Sonntag, 15. Januar 2023

Ein überwürztes Sauerkraut



Zuerst etwas TMI. Ich vertrage Sauerkraut wirklich nicht besonders. Doch nach einer gewissen Zeit hat mein Körper das immer wieder vergessen. Wenn ich dann etwa sehr fett aussehende Schweinswürste sehe, denke ich automatisch: Du müßtest mal wieder Sauerkraut machen. Außerdem war ich irgendwie in morbider Stimmung. Was man auch daran erkennen kann, daß ich inzwischen ein Faible für mißglückte Bilder entwickelt habe.

Der Vorgang: Viel angeschmorte Zwiebeln als erstes, dazu klein geschnittene Pellkartoffeln und Salz, Pfeffer- sowie Pimentkörner, Wacholderbeeren, ganze Nelken und ein halber Busch von Lorbeerblättern, ach so, und Sauerkraut natürlich. Und die Knacker, wie konnte ich nur den Anlaß vergessen, samt eines guten Stücks gekochten Bauchspecks, in eßbare Portionen zerkleinert selbstredend. 

Am Abend zusammengeköchelt, ich dachte noch, wenn es auch furchtbar ausfallen sollte, riechen tut es wunderbar. Es war überraschenderweise genießbar, sehr sogar. Aber ich werde voraussichtlich nur ein wenig davon essen. Den Rest kann man einfrieren und nach einiger Bearbeitung als Füllung für Pasteten nehmen z.B. 

Und später: Den Eingangssatz, nein, den eigentlich nicht, aber den zweiten, diesen könnte ich wohl vorübergehend streichen.


Samstag, 14. Januar 2023

La Chapelle L’ange au Violon

La Chapelle L’ange au Violon, France by JR pharma

La Chapelle L’ange au Violon, France by JR pharma

Eine der erfreulichsten Entdeckungen des Jahres 2022 (fast hätte ich 19.. geschrieben) war, worin die Geschichte eines der Bilder bestand, das mich schon länger fasziniert hat, genauer, verschiedene Bilder des offenkundig selben Ortes. Ich weiß beim besten Willen nicht mehr, wann ich eines ursprünglich anbrachte. Nicht, daß ich zu überhaupt 5 % erinnern kann, was ich wann hier geschrieben habe:

Der pflanzenüberwucherte Innenraum einer halbverfallenen (möglicherweise) gotischen Kirche von berückender Schönheit: Angenehme Proportionen eines kraftvollen Raumes, reiches Maßwerk, schöne Fenster, Skulpturen. Im Nachhinein ist völlig klar, daß der Ort nicht besonders ausgedehnt sein konnte, aber das bemerkte man nicht. Denn auch die unscheinbarste Schönheit wirkt immer groß und vollständig. Das ist ihr Geheimnis. 

Der Heimatort des großen Kirchleins befindet sich also in Frankreich, genauer „am Fuße des Schwarzen Berges und weniger als 15 Minuten vom Flughafen und der mittelalterlichen Stadt Carcassonne“ entfernt. Erbaut 1866, nunmehr bekannt als Kapelle des Engels mit der Geige, liegt es direkt neben einem größeren Anwesen, das heute als Hotel dient (Domaine de Vic, 11600 Conques-sur-Orbiel). Das Zitat stammt aus dessen aufwendiger Präsentation, die sogar mit der Kirche wirbt, wenn auch nur vermeldet werden kann, daß im Jahr 2016 das Dach gesichert wurde, alles in Privatbesitz ist und nicht betreten werden darf.

Photo von hier

Was auch auffällt, wenn man eine Außenansicht betrachtet: Wie klein sich diese Kapelle neben dem größeren Anwesen ausnimmt, aber siehe oben.

Nur um zu zeigen, daß ich genauso nur ein gewöhnlicher Ressentiment-beladener Mensch bin:  Unglücklicherweise ist das Französische komplett an mir vorbei gegangen. und nein, nicht etwa etwa wegen der Dinge nach Versailles, mit den Verwüstungen, die es vorher gebracht hat, erst in der Pfalz und dann et cetera pp. Es ist alles nur die die höchst eigene Trägheit meines Geistes.


Ich sage das auch deshalb, weil ich, so weit als nur eben möglich, niemandem in seine Bildrechte eingreifen will, und zugleich nur erahnen kann, worüber engagierte Franzosen tatsächlich sprechen... Aber ich habe ein großes Vertrauen, selbst hier, wo ich nach meinen hilflos endenden Versuchen einfach einige Bilder herausgriff.

