Carl Blechen, Meeresbucht in Italien, 1829
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Carl Blechen,Turmruine mit Drachen, 1827
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Carl Blechen, Weg nach Castel Gandolfo, Detail, 1830
Carl Blechen ist einer der großen Unbekannten, sofern man an ein eher umfänglicheres Publikum denkt. Der Blogger Jay hat mir gestern ein schlechtes Gewissen gemacht, als er über ihn schrieb. Wenn wir übellaunig wären, würden wir behaupten, er habe nur seinen Beitrag von 2010, leicht aufgehübscht und eingekürzt, wiederholt, aber sein „Abstract“ wirkt auf mich dafür zu ernsthaft. Er wollte einfach noch einmal an ihn erinnern, denke ich.
Doch zurück zum Künstler; sein Leben läßt sich besser kurz abhandeln. Geboren am 29. Juli 1798 in Cottbus, der familiäre Hintergrund durchaus bescheiden. Immerhin konnte er das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium besuchen, doch für ein Studium genügten die Mittel nicht. 1812 kam er als Lehrling in ein Bankgeschäft, ab 1820 arbeitete er im Berliner Bankhaus Koehne. 1822 weisen ihn die Akten der Berliner Akademie der Künste als Schüler aus, für ein Jahr. 1823 reiste er nach Dresden, wo er Johan Christian Clausen Dahl besuchte und wohl auch die Bekanntschaft Caspar David Friedrichs machte. 1826 wurde er Mitglied im Berlinischen Künstlerverein.
Schinkels Empfehlung brachte eine Anstellung als „Decorationsmaler“ am Königstädtischen Theater in Berlin, wo er von August 1824 bis Juni 1827 eine große Zahl wirkungsvoller Bühnenbilder schuf, das er aber nach einem Streit mit der Sängerin Henriette Sontag wieder verlassen mußte. Er hatte sich nunmehr als freischaffender Künstler durchzuschlagen.
Im Sommer 1828 reiste er an die Ostsee. Im Herbst darauf begab er sich nach Italien und erreichte Ende November Rom, wo er bis zum Mai 1829 blieb, zwei Monate verbrachte er in der Umgebung Neapels und kehrte im heißen Sommer nach Rom zurück, um weiter dann im Herbst langsam durch Mittelitalien nach Berlin zurückzukehren, das er im November 1829 erreichte.
Während dieser Reise, die seine Malauffassung entscheidend neu prägen sollte, entstanden hunderte Skizzen, die später weiter ausgearbeitet wurden. Insbesondere die von ihm reflektierten Lichterfahrungen führten ihn über die zeitgenössischen Strömungen deutlich hinaus.
1831 bewarb sich Blechen, wieder auf Empfehlung Karl Friedrich Schinkels, erfolgreich für die Akademieprofessur der "Landschaftszeichnen Classe". 1833 bereiste er den Harz, 1835 folgt eine vierwöchige Reise nach Paris in Begleitung seines Freundes und Förderers Louis Sachse. Im selben Jahr wird er zum ordentlichen Mitglied der Akademie gwählt. Seit 1836 verstärkten sich die Anzeichen einer psychischen Erkrankung, die ihn zur Aufgabe der Lehrtätigkeit zwingen.
Am 23. Juli 1840 starb Carl Blechen geistig umnachtet. Sein Grab auf dem Dreifaltigkeitskirchhof in Berlin-Kreuzberg ist nicht mehr auffindbar, immerhin erinnert eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer als Ehrengrab des Landes Berlin an ihn.
Carl Blechen, Das Innere des Palmenhauses auf der Pfaueninsel, 1832
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Fontane, der sich an einer Biographie Blechens versucht hatte, die er aber nie fertigstellte, hat sich nach den hinterlassenen Notizen über dessen Ende etwas derber geäußert:
"Was Blechen schließlich bis zur Pulle trieb, ist schwer festzustellen, vielleicht erblich, vielleicht natürliche Neigung, vielleicht Ärger, Kränkung, Verstimmung. Zu dieser Dreiheit mag allerlei Grund vorgelegen haben, und unter diesen Gründen wird auch eine 'unglückliche Ehe' genannt. Da sich diese Versicherung in fast allen Briefen wiederholt, so mag Wahres in der Tatsache gewesen sein. Aber das möchte ich mit annähernder Gewißheit sagen: Wenn es so gewesen ist, so ist nicht die Frau dafür verantwortlich zu machen. Im Gegenteil, nicht nur aus der Handlungsweise der Frau, wie sie sich in ihrem Testament und anderen Dingen ausspricht, sondern namentlich auch aus etwa dreißig mir vorliegenden Briefen und Briefchen der Frau geht hervor, daß es eine sehr gute, sehr verständige und, ich schreibe dies Wort mit allem Vorbedacht nieder, eine sehr edelmütige Frau gewesen ist, ganz schlicht, ganz einfach, ganz ohne 'Höhere Bildung', aber von allergesundestem Menschenverstand, und nicht bloß von richtigem, sondern auch von feinem Gefühl."
