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Donnerstag, 13. September 2012

Das Walroß und der Zimmermann / See - Stücke IV


Hobart Hooper reads "The Walrus and the Carpenter"

"I like the Walrus best," said Alice, "because you see he was a little sorry for the poor oysters."

"He ate more than the Carpenter, though," said Tweedledee. "You see he held his handkerchief in front, so that the Carpenter couldn't count how many he took: contrariwise."

"That was mean!" Alice said indignantly. "Then I like the Carpenter best—if he didn't eat so many as the Walrus."

"But he ate as many as he could get," said Tweedledum.

This was a puzzler. After a pause, Alice began, "Well! They were both very unpleasant characters—"

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„Ich mag das Walroß lieber," sagte Alice, „weil es die armen Austern doch ein bißchen bedauert hat"

„Aber es hat trotzdem mehr von ihnen gegessen als der Zimmermann," sagte Dideldei. „Weißt du, es hat sich das Taschentuch vorgehalten, so daß der Zimmermann nicht sehen konnte, wieviel es nahm. Also ganz das Gegenteil."

„Das war abscheulich!" sagte Alice empört. „Dann gefällt mir der Zimmermann besser, weil er nicht so viel gegessen hat, wie das Walroß."

„Er hat aber so viel gegessen, als er bekommen konnte!" sagte Dideldum.

Das war nun eine schwierige Frage. Nach einer Pause fing Alice an; „Dann waren sie beide sehr schlechte Charaktere — "


Vermutlich. Wir wurden gerade Zeuge eines dramatisch-traurig humorig-hintersinnigen Gedichts von Lewis Carroll: „Das Walroß und der Zimmermann“ aus "Alice im Spiegelland", wie selbst dort schon erwähnt, ist es recht lang und beginnt so:

The Walrus and the Carpenter

by Lewis Carroll

The sun was shining on the sea, 
   Shining with all his might:
He did his very best to make 
   The billows smooth and bright-- 
And this was odd, because it was
   The middle of the night.

=>...

In Kürze - ein Walroß und ein Zimmermann überreden junge Austern zu einem Spaziergang, nur um sie am Ende aufzuessen; und natürlich bedauert man gemeinsam mit Alice die armen Austern, was etwas wohlfeil ist.

Herr Prof. Aue ermunterte mich, meine See – Stücke fortzusetzen. Und dieses ist in der Tat ein besonderes, denn unter dem humorvollen, hinreißend geschriebenen Nonsens verbirgt sich etwas, was wir nur schwer fassen können. Ist es Mitleid mit denen, die treuherzig die Realität ignorieren, um an ihren freudig – neugierigen Erwartungen zugrunde zu gehen? Es gäbe noch andere Deutungen. Aber all diesem eine Form zu geben, die es zu einem der populärsten Gedichte des englischen Sprachraums gemacht hat, trotz des Hintersinns, weil es eben vor allem ungemein unterhält, das ist bemerkenswert.

Es ist wirklich zu lang. Das englischen Original kann man oben hören, die Aufnahme ist wohl nicht perfekt, aber hat ihren Charme und ansonsten findet man es hier. Aber eine deutsche Übersetzung soll nach dem nächsten Bild doch folgen.


Lewis Carroll

Das Walroß und der Zimmermann

Die Sonne schien das Meer entlang,
sie schien mit aller Macht
und scheuerte die Wellen blank
zu heller Glitzerpracht.
Und das war sonderbar; es war
ja mitten in der Nacht.

Der Mond schien brummig, denn er fand,
daß dies ein Unfug sei.
„Wer braucht die dumme Sonne noch?
Der Tag ist ja vorbei.
jetzt hat sie nichts mehr hier zu tun:
Verdammte Bummeleil"

Das Meer war über und über naß,
staubtrocken war der Sand,
man konnte nicht ein Wölkchen sehn',
weil keins am Himmel stand,
man sah kein Vöglein fliegen, weil
sich keines dort befand.

Das Walroß und der Zimmermann
spazierten in der Näh.
Sie weinten über so viel Sand
und jammerten: „Oh weh!
Wär hier nur besser ausgefegt,
wie herrlich wär die See!"

„Wenn sieben Mägd' ein halbes Jahr
hier fegten tagaus, tagein,
was glaubst du — " fragte das Walroß sanft,
„würde der Boden rein?"
Drauf schluchzte laut der Zimmermann
und sprach: „Ich fürchte, nein!"