Denn das ist die eigentliche Geschichte. Die Kapelle, die lange völlig dem Verfall preisgegeben war, und leicht zugänglich, hatte auch gerade junge Bewunderer gefunden. Ein  besonders sympathisch wirkendes Beispiel findet man, so man diesem Verweis folgt.

Ein anderes imposantes Video kann man dort anschauen (nur die Musik ist etwas arg melodramatisch). 

Costa Bordino, Urbex: La Chapelle de l'Ange au Violon

Ebenso ist dieses längere Stück empfehlenswert (allerdings auch hier – die Musik!) 

Photo © Raphaël Coffin

Und um doch einmal einen Namen zu nennen, von diesen Helden der Erinnerung. Ein junger Photograph namens Raphaël Coffin beschert uns diese wundervolle Seite voller berückender Bilder. Das obige habe ich mir dort von ihm „entliehen“.

Die Schönheit findet immer würdige und oft überraschende Verteidiger. Auch selbst wenn sie oft nicht siegreich blieben, ihre Haltung wird aufgeschrieben sein im Buch des Ewigen.

In diesem erfreulichen Fall aber scheint der anschwellende Ruhm, genährt von Enthusiasten, dem Besitzer ins Gewissen (oder was immer) geredet zu haben. Es besteht tatsächlich Anlaß zur Hoffnung, auch wenn man sich gegenwärtig in diese kleine Kapelle unweit von Carcassonne nicht hineinschleichen kann. Schönheit vermag immer zu berühren und zur guten Seite des Seienden hinüberzuziehen, wahrscheinlich rührt von daher auch der sonst unbegreifliche Argwohn gegen sie, um es höflich auszudrücken.

Die Schönheit schlägt eine Brücke zum Ewigen. Gehen wollen müssen wir schon selbst.

nachgetragen am 15. Januar

Sonntag, 8. Januar 2023

Zum 1. Sonntag nach Epiphanias

Nicolaikirche in Magdeburg-Neue Neustadt, Westseite

Herr Roloff, der diesen bescheidenen Ort durch seine gewissermaßen Mitautorenschaft über viele Jahre bedeutend aufgewertet hat (so man sich der Fülle der Eindrücke aussetzen mag, folge man diesem Hinweis), hat heute in in St. Nicolai zu Magdeburg eine Predigt gehalten, die ich nun ohne weitere Umschweife folgen lassen werde.

Anmerken will ich doch aber noch, daß dabei des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. in der Fürbitte gedacht wurde.

Bartolomé González y Serrano, Johannes der Täufer, ca.1600


Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias

in St. Nicolai zu Magdeburg

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

Der Predigttext steht im Johannesevangelium im 1. Kapitel:

Das Zeugnis des Täufers vom Lamm Gottes

29 Des andern Tages sieht Johannes Jesum zu ihm kommen und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt! 30 Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich. 31 Und ich kannte ihn nicht; sondern auf daß er offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser. 32 Und Johannes zeugte und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. 33 Und ich kannte ihn nicht; aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist's, der mit dem heiligen Geist tauft. 34 Und ich sah es und zeugte, daß dieser ist Gottes Sohn.

Liebe Gemeinde,

ein Herr, eine Kirche und eine Taufe. Das ist das Thema dieses Sonntags am Anfang des neuen Jahres. Als Christen sollen wir von jedem Jahr hoffen, dass es ein Jahr der Erneuerung, der Umkehr und der Mission wird.

Wir sind heute und immer dem Täufer ganz gleich gemacht. Wir werden Johannes darin gleich, dass auch wir in jedem Augenblick, an jedem Tag, den wir leben, Jesus zu uns kommen sehen. Dazu ist Gott Mensch geworden. 

Er ist Mensch geworden, nicht damit er in einer irgendwie abstrakten Weise die Schöpfung, das große Werk seines Vaters besucht. Jesus ist in die Welt gekommen, um jeden einzelnen Menschen zu besuchen. Das eigentliche, das Menschsein im Geiste, so möchte ich es einmal nennen, beginnt erst in dem Augenblick, in dem wir gewahr werden, Jesus kommt zu mir.