Vom feinen Gefühl der Henriette Blechen teilt der Frauenversteher Fontane dann auch noch mit, sie habe Aktzeichnungen von Blechens Hand an den Kunsthändler Sachse verschenkt, "aber erst, nachdem die untern unanständigen Hälften mit der Schere weggeschnitten waren".
Aber es gibt genug anderes von Blechen, das eher unser Interesse beanspruchen sollte, wie das oben gezeigte Bild vom Palmenhaus, das vielleicht noch am ehesten eine gewisse Bekanntheit behalten hat. Über den Ort selbst (der nur wenige Jahrzehnte so bestand) schreibt Fontane sehr schön (in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Bd. 3, Die Pfaueninſel“):
„Pfaueninsel! Wie ein Märchen steigt ein Bild aus meinen Kindertagen vor mir auf: ein Schloß, Palmen und Känguruhs; Papageien kreischen; Pfauen sitzen auf hoher Stange oder schlagen ein Rad; Volièren, Springbrunnen, überschattete Wiesen; Schlängelpfade, die überall hin führen und nirgends; ein räthselvolles Eiland, eine Oase, ein Blumenteppich inmitten der Mark.“
„1830 wurde auch das Palmenhaus errichtet.
Das kleine Eiland stand damals auf seiner Höhe. 'Eine Fahrt nach der Pfaueninsel... galt den Berlinern als das schönste Familienfest des Jahres und die Jugend fühlte sich überaus glücklich, die munteren Sprünge der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das seltsame Hüpfen der Känguruhs hier zu sehn. Die tropischen Gewächse wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man träumte in Indien zu sein und sah mit einer Mischung von Lust und Grauen die südliche Thierwelt: Aligatoren und Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opalisirend oft alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuspiegeln schien.' Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich sie Eingangs ausgesprochen, finden hier ihre Bestätigung.“
Der Blogger Jay teilt uns Fontanes Urteil u.a. zu obigem Gemälde wie folgt mit: "Die Palmenhausbilder sind sehr schön und wohl kaum übertroffen. Aber doch eigentlich langweilig."
Nun ja. Es ist nicht zwangsläufig so, daß ein großer Schriftsteller wie Fontane mit seiner Begabung für's Schildern damit selbstverständlich auch hinreichend Empathie für ein ganz eigenartig Anderes miterwirbt. Er hat ihn vor allem, was nur zu menschlich ist, in ein Schema zu bringen gesucht, das ihm entgegenkam.
So urteilt er schließlich, Blechens "eigentlichen Landschaften" seien "realistisch, helle Töne, Sonnenbrand, gelbe Kahlheit herrschen vor. Mitunter nähern sich diese Landschaften aber dem Romantischen, und er tut manchmal ein romantisches Element hinzu." Und sein Fazit: "Widerlegung, daß er besonders im Romantismus gesteckt habe. Nur wenig spricht dafür."
Carl Blechen, Im Park der Villa d'Este, 1830
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Er steht sich mit anderen Äußerungen dabei selbst ein wenig im Weg. So wenn er über das „Semnonenlager“ von 1828 (in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Müggelberge) schreibt:
Er steht sich mit anderen Äußerungen dabei selbst ein wenig im Weg. So wenn er über das „Semnonenlager“ von 1828 (in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Müggelberge) schreibt:
“Karl Blechen, 'der Vater unsrer märkischen Landschaftsmalerei', wie er gelegentlich genannt worden ist, hat in einem seiner bedeutendsten Bilder die Müggelberge zu malen versucht. Und sein Versuch ist glänzend geglückt. In feinem Sinn für das Charakteristische, ging er über das bloß Landschaftliche hinaus und schuf hier, in die Tradition und Sage der Müggelberge zurückgreifend, eine historische Landschaft. Die höchste Kuppe zeigt ein Semnonenlager. Schilde und Speere sind zusammengestellt, ein Feuer flackert auf, und unter den hohen Fichtenstämmen, angeglüht von dem Dunkelrot der Flamme, lagern die germanischen Urbewohner des Landes mit einem wunderbar gelungenen Mischausdruck von Wildheit und Behagen. Wer die Müggelberge gesehen hat, wird hierin ein richtiges und geniales Empfinden unsres Malers bewundern – er gab dieser Landschaft die Staffage, die ihr einzig gebührt.“
Doch was sagen Kategorien wie „romantisch“ oder hier wohl passender „heroisch“ schon aus, das Semnonenlager, das seit dem letzten Krieg verschollen ist, macht nicht unbedingt einen konventionell realistischen Eindruck. Wenn Kunst wesentlich ist, erscheint sie eher irreal oder besser überreal, da sie mehrere Wirklichkeiten übereinanderlegt.