„Ach, Austern!" rief das Walroß aus,
„kommt doch zu uns ans Land!
Es plaudert sich so angenehm,
lustwandelnd hier am Strand.
Kommt — vier und vier — wir reichen dann
jeder eine Hand."

Die ält'ste Auster sah ihn an
und sprach kein Sterbenswort.
Sie schüttelte das schwere Haupt
Und blieb an ihrem Ort.
Sie blinzelte verständnisvoll —
Das hieß: „Ich geh nicht fort."

Allein vier junge Austerchen,
die krochen aus dem Nest
und kamen, sauber abgeputzt,
gekleidet wie zum Fest,
zwar ohne Füße, doch die Schuh
gebürstet auf das Best.

Vier andre dann, und wieder vier
und viere hinterher,
so kamen viele, vier zu vier
und immer mehr und mehr,
so hüpften sie und schlüpften sie
in Massen eilig her.

Das Walroß und der Zimmermann
gingen dahin am Strand
und setzten sich auf einen Stein,
der just erreichbar stand,
und all die kleinen Austerchen
umringten sie gespannt.

„Nun plaudern wir", das Walroß sprach,
und schaut' sich freundlich um,
„Von Schuhen — Schiffen — Siegellack —
von Kraut und Königtum,
und ob ein Wildschwein Flügel hat,
und wenn's sie hat, warum?"

Die Austern baten: „Wartet doch
mit dieser Plauderei —
weil wir ganz außer Atem sind,
und wärn' so gerne dabei!"
„Sehr gerne," sprach der Zimmermann
und zählte „eins, zwei, drei."

„Ein Stückchen Brot", das Walroß sprach,
„käm jetzt uns sehr zur Zeit,
dazu ein wenig Essig auch,
und Pfeffer, den man streut.
Und dann, ihr lieben Austerchen,
bin ich zum Mahl bereit."

Die Austern wurden bleich und blau
wie frisch polierter Stahl.
„Was hören wir, was hören wir
plötzlich von einem Mahl?
Ihr — uns? Nach solcher Freundlichkeit
wär dieses eine Qual!"

„Welch schöne Nacht!" das Walroß sprach,
„ist nicht die Aussicht nett?"
Der Zimmermann sprach: „Diese da
ist ganz besonders fett;
schneid mir noch eine Schnitte Brot
mit deinem Bajonett."

Das Walroß sagte: „Eigentlich
war das von uns nicht schön,
wir schleppten sie so weit heraus
und ließen so schnell sie geh'n."
Der Zimmermann sprach: „Gib mir noch
mehr Butter, bitte schön!"

„Ich bin für euch von Mitleid voll",
weinend das Walroß spricht
und sucht sich die größten Austern heraus,
„daß mir das Herz fast bricht."
Und hält sich ein großes Taschentuch
vor sein tränennaßes Gesicht.

„Ach Austern," sprach der Zimmermann,
„der Abend war wunderbar,
ihr hattet Glück I Doch jetzt wird's spät,
jetzt gehen wir heim, nicht wahr?"
Die Austern aber schwiegen still.
Weil keine übrig war."


nachgetragen am 16. September

Donnerstag, 26. August 2010

Für Dzyan

Roughly translated

The Outsiders: Nothing Gold Can Stay
hier gefunden

Ich habe kürzlich ein leichtfertiges Versprechen abgeben, Dzyan, ein Psychologe aus Mexico-Stadt wird heute 26. Und da ich ihn sehr schätze und mag, sagte ich zu ihm vor ein paar Tagen, dann müsse ich ihm wohl einen Geburtstags-Post schreiben. Ich habe ihn über seinen Blog bi-night.blogspot.com kennengelernt, zunächst war dies einer unter vielen Blogs für mich. Dzyan ist mir dann an verschiedenen Stellen immer wieder aufgefallen. Nun hat mein Lesen anderer Blogs derzeit stark nachgelassen, aber bei ihm habe ich weiter regelmäßig vorbeigeschaut, inzwischen weiß ich zu meiner Überraschung, daß die Wertschätzung wohl wechselseitig ist.

