch sezieren, weil wir dann dadurch der Wahrheit etwa näher kämen, sondern Überlieferungen können über die Zeiten auch wachsen in ihrer Wahrheit.

Der Anfang liegt möglicherweise bereits im Alexandria des 2. Jahrhunderts. Dort hatten die frühen Christen offenkundig zuerst das Bedürfnis, das Erscheinen des Göttlichen gesondert von Ostern, dem ältesten Fest, zu feiern, vielleicht, weil man sich gegen gleichzeitige heidnische Feste behaupten wollte oder eines, das gnostische Sektierer am 6. oder 10. Januar als Fest der Jordantaufe Jesu in typischer Verzerrung begingen. Aber das ist Spekulation.

Das Bedürfnis nach einem Fest, das früheste christliche Erfahrung bekräftigt  – der Einbruch des Göttlichen in die menschliche Welt – ist durch uralte Zeugnisse schlicht erkennbar, ohne daß wir den Ursprung wirklich entschlüsseln könnten. So ragt es etwas erratisch in den christlichen Festkreis hinein und mußte dann biblisch – theologisch gewissermaßen erst „eingefangen“ werden“. Bei uns hat es sich mit der Geschichte von den Magiern und den Hirten verbunden, im Osten unter anderen mit der Epiphanie bei der Taufe Jesu durch Johannes.

Oder um noch einmal Benedikt XVI. zu zitieren (aus seiner Ansprache zum 6. Januar 2009):

„Die Epiphanie, die »Erscheinung« unseres Herrn Jesus Christus, ist ein vielgestaltiges Geheimnis. Die lateinische Tradition identifiziert es mit dem Besuch der Sterndeuter beim Jesuskind in Betlehem, und sie interpretiert es demzufolge vor allem als Offenbarung des Messias Israels vor den Heidenvölkern.

Die orientalische Tradition hingegen gibt dem Augenblick der Taufe Jesu am Fluß Jordan den Vorrang, als er sich als der eingeborene Sohn des himmlischen Vaters offenbarte, der vom Heiligen Geist gesalbt ist. Das Evangelium des Johannes jedoch lädt dazu ein, auch die Hochzeit von Kana als ‚Epiphanie‘ zu betrachten, bei der Jesus durch die Verwandlung des Wassers in Wein ‚seine Herrlichkeit [offenbarte] und seine Jünger an ihn [glaubten]‘ (Joh 2,11).“


Krippe in der Kath. Kirche Neustrelitz - Maria, Hilfe der Christen

In Epiphanias nimmt das Göttliche Anteil am Menschlichen, das Menschliche gewinnt Anteil am Göttlichen. Und zwar als ganze Menschheit. So willkürlich ist es also nicht, das Fest mit dem Auftreten der babylonischen Sterndeuter, der Magier zu verbinden. Seit der sog. „Babylonischen Gefangenschaft“ waren den Gebildeten unter den Babyloniern durchaus die prophetischen Überlieferungen der Juden bekannt.

Was vermutlich ebenfalls verband, war eine gewisse Wehmut in Bezug auf vergangene Größe, nur, wo die Juden die Zeichen der Hoffnung in Prophezeiungen suchten, waren die Babylonier es gewohnt, das künftige Geschehen aus den göttlichen Sternen zu lesen. Dazu war zur Zeit der Geburt Jesu im ganzen antiken Weltkreis die Luft geradezu erfüllt von Erwartungen.



In der Überlieferung des Matthäus kommt all dies dann zusammen. Bei Lukas sind es die bekannten Hirten. Beides sind schwierigere Zeugen, als es unsere Gewohnheit idyllischer Lesart nahelegt. Hirten waren für die Zeitgenossen unterste Unterschicht von eher schlechtem Ruf. Und babylonische „Zauberer“ als Zeugen der Weihnachtsgeschichte?

Noch einmal der Hl. Vater (im 3. Band seines Werkes „Jesus von Nazareth“ über die Geburtsgeschichten):

„Die Ambivalenz des Begriffs Magier, auf die wir hier stoßen, zeigt die Ambivalenz des Religiösen als solchen auf. Es kann Weg zu wahrer Erkenntnis, Weg zu Jesus Christus hin werden. Wo es sich aber angesichts seiner Gegenwart nicht für ihn öffnet, sich gegen den einen Gott und den einen Erlöser stellt, wird es dämonisch und zerstörerisch.“

Die Magier „stehen für die innere Dynamik der Selbstüberschreitung der Religionen, die eine Suche nach Wahrheit, Suche nach dem wahren Gott und so zugleich Philosophie im ursprünglichen Sinn des Wortes ist. So heilt die Weisheit auch die Botschaft der 'Wissenschaft'“. Im Verstehen-Wollen des Ganzen erfährt die Vernunft ihre höchsten Möglichkeiten.“

Und Benedikt XVI. in seiner Ansprache zum 6. Januar 2012):

„Die Weisen sind dem Stern gefolgt. Durch die Sprache der Schöpfung haben sie den Gott der Geschichte gefunden. Freilich – die Sprache der Schöpfung allein genügt nicht. Erst das Wort Gottes, das in der Heiligen Schrift uns begegnet, vermochte ihnen endgültig den Weg zu zeigen. Schöpfung und Schrift, Vernunft und Glaube gehören zusammen, um uns bis zum lebendigen Gott hinzuführen.“

Die Weisen aus dem Morgenland seien „allmählich selbst zu Sternbildern Gottes geworden, die uns den Weg zeigen. In all diesen Menschen hat gleichsam die Berührung mit Gottes Wort eine Explosion des Lichtes ausgelöst, durch die der Glanz Gottes in diese unsere Welt hineinleuchtet und uns den Weg zeigt. Die Heiligen sind Sterne Gottes, von denen wir uns führen lassen zu dem hin, nach dem unser Wesen fragt.“


Das Licht vom Gold der Gaben, in das schon das Evangelium dieses Ereignis taucht, ist also keine spätere mythische Verklärung, sondern all das suchende, angefochtene und zwiespältige Menschentum wird hier hineingehoben in den Glanz der Transzendenz, so daß zu Recht ein goldenes Licht auf allem liegt.

Kein Wunder, daß die dem König Huldigten, in den Augen der Späteren selbst zu Königen wurden. So wie jeder Anbetende des Kindes in der Krippe Teil haben darf am Königtum Christi.

Den Niedersten und den Nicht-Juden, aus denen die Überlieferung dann Könige macht, erscheint das Göttliche. Oder anders - der ganzen Menschheit also, von den Niedersten zu den am höchsten Gestellten in gleicher Gerechtigkeit.

Es ist zugleich eine Wiederherstellung. In dieser Anbetung der Magier von El Greco nimmt Maria mit dem Jesuskind deren Huldigung unter einer verfallenen Vierungskuppel entgegen. Mit dem Erscheinen des Göttlichen kehrt die in Ruinen gefallene Schöpfung in ihre schöne Ordnung zurück.

El Greco, Anbetung der Magier

nachgetragen am 19. Januar

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