Dieses Ereignis wird angenommen und vollendet durch unser Bekenntnis. Wir müssen uns nicht dazu verheben, ein eigenes Bekenntnis hervorzubringen. Es ist ein Geschenk dieser Geschichte des Johannesevangeliums, dass wir das Bekenntnis des Täufers aufnehmen dürfen und mit ihm sprechen: Du bis Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Auch Johannes hat dieses Bekenntnis der Tradition entnommen und zitiert den Propheten Jesaja, der uns überliefert hat: Da er gestraft und gemartert ward, tat er seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut.

Joachim Patinir, Taufe Christi, etwa 1515

Stumm und demütig hat der Herr sein Leiden getragen. 

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt.

Mit diesem Ruf kniet und betet die ganze Kirche vom Anbeginn vor ihrem Herrn. 

Wir stellen uns als Menschen immer in die Tradition, wenn wir selbst mehr ahnen als wissen, dass uns der Heilige naht, dass uns das Allerheiligste begegnet.

So geht es auch dem Täufer. Nur darum vermag er das unglaubliche auszusprechen: Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich. Und ich kannte ihn nicht; sondern auf dass er offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.

Das Taufen und die Predigt des Johannes hat den Herrn gleichsam hervorgerufen, ihn offenbar werden lassen, einen weiteren Schritt der Tradition gewirkt. So gehen wir Menschen in rechter Weise durch die Welt, indem wir weitertragen, was uns anvertraut ist. Wir werden getauft, und wir taufen, wir hören das Wort Gottes und wir predigen und wir halten uns zu unserem Gott, zu dem auch unsere Väter gebetet haben.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt!

Johannes macht sich selbst zum Hinweis auf den, von dem das Heil kommt. Er macht sich zum Wegweiser, zum Herold, vor allem aber macht er sich zum Diener. Er macht sich zum Diener des Herrn und seiner Mitmenschen.

El Greco, Johannes der Täufer, ca. 1600 - 1605

Siehe, das ist Gottes Lamm. Es ist unglaublich, dass dieser fundamentale Satz es vermocht hat, bis zu uns vorzudringen über die Jahrtausende und über Länder und Meere hinweg.

Dann beginnt Johannes scheinbar in Rätseln zu sprechen: „Dieser ist´s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“

Obwohl es alle menschliche Vorstellung übersteigt, versucht Johannes hier auszudrücken, was es bedeutet, dass sich in Jesus Gottheit und Menschheit miteinander verbunden haben. Durch seine Geburt, durch die Inkarnation, die Fleischwerdung, ist Jesus Mensch geworden und war dennoch als Gott von aller Ewigkeit her.

„Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er nicht war“ und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, die verdammt die Kirche.“

So lehrt es das Konzil von Nicäa auch im Ergebnis von menschlichem Nachdenken über drei Jahrhunderte hinweg im Jahre 325.

Ikone zum Nicaeno-Constantinopolitanum mit dem Text in griechischer Sprache

Johannes kann noch ganz offen bekennen: „Und ich kannte ihn nicht; sondern, auf dass er offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser.“

Johannes war, wie jeder religiöse Mensch, zunächst ein Suchender, der sich auf das Unbekannte einlassen musste, um zur Wahrheit zu gelangen. Dann folgt sein gewissenhaftes Bekenntnis, das verbunden ist mit einem Rückblick auf die Taufe, wie er sie erlebt hat: „Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich erkannte ihn nicht; aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist´s, der mit dem heiligen Geist tauft. Und ich sah es und zeugte, dass dieser ist Gottes Sohn.“

Mit diesem Bekenntnis wird Johannes der Täufer zum Diener an der durch Christus gewordenen Wahrheit.

Das ist das gültige neue Paradigma: Auch wenn es zunächst so aussieht, als würde sich Christus der Taufe des Johannes unterwerfen, als würde er sich der damals wohl recht großen Jüngerschaft des Täufers anschließen, so wird doch gerade in der Taufe Jesu Johannes zum Diener an ihm und seiner erlösenden Botschaft.

Die Begegnung mit Christus macht uns zu Dienern der Wahrheit, oder sie lässt unser Menschsein leer und sinnlos werden, wenn wir uns ihm versagen. Was wäre die Taufe des Johannes noch, wenn er sich geweigert hätte, dem Willen des Mensch gewordenen Gottes nachzugeben, der die Taufe wollte, um sich als solcher zu offenbaren?

