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Montag, 10. Dezember 2012

Friedrich Franz von Mecklenburg

Friedrich Franz I., Großherzog von Mecklenburg, 
Gemälde aude dem Münster Bad Doberan,

Ganz allgemein gesprochen: Unterschiedslos Neuem nachzujagen, verrät einen Mangel an Urteil, Beständigkeit, Charakter und der Fähigkeit, Dinge von Wert zu erkennen, zu schätzen, im Notfalle folglich auch zu schützen.

Dies war ein Eigenzitat, ich weiß, derartiges ist peinlich. Aber es paßt zu gut, in positiver Umkehrung, auf einen unserer mecklenburgischen Herzöge, über den ich endlich einmal ein wenig mehr schreiben will (zumal das Mecklenburgische sowieso von mir sträflich vernachlässigt wird). Friedrich Franz I., ab 1785 Herzog und seit 1815 Großherzog von Mecklenburg (Schwerin) wurde am 10. Dezember 1756 ebendort geboren. Als Herzog folgte er einem frommen und kinderlosen Onkel nach, der zwar kunstliebend (also eben nicht von falsch-fromm talibanesischer Verdorbenheit), aber auch reichlich verklemmt war (so ließ er unbekleideten Gestalten auf Gemälden züchtig Wäsche aufmalen). Der Neffe war von anderer Art.

Man kann nicht sagen, daß er Charakterprüfungen ausgewichen wäre (obwohl er manchen als allzu geschmeidig und anderen als moralisch verderbt galt – zu viele Mätressen und folglich illegitime Kinder, die übrigens überwiegend ganz respektabel gerieten). So versuchte er zwar, was angesichts der Lage des Landes, dieses meist unbeachteten und doch alten Mecklenburgs, vernünftig war, sein Herzogtum während der Napoleonischen Aggressionen neutral zu halten, das heißt aber auch, daß er eben nicht dem Rheinbund beitrat, als ihm dieses noch Vorteile versprechen konnte. Wie so oft, tummelten sich andere auf mecklenburgischem Boden, ignorierten dessen Neutralität, und der Herzog mußte schließlich ins dänische Altona fliehen, am 8. Januar 1807. Die Herzogin verkraftete die Umstände der Flucht nicht und starb nur ein Jahr später.

Nach dem Frieden von Tilsit und der Fürsprache des Zaren konnte er zwar am 11. Juli zurückkehren (die Franzosen hatten sich mittlerweile an dem schadlos gehalten, was ihnen im Schweriner Schloß von Wert erschien, die Bevölkerung hatte weit anderes zu erleiden), doch um den Preis, sich dem Rheinbund doch noch anzuschließen, was vor allem bedeutete, er hatte dem „Kaiser“ Soldaten zu stellen, ganz Mecklenburg 2.300 Mann, von denen kaum einer zurückkehrte. Man vergißt gern, daß sich Napoleon seine Grande Armée großenteils aus deutschem Material zusammengeklaubt hat.

Aber es gibt dennoch eine hübsche Anekdote dazu: Ein Herr von Tarnow half unseren mecklenburgischen Truppen „Vive L'Empereur!“ zu schreien, als Napoleon sie inspizieren wollte: „Jungens! Kennt Ji'n oll Wief? - Jäwoll, Häleitnant! - Un kennt Ji'n oll Lamp? - Jäwoll, Häleitnant! - Un kennt Ji'n oll Rühr an 'ne Piep - Klor, Häleitnant! - Na denn raupt dat man quantwies nah'nanner:  Wief – Lamp – Rühr!“ Der Korse soll beeindruckt „Salut! Salut!“ geantwortet haben.

Friedrich Franz trat äußerst spät als letzter deutscher Fürst dem Rheinbund bei, mit dem sich seine Standesgenossen Napoleon dienstbar machten, und trat als erster am 14. März 1813 wieder aus, als die Chance, nicht die Gewißheit (!) zu bestehen schien, wieder etwas gegen diesen ausrichten zu können, rief am 25. März zu den Waffen und mußte prompt kurzzeitig noch einmal nach Stralsund flüchten. Seine Söhne kämpften dabei persönlich, dies war alles andere als ein diplomatischer Schachzug!

