Sonntag, 27. September 2015

Sonntag &


Die erste Ente des Herbstes wäre fast verbrannt. Daher fangen wir mit den (wenigen) Rosen an, die sich denn noch im Garten für die Tafel auftreiben ließen. Da finden wir schon mal was Positives.

Obwohl ich derzeit miserabel schlafe, habe ich doch den Blutmond verpaßt, eigentlich schade. Dafür durfte ich als Gratis-Unterhaltungsprogramm beim Einkaufen mitbekommen, wie ein energisch schlichter junger Mann seiner kleinen wißbegierigen Tochter erklärte, was sie da gerade im Fernsehen gesehen habe. „Da geht die Sonne vor den Mond.“ Abgesehen davon, daß das reichlich eng würde (der Platz reicht schlicht nicht ganz aus), würde es vor allem, nun ja, zuvor ein wenig unkommod.

Zurück zur Ente. Frau W. hatte ein großes Begehren danach. Und da am späten Sonnabend-Nachmittag (der Tag war anderweitig blockiert) mein Ehrgeiz schon recht dezimiert war, bekam sie also ihre junge polnische Ente und meinen Kommentar dazu: „Du bekommst das, was ich nicht essen wollte, dafür kriege ich das, was Du nicht essen willst (nämlich eine abweichende Sauce). Das nennt man einen Kompromiß.“...

Gesagt, geschehen. Frau Mutter nahm also ihr gewohntes Frühstück mit Panoramablick am Sonntagmorgen ein und ich versuchte, nebenbei zu kochen, was leidlich gelang. Irgendwann war die Ente irgendwie im Backofen und ich verabschiedete mich sinngemäß, sie könne ja noch eine halbe Stunde die Aussicht genießen, dann käme ich aber wieder.

Gegen 2 Uhr hörte ich aus meiner Tür ein triumphierendes - „Nu isse verbrannt“. Ich war am Schreibtisch eingeschlafen und die Küche offensichtlich jetzt frei.


Ich eilte ebendorthin, sah mich im Geiste schon Bratwürste braten oder irgend sowas, aber siehe da, sie war nur kurz davor, aber doch schon recht ausgelassen. Mit mehrmaligem Übergießen des Fonds konnte man immerhin noch die Haut retten. Wie schon zu ahnen, war das Fleisch dann doch ein wenig, ja, trocken.

Es ging darauf recht schnell, nur meinen geplanten Ausflug zur Zierker Kirche konnte ich natürlich vergessen. Die Bilder sind furchtbar, aber das erklärt sich. Es fiel nämlich justament den Augenblick soviel Licht in das Zimmer, daß die Tafel gewissermaßen manichäisch ausgeleuchtet war, was meine Kamera erkennbar überforderte.

Ich hatte noch versucht, mich zwischen Tisch und Sonne zu stellen, um irgendwie (siehe oben), aber das half nur begrenzt (so hat auch das Abnehmen seine (diesmal fehlenden) Schattenseiten.



Die Ente ließ sich also halbwegs retten (sie war nur gepfeffert und gesalzen worden und mit Äpfeln gefüllt). Gut, der Rosenkohl war eher Mus, aber jedenfalls ebenfalls nicht angebrannt.

Die Sauce. Ich dachte mir schon, daß die Äpfel eher nach dem schmecken würden, was man ganz früher in die Schaufenster der Geschäfte tat, wenn über das Dargestellte zwar nicht verfügte wurde, aber die Leute die Erinnerung daran nicht ganz verlieren sollten. Es war also eine Art von Pappmaché mit Geschmacksersatzstoffen.

Darum mußte für die Sauce eine andere Grundlage her. In Form von eingekochten Schwarzen Johannisbeeren und reichlich frischem Zitronensaft fand sie sich auch. Am Ende war im Grunde fast nichts passiert, und die ausgebliebene Katastrophe verschaffte dem Sonntag ein unerwartetes kleines Drama, das sich aber wohl verwinden lies.


nachgetragen am 28. September.

5 Kommentare:

DirkNB hat gesagt…

Gut, dass ich noch ein lates Fremdwörterbuch mein eigen nenne, manchmal stellen mich selbst deine Sonntagsessentexte vor Herausforderungen. ;-)
Die kleine Astronomiestunde lässt einem wirklich die Haare zu Berge stehen und danken, dass es dafür noch reicht. Die nicht kommode Konstellation hätte sie sicher restlos abgesengt.
Der hinreichende Schattenwurf will geübt sein. Wichtige Übungsgeräte sind alle Sachen, die lecker sind. ;-) Wobei die Ente eigentlich ganz gut aussieht. Schön mit Röstaromen. Vielleicht hilft da wirklich nur viel Soße. Was mich in gewissen Sinne an die Feierlichkeit des letzten Wochenendes erinnert, bei der ich als Trauzeuge anwesend war. Da gab es zwar keine Ente, aber einen Schweinekrustenbraten, der so pur zwar eine herrliche Kruste besaß (die rationiert wurde), aber doch auch etwas trocken war. Die Reste vom Braten standen nach dem Abendbrot noch längere Zeit auf dem Büfett, und ein paar Stunden später - Fetzen des Bratens hatten sich auf dem Boden des Bräters in der Soße angesammelt - war ein sehr wohlschmeckendes, wenn auch nicht genauer zu bezeichnendes Etwas daraus geworden. Pulled Pork, schön mit Bratensoße getränkt, stelle ich mir so vor.