Der Wille Gottes ist der einzige Weg zur Wahrheit, denn er ist die Wahrheit. So wird denn in der Taufe Jesu auch nicht eigene Sünde abgewaschen, sondern sein Menschsein bekräftigt und der Weg zum Heil erstmals offenbart. Die Kirche hat dann verstanden, wie in der Taufe Tod und Auferstehung verheißen wurden noch ehe sie geschichtliche Faktizität erlangt hatten – übrigens ganz ähnlich wie in der Feier des historischen Abendmahls, das auch den Tod begeht, ehe er erlitten war – dadurch kann nun auch in der christlichen Taufe eine Anteilnahme an der Auferstehung des Herrn eröffnet werden.

Hilarius von Poitiers, der ein bedeutender Bischof und Lehrer der Kirche im 4. Jahrhundert gewesen ist, hat es im arianischen Streit mit den schlichten Worten ausgedrückt: „Wer soll die Wahrheit sagen, wenn nicht der Diener der Wahrheit?“

In diesem Streit ging es um die wahre Gottheit Jesu, die durch die Arianer bestritten wurde, obgleich sie auch durch den Täufer im Evangelium klar bezeugt ist.

Nachdem Hilarius wegen seiner Standhaftigkeit im Glauben nach Kleinasien verbannt worden war, schrieb er glühende Worte an seine Gemeinden: „Schweigen wäre nicht Mäßigung, sondern Feigheit. Mögen die Hirten ihre Stimme erheben, nachdem die Mietlinge die Herde verlassen haben.“

Manchmal scheint es mir so zu sein, dass die großen Kämpfe unter uns Menschen niemals endgültig entschieden sind. Immer wieder drängen dieselben Zweifel heran, die das einzigartige Geschehen der in Christus vollbrachten Heilsgeschichte, seine Gottheit, die Notwendigkeit seines Leidens und Sterbens am Kreuz, die Tatsächlichkeit seiner Auferstehung in Frage stellen. 

Wir sollen ihnen, wie Hilarius, wie schon Johannes der Täufer begegnen durch das klare Bekenntnis der Wahrheit. „Nach mir kommt der Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich.“ Und auch wir sehen und bezeugen, dass dieser ist Gottes Sohn.

Nur aus diesem Bekenntnis heraus, nur aus unserer Dienerschaft gegenüber Gott, erheben sich unsere Begriffe von Wahrheit und Treue, die uns dann auch als Menschen untereinander binden.

Nur, wo wir uns zum wahren Gott bekennen, können wir uns am Altar wahre Versprechungen geben und durch sie unser Leben gestalten. Ohne Wahrheit und Aufrichtigkeit im Glauben und in der Liebe zerfällt alles zu Nichts.

Das ist die Verheißung unserer Taufe, das ist die Hoffnung unseres Glaubens, das ist der Kern des Bekenntnisses zum Sohn Gottes.

Amen



Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unsern Herrn.

Amen

Thomas Roloff

Donnerstag, 5. Januar 2023

Zum Gedenken an Benedikt XVI.

 

Gravur an der Münchener Mariensäule mit dem Datum des Besuches von Benedikt XVI..

Marktl am Inn, Inschrift am Geburtshaus Benedikt XVI. 

Was am Hl. Vater Benedikt XVI. sterblich war, liegt nun dort in St. Peter, wo vor seiner Heiligsprechung das Irdische seines Vorgängers Johannes Paul II. niedergelegt worden war. An diesem Tag wurde seiner mit einer Totenmesse gedacht. 

Papst Franziskus hat dabei eine sehr respektvolle geistliche Homilie über das Hirtenamt gehalten, die in wesentlichen Teilen aus einer Aneinanderreihung von Zitaten des Verewigten bestand (man findet den gesamten Text auf der Seite des Hl. Stuhles).

 "'Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist' ... Dies sind die letzten Worte des Herrn am Kreuz; sein letzter Seufzer - so könnte man sagen -, der das zu bestätigen vermag, was sein ganzes Leben kennzeichnete: ein ständiges Sich-Hingeben in die Hände seines Vaters."

"Betende Hingabe, die sich still zwischen den Kreuzungspunkten und Widersprüchen, denen sich der Hirte stellen muss... und der vertrauensvollen Aufforderung, die Herde zu hüten... herausbildet und verfeinert. Wie der Meister trägt er auf seinen Schultern die ermüdende Last des Eintretens für andere und die Zermürbung der Salbung für sein Volk, vor allem dort, wo das Gute zu kämpfen hat und die Brüder und Schwestern in ihrer Würde bedroht werden... In dieser Begegnung der Fürsprache bringt der Herr die Sanftmut hervor, die fähig ist, zu verstehen, anzunehmen, zu hoffen und alles zu wagen – über das Unverständnis, das dies hervorrufen kann, hinaus. Es ist eine unsichtbare und unbegreifliche Fruchtbarkeit, die entsteht, wenn man weiß, in wessen Hände man sein Vertrauen gelegt hat..."