Dzyan hat die ausgeprägte Fähigkeit zu einem dramatischen Gefühlsleben, kümmert sich aber auch sehr um andere, er hat überhaupt eine starke Neigung zum Philanthropischen, was ihm materiell nicht unbedingt Vorteile einbringt. Jedoch, als ich mich also hinsetzte, um etwas über ihn zu schreiben, merkte ich zu meinem Schrecken, wie wenig ich über ihn weiß, ich meine damit keine persönlichen Umstände, die würde ich hier sowieso nicht ausbreiten, sondern, welche Bücher liest er, welche Musik hört er, Dinge dieser Art. Meine Sympathie entpuppte sich also als nicht frei von Oberflächlichkeit. Und ich mußte das also wenigstens etwas nachholen, zumal ich ja einen Geburtstagspost schreiben wollte.

Jetzt weiß ich also, daß er Alice im Wunderland mag und eine kanadische Sängerin namens Leslie Feist, von der ich ebenfalls etwas besitze. Tatsächlich erwiesen unsere Vorlieben sich vielem als durchaus verwandt, was ja durchaus nicht unerfreulich ist. Und darum wollen wir mit ein paar Zitaten aus besagtem Buch enden und einem Stück von Feist enden.

Alles Gute zum Geburtstag Dzyan, tut mir leid daß dieser Post in Wirklichkeit erst mit einem Tag Verspätung fertig wurde.



„Ich weiß, wer ich war, als ich heute Morgen aufstand, aber ich glaube, seitdem habe ich ein paar Mal verwandelt.“

„Aber ich mag nicht zu verrückten Leuten gehen“, bemerkte Alice.
„Oh, das kannst du nicht ändern“, sagte die Katze, „wir sind alle verrückt hier. Ich bin verrückt. Du bist verrückt.“
„Woher weißt du, daß ich verrückt bin?“ fragte Alice.
„Du mußt es sein“, antwortete die Katze, „sonst wärest du nicht hier.“

„Es zu versuchen, hätte keinen Sinn“, erwiderte sie. Unmögliches kann man nicht glauben.“
„Ich möchte behaupten, daß du darin nicht viel Übung hast“, antwortete die Königin. „Als in deinem Alter war, hab ich täglich eine halbe Stunde lang zu glauben versucht. Und manchmal hab ich’s geschafft, noch vor dem Frühstück mindestens sechs unmögliche Dinge zu glauben."


Feist, "Intuition", Album: The Reminder
hier gefunden

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Recently I made a thoughtless promise, Dzyan, a psychologist from Mexico City has his 26th birthday today. And since I appreciate and like him highly I said a few days ago, I would probably write a birthday post for him. I got to know him through his blog http://bi-night.blogspot.com, first it was one of many blogs for me. I saw Dzyan then often at various occasions on the web. Well my reading of other blogs has currently declined considerably, but at his place I still stopped by on a regular basis, meanwhile I know (to my surprise), the appreciation is probably mutual.

Dzyan has the distinct ability for a dramatic sense of life, but also cares strongly about others, in general he has a noticeable inclination to philanthropy, which brings him not necessarily material advantages. However, when I sat down then, to write something about him, I realized to my horror, how little I know about him, I mean no personal details which I would not spread here anyway, but what books he reads, what music he hears, things like that. Thus it turned out my sympathy was not free of superficiality. And I had to catch up so at least a bit, especially as I wanted to write a birthday post.

Now I know e.g. that he likes Alice in Wonderland and a Canadian singer named Leslie Feist I also own some music from. In fact, our preferences were often proved to be quite akin, what is indeed not at all unpleasant. Therefore we want to end with a few quotes from the mentioned book and a piece from Feist.

Happy Birthday Dzyan, I'm sorry that this post in reality is a belated one, finished a day late.

“I--I hardly know, sir, just at present--at least I know who I WAS when I got up this morning, but I think I must have been changed several times since then.”

“'But I don't want to go among mad people,' Alice remarked.
'Oh, you can't help that,' said the Cat: 'we're all mad here. I'm mad. You're mad.'
'How do you know I'm mad?' said Alice.
'You must be,' said the Cat, 'or you wouldn't have come here.'”

“Alice laughed. 'There's no use trying,' she said: 'one CAN'T believe impossible things.'
'I daresay you haven't had much practice,' said the Queen. 'When I was your age, I always did it for half-an-hour a day. Why, sometimes I've believed as many as six impossible things before breakfast…’”