Johann Sebastian Bach - "Wohl dem, der sich auf seinen Gott", Kantate für den 23. Sonntag nach Trinitatis von 1724, BWV 139
1. Coro
Wohl dem, der sich auf seinen Gott
Recht kindlich kann verlassen!
Den mag gleich Sünde, Welt und Tod
Und alle Teufel hassen,
So bleibt er dennoch wohlvergnügt,
Wenn er nur Gott zum Freunde kriegt.
2. Aria (Tenor)
Gott ist mein Freund; was hilft das Toben,
So wider mich ein Feind erhoben!
Ich bin getrost bei Neid und Haß.
Ja, redet nur die Wahrheit spärlich,
Seid immer falsch, was tut mir das?
Ihr Spötter seid mir ungefährlich.
3. Recitativo (Alt)
Der Heiland sendet ja die Seinen
Recht mitten in der Wölfe Wut.
Um ihn hat sich der Bösen Rotte
Zum Schaden und zum Spotte
Mit List gestellt;
Doch da sein Mund so weisen Ausspruch tut,
So schützt er mich auch vor der Welt.
4. Aria (Baß)
Das Unglück schlägt auf allen Seiten
Um mich ein zentnerschweres Band.
Doch plötzlich erscheinet die helfende Hand.
Mir scheint des Trostes Licht von weiten;
Da lern ich erst, daß Gott allein
Der Menschen bester Freund muß sein.
5. Recitativo (Sopran)
Ja, trag ich gleich den größten Feind in mir,
Die schwere Last der Sünden,
Mein Heiland läßt mich Ruhe finden.
Ich gebe Gott, was Gottes ist,
Das Innerste der Seelen.
Will er sie nun erwählen,
So weicht der Sünden Schuld, so fällt des Satans List.
6. Choral
Dahero Trotz der Höllen Heer!
Trotz auch des Todes Rachen!
Trotz aller Welt! Mich kann nicht mehr
Ihr Pochen traurig machen!
Gott ist mein Schutz, mein Hilf und Rat;
Wohl dem, der Gott zum Freunde hat!
Eines der kleinen Wunderwerke, die Bach zum heutigen Sonntag des Kirchenjahres schrieb (er tat dies für einen jeden desselbigen). Es ist kein herausragender Sonntag, wir sind kurz vor dem Ende des Kirchenjahres, es folgen noch der Buß- und Bettag sowie der Ewigkeitssonntag, und dann stehen wir auch schon im Advent.
Da ich in allem Wesentlichen ja nie über den Zustand eines Liebhabers hinausgelangt bin, will ich auf diesen Vortrag verweisen, der einen Einblick gibt, wie die unterschiedlichen Charaktere von Stimmen und Stimmungen, unablösbar verbunden mit dem Text, neben und miteinander zu einem Ganzen zusammenwirken.
Dazu kommt wie immer dann noch die Interpretation. Nachfolgend bei Karl Richter singt Peter Schreier die Tenorstimme (4.51) und den Baß-Part übernimmt Dietrich Fischer-Dieskau. Schreier brilliert mit seinem gewohnt klaren, rhetorischen Gestus, während Fischer-Dieskau (12.19), nun ja, sich teilweise mehr lyrisch-stimmungshaft gibt.
Und hier vergleiche man einmal den Baß aus der Aufführung von John Elliot Gardiner von oben (ab 11.10), vielleicht nicht ganz so farbenreich wie Fischer-Dieskau, dafür aber dynamisch-lebendig und ähnlich rhetorisch nahe auf seine Art wie Schreier.
Das ist ja eben das Beeindruckende an großer Musik. Wenn sich Interpreten von Rang daran abmühen, denkt man mitunter, völlig unterschiedliche Stücke vor sich zu haben.
1 Kommentar:
Thanks, Martin. I enjoyed hearing the two performances of the cantata and even though I didn't understand much of what was said, I found the analysis of the music very interesting.
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