100 Jahre nach Blechens Tod heißt das übrigens in der Nachfolge Fontanes dann, er habe den "Weg von romantischer Gedankenmalerei" zu einer heiter bejahenden Naturwiedergabe gefunden, "zu einer Malerei der Farbe und des Lichts, die den Impressionismus in manchen Stücken vorausnahm."
So sehr daran manches stimmt (man schaue sich nur die ersten 3 Bilder dieses Beitrages an), macht es Kunst doch auch zu einer Art von Treppenaufstieg (wohin eigentlich?). Genug davon.
Aber einmal noch Fontane zuvor: In einem Brief von 1873 gibt er der zeitgenössischen Architektur einen hübschen Seitenhieb; er versichert nämlich dem Adressaten, er solle seine Antwort einfach so dahinschreiben. „Abfassung gleichgültig; wie die modernen Architekten sagen: 'Der Stil wird angeputzt.'“.
Die obige Ansicht der Villa d'Este von 1830 ist vielleicht auch noch etwas bekannter. Sie scheint seinen Zug zum Theatralischen zu bestätigen. Aber was bedeutet das schon, ist es bei ihm nicht eher verdichtete Wirklichkeit, ein Blick, der Dinge nicht einfach so dahinnimmt, sondern geradezu mit dem Finger befiehlt: Sieh hin und sehe! Ganz ohne Belehrung, nur als dringliche Mitteilung. Völlig anders, aber ebenso eindrücklich etwa nachfolgend.
Und bevor ich jetzt etwas Unsinniges wie z.B. 'fast schon eine Art von chinesische anmutendem Impressionismus' daherfasele, will ich noch zu einem anderen Bild von 1829 verlinken (die Abbildung ist extrem klein, gibt aber einen Eindruck), da versinkt nämlich das, was vom Forum Romanum noch übrig ist, gewissermaßen in Licht und Sand.
Die Poesie des Wirklichen, sprich die Tiefe des Lichts und die Präsenz des Vergangenen vermag er atemberaubend lebendig vor uns hinzustellen, nur dies genannt (er hat selbst Fabriken gemalt, aber das mögen wir weniger an diesem Platz). Die Klosterruine Oybin wird nicht zur Gedankenikone, wie bei unserem Friedrich, das mag sein, aber er malt sehr „realistisch“ eine Seite aus dem Buch des Lebens und der Welt, das uns schaudern läßt. Wie bei dem darauf folgenden. Man muß viel geschaut haben, um Derartiges mitteilen zu können. In Bildern, das war die Sprache, die ihm zu Gebote stand, und die wir nur versuchen können zu entziffern.Die obige Ansicht der Villa d'Este von 1830 ist vielleicht auch noch etwas bekannter. Sie scheint seinen Zug zum Theatralischen zu bestätigen. Aber was bedeutet das schon, ist es bei ihm nicht eher verdichtete Wirklichkeit, ein Blick, der Dinge nicht einfach so dahinnimmt, sondern geradezu mit dem Finger befiehlt: Sieh hin und sehe! Ganz ohne Belehrung, nur als dringliche Mitteilung. Völlig anders, aber ebenso eindrücklich etwa nachfolgend.
Carl Blechen, Bäume im Herbst bei Sonnenaufgang,1823
Und bevor ich jetzt etwas Unsinniges wie z.B. 'fast schon eine Art von chinesische anmutendem Impressionismus' daherfasele, will ich noch zu einem anderen Bild von 1829 verlinken (die Abbildung ist extrem klein, gibt aber einen Eindruck), da versinkt nämlich das, was vom Forum Romanum noch übrig ist, gewissermaßen in Licht und Sand.
Und selbst dem Verfall vermag er etwas Gelöstes abzulesen. Das Vergehen des Schönen hinterläßt dem, der zu sehen vermag, mehr als nur Leere. Er wußte das.
Carl Blechen, Klosterruine Oybin, 1822
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Carl Blechen, Gotische Kirchenruine, 1826
Carl Blechen, Gotische Kirchenruine, c. 1829-1831