Samstag, 8. Februar 2020

Beiläufige Beobachtungen


Auf mich ist eine Vase gekommen, in der muß früher Gift angerührt worden sein, oder ähnliches. Sie ist bauchig, gemütlich, gefällig, mehr unscheinbar, und man kann die Uhr danach stellen, wie die frischesten Sträuße in ihr unverzüglich verwelken.

Oswald Achenbach, Blick auf Capri, 1884

"Nicht dem Vergnügen der Schmerzlosigkeit, geht der Vernünftige nach." Schopenhauer. Oder in der längeren Version: „Wenn der ganze Leib gesund und heil ist, bis auf irgend eine kleine Wunde, oder sonst schmerzende Stelle; so tritt jene Gesundheit des Ganzen weiter nicht ins Bewußtsein, sondern die Aufmerksamkeit ist beständig auf den Schmerz der verletzten Stelle gerichtet und das Behagen der gesamten Lebensempfindung ist aufgehoben. – Ebenso, wenn alle unsere Angelegenheiten nach unserm Sinne gehen, bis auf eine, die unserer Absicht zuwider läuft, so kommt diese, auch wenn sie von geringer Bedeutung ist, uns immer wieder in den Kopf: Wir denken häufig an sie und wenig an alle jene andern wichtigeren Dinge, die nach unserem Sinne gehn. – In beiden Fällen nun ist das Beeinträchtigte der Wille, ein Mal, wie er sich im Organismus, das andere, wie er sich im Streben des Menschen objektivirt, und in beiden sehen wir, daß seine Befriedigung immer nur negativ wirkt und daher gar nicht direkt empfunden wird, sondern höchstens auf dem Wege der Reflexion ins Bewußtsein kommt. Hingegen ist seine Hemmung das Positive und daher sich selbst Ankündigende. Jeder Genuß besteht bloß in der Aufhebung dieser Hemmung, in der Befreiung davon, ist mithin von kurzer Dauer.“

Oswald Achenbach, Ausbruch des Vesuv, 1890

Meine liebenswürdige Nachbarin, und Kunstlehrerin sprach mich heute auf mein (ausgerechnet) rechtes blaues Auge an (so sagt man wohl), also blieb mir nichts übrig, als ihr zu berichten, mein jüngster Alptraum wäre so unzumutbar gewesen, ich (gewissermaßen) hätte mir während desselben mit einem Buch auf den Kopf schlagen müssen, aus ihm aufzuwachen. Um beim Blick auf die zeigerlose Uhr zu erkennen, daß ich gefehlt hätte. Sie empfahl mir, das Bett zu drehen.

Oswald Achenbach, Nächtliche Küste bei Neapel im Mondlicht, 1886

Klage

(Aus dem Jahr 1793)

Sie dünkten sich die Herren aller Herrn,
Zertraten alle Ordnung, Sitt und Weise,
Und gingen übermütig neue Gleise
Von aller wahren Weisheit fern,
Und trieben ohne Glück und Stern

Im Dunkeln hin, nach ihres Herzens Gelüste,
Und machten elend nah und fern.
Sie mordeten den König, ihren Herrn,
Sie morden sich einander, morden gern,
Und tanzen um das Blutgerüste.

Der Chor

Erbarm dich ihrer!
Sie wollten ohne Gott sein, ohn ihn leben
In ihrem tollen Sinn;
Und sind nun auch dahingegeben,
Zu leben ohne ihn.
Der Keim des Lichtes und der Liebe,
Den Gott in unsre Brust gelegt,

Der seines Wesens Stempel trägt,
Und sich in allen Menschen regt,
Und der, wenn man ihn hegt und pflegt,
Zu unserm Glücke freier schlägt,
Als ob er aus dem Grabe sich erhübe –
Der Keim des Lichtes und der Liebe
Der ist in ihnen stumm und tot;
Sie haben alles Große, alles Gute Spott.
Sie beten Unsinn an, und tun dem Teufel Ehre,
Und stellen Greuel auf Altäre.

Der Chor

Erbarm dich ihrer!

Anm: Ludwig XVI. August von Frankreich, König von Frankreich und Navarra wurde am 21. Januar 1793 in Paris getötet (merkwürdigerweise verstarb am gleichen Tage im Jahre 1815 auch M. Claudius).

"Die französische Revolution ist das erste größere muster-gebende Menschheitsverbrechen der neueren Geschichte (notfalls von mir selbst):

Resilienz und Wachheit.

Oswald Achenbach, Triumphbogen des Konstantin in Rom, 1886

Ich bin daran gescheitert, etwas Gefälliges über Oswald Achenbach zu schreiben, der starb am 1. Februar 1905 in Düsseldorf).

Warum auch immer, aber von Zeit zu Zeit befällt mich eine Art von tausendjähriger Müdigkeit.

Oswald Achenbach, im Park der Villa Borghese, 1886

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