"Und auch Hingabe, die vom Trost des Geistes getragen ist, der ihm bei seiner Sendung immer vorausgeht: in dem leidenschaftlichen Bestreben, die Schönheit und die Freude des Evangeliums zu vermitteln..., im fruchtbaren Zeugnis derer, die wie Maria in vielerlei Hinsicht beim Kreuz bleiben, in jenem schmerzvollen, aber starken Frieden, der weder angreift noch unterdrückt, und in der hartnäckigen, aber geduldigen Hoffnung, dass der Herr seine Verheißung erfüllen wird, wie er es unseren Vätern und seinen Nachkommen für immer verheißen hat..."

Benedikt XVI., Pfingstmesse im Petersdom am 15. Mai 2005

"Das gläubige Volk Gottes versammelt sich, es begleitet das Leben dessen, der sein Hirte war und vertraut es dem Herrn an. Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht; wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste. Wir wollen gemeinsam sagen: 'Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist.'

Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!"

Und auch wir wollen bitten, daß er nun schaut, was er geglaubt hat. Und wir wollen weeiter hoffen, daß das Wirken Benedikts XVI. nicht in seiner Kraft dahinschwindet, sondern lebendig bleibt und wächst.

Benedikt XVI. in Auschwitz-Birkenau 2006, mit dem berühmten Regenbogen

Benedikt XVI. dankt für Geburstagsgrüße am 16. April 2008 vom Weißen Haus

nachgetragen am 8. Januar


Sonntag, 1. Januar 2023

Zum Neuen Jahr






Eine Ansammlung mißglückter, verschwommener Bilder - von der Silvesternacht, meiner bescheidenen Weihnachts-Fensterdekoration des Wohnzimmers. Warum damit unschuldige Seelen belästigen? Aber dann dachte ich, von den technischen Unzulänglichkeiten kurz abgesehen: Was für ein Sinnbild der Zukunft. Das Bleibende erscheint unklar, die Freude fahl, aber die Bilder im Innern sind völlig intakt. Die kann ich natürlich nicht mitliefern. Aber andeuten.

Eines der Bücher, die ich wieder wegräumen sollte, weil es jetzt lange genug hier herumgelegen hat, ist das Drehbuch zu „Fanny und Alexander“, dem Film von Ingmar Bergman. Es schließt mit Worten von August Strindberg (aus „Traumspiel“): „Alles kann geschehen, alles ist möglich und wahrscheinlich. Zeit und Raum existieren nicht. Auf einem unbedeutenden Grund der Wirklichkeit spinnt die Einbildung weiter und webt neue Muster.“

Auch das Spiel der Träume ist trügerisch. Wenn wir Glück haben, erstaunen sie uns mit ihren farbenreichen Einfällen, zweifelhaften Erfindungen und den detaillierten Vorführungen gruseliger Dinge. Damit unsere Seele nicht unvorbereitet bleibt. 

Glückwunsch dem, der Träume wirklich nachzuerzählen vermag. Denn die Kategorien verfließen ständig. Aber Muster bleiben erkennbar. 

In dem Film wird ein dämonischer Bischof, Edvard Vergerus, für kurze Zeit zum Stiefvater der o.g. Kinder. Zur Mutter der Kinder sag er: „Ich will, daß du dein Haus verläßt, deine Kleider, deinen Schmuck, deine Möbel, deine Freunde, deine Besitztümer, deine Gewohnheiten und deine Gedanken. Ich will, daß du dein früheres Leben voll und ganz abstreifst.“

Äußerlich Ähnliches wurde Abraham gesagt. Doch der Teufel lügt am liebsten mit der Wahrheit und nimmt deren Maske an, oder die der Gerechtigkeit, oder was immer nützlich scheint.

Laß alles zurück, euren Glauben, eure Traditionen, was euch vertraut ist an Namen und Geschichten, eure innere Sicherheit, eure Kultur. Vertraut uns. Wir werden das alles auslöschen, aber dann! Ein neuer Albtraum? Wir werden es sehen.

Ein überlebensreiches gutes und gesegnetes Neues Jahr!

nachgetragen am 7. Januar