MartininBroda hat gesagt…

So rede ich halt daher, wenn ich unkonzentriert bin, hat sich alles über die Jahrzehnte so eingeschlichen. Ja, die Beobachtung war gruselig, zumal das Mädchen wirklich sympathisch neugierig war, und der Kerl dazu, nun ja, vor allem das Gegenteil. Was nicht im Umkehrschluß bedeutet... Ich versuche eben etwas über Engelbert Humperdinck zu schreiben, der gestern vor vielen Jahren in Neustrelitz verstarb, ich hatte es versprochen, und gruselte mich gerade bei einem Knabenduo, das seinen Abendsegen sang. Also wenigstens in der Hinsicht bin ich doch sehr beisammen. Gut, das war jetzt ein wenig dunkelschwarz, aber es ist auch schon halb auf Zwölf.

Ich kann das ja noch versuchen, einfach das ausgelöste Rest-Entenfleisch in die wohl verwahrte Sauce tun, die übrigens wirklich überraschend gut war, was Frau Mutter nötigte, ihre beleidigte Miene beizubehalten, während die Vorräte gleichzeitig sichtlich schrumpften.

Stimmt, Du hattest ja wegweisende Hinweise zum Umgang mit Schweinekrustenbraten angekündigt. Aber das kann ich erst morgen, Humperdinck (da muß es auch mal einen gruseligen Entertainer gegeben haben, stört sehr bei der Suche) und Krustenbraten gleichzeitig, das kann ich gerade nicht.

DirkNB hat gesagt…

Na, dann hoffe ich mal, dass ich das richtig geschrieben habe, damit Du es finden kannst. Aber zumindest die Google-Suche ist ja in Grenzen fehlertolerant.

Der englischstämmige Schlagerbarde gleichen (Künstler-)Names - die Gleichheit zieht sich ja komplett durch - hat mit dem spätromantischen Siegburger wirklich nur den Namen und die Beschäftigung mit Musik gemeinsam, wenn man den Begriff "Musik" mal entsprechend weit auslegt. Andererseits war ja die Zeit eines Mozarts oder Beethovens zu ihrerzeit auch keine Klassik, sondern Popmusik. Den Begriff der Klassik gab es damals noch nicht, wie Hans Liberg zu sagen pflegte. Letztendlich wird man wohl nur in gefällig-einfach und komplex strukturiert anspruchsvoll unterscheiden können. Da hat es die Musik mit dem Wein gemeinsam.

Viel Erfolg noch mit Herrn Humperdinck.

MartininBroda hat gesagt…

Doch, war es. Wenn man es sucht, drängelte sich gleich Herr Jamie Oliver nach vorn. Ich weiß nicht, ob ich Geduld für 6 Stunden Kochen hätte, oder so. Nein, damals war die Klassik Popmusik; da kann man mal sehen, wo wir in den Zeiten von Helene Fischer und ihren Schürzenjägern hingeraten sind.

Der Humperdinck ist seit heute Vormittag fertig. Aber er ist heikel, ich will nicht sagen, Wagner für Arme, aber gerade seine Vokalsachen, wenn sie nicht mit sehr viel Sachkunde interpretiert werden, können sie furchtbar entgleisen.

Ich hoffe, mittlerweile sind wir ausgeschlafen. Um mal das Sanitäts-Schwestern-Sprech anzuwenden.

DirkNB hat gesagt…

Das Ausschlafen verschiebe ich mal auf den nächsten Urlaub, der sich allerdings schon am Horizont abzeichnet. Bis dahin kämpfe ich mich durch. ;-)

Nur 6 Stunden? Ich las schon Rezepte mit "über Nacht" u.ä. im Ofen garen. Und dann kommt ja noch die Marinierzeit hinzu. So ein Pulled Pork ist schon eine zeitintensive Sache. Wobei: es dauert lange, aber wenn es erstmal läuft, hat man ja wenig damit zu tun, außer, ab und an mal ein Auge drauf zu werfen.

Heikel sind beide Humperdincks, wenn auch aus unterschiedlichen Aspekten. Wobei ein Blick in die klassische Musik (im weiteren Sinne) mich ein wenig beruhigt, dass wenige Sangeskünstler bis heute überliefert sind, sondern meist nur die Komponisten/Schöpfer. Das filtert doch aufs angenehmste für die Zeit, in der die heutige Musik als "Klassik" bezeichnet wird.