Blücher-Denkmal in Rostock

Ach übrigens, ein Held dieser Zeit, Gebhard Leberecht von Blücher, war Mecklenburger, vor der Universität steht sein Denkmal. Und dies kam so: Enthüllt wurde es am 26. August 1819, eine imposante Bronzefigur (barhäuptig, dramatisch gefalteter Mantel samt Löwenfell), mit bronzenen Reliefs auf dem Sockel. Nur verursacht hat es eine frühe „Zeitungsente“.

Im Hamburgischen „Unpartheyischen Correspondent“ stand am 22. Juli 1814, die Rostocker Kaufmannschaft habe bereits 2500 Taler gesammelt, um Blücher ein Denkmal zu errichten. Blücher reagierte gerührt: „Aus den öffentlichen Blättern ersehe ich, daß die von mir so innig geliebte Vaterstadt sich meiner erinnert. Ich finde nicht Worte, Ihnen, Hochverehrte Herrn, und den sämtlichen Einwohnern von Rostock meinen Danck so auszudrücken, wie ihn mein Herz fühlt.“

Der Rostocker Rat wandte sich verlegen überrascht, es war frei erfunden, an die beiden Herzogshäuser um Hilfe. Endlich wurde Johann Gottfried Schadow mit dem Entwurf beauftragt, Christian Daniel Rauch hat den Kopf zu verantworten. Und Goethe, der ja durchaus noch etwas gut zu machen hatte, dichtete auf Bitten des Rates:

In Harren und Krieg,
In Sturz und Sieg
Bewußt und groß,
So riß er uns von Feinden los.

Blücher, der der Einweihung gerade noch beiwohnen konnte, soll dabei ausgerufen haben „Mein Jott!“. Der (inzwischen standeserhöhte) Großherzog behandelte ihn stets mit Respekt, erhob sich gar, wenn dieser den Raum betrat, was zu der anrührenden Anekdote führte, daß, als Blücher einmal im Palais zu Doberan zu spät bei einem Festmahl erschien, die ganze Hofgesellschaft empor schnellte und der Feldmarschall nur kurz hervorknurrte: „Danke. Setzen!“.

Die Standeserhöhung: Die großherzogliche Würde erhielten beide mecklenburgische Herzöge auf dem Wiener Kongreß. Sie mußten sich also nicht eine „Würde“ bestätigen lassen, die anderen, etwa den Württembergern der Korse für ihre Dienste hingeworfen hatte. Friedrich Franz war auch einer der wenigen, die dort für die Wiederherstellung des deutschen Kaisertums eintraten, Aber dem standen offenkundig zu viele andere Interessen entgegen.

Friedrich Franz hatte einige Schicksalsschläge zu tragen, so starb der erstgeborene seiner Söhne, der Erbgroßherzog Friedrich Ludwig, bereits mit 41 Jahren. Und er hatte stets Mühe, der Ritterschaft Fortschritte abzutrotzen, so 1813 (und hier nicht von dauerhaftem Erfolg) die Judenemanzipation, 1820 die Aufhebung der Leibeigenschaft, 1823 eine Schulreform, die die Situation auf dem Lande teilweise besserte, 1824 die erste moderne psychiatrische Klinik im Norden Europas. Seit Ende der 1820er Jahre suchte er, mit dem Bau von Chausseen den sprichwörtlich schlechten mecklenburgischen Straßen aufzuhelfen. Ähnliches galt für die Wasserwege.

Man vergißt, daß die mecklenburgischen Herzöge gewissermaßen nur mit halbfreiem Arm fechten konnten. Sie waren von einer Verfassung gebunden, die dem häufig kurzsichtigen Eigensinn der Stände zu viel Raum gab und ihnen im Grunde nur die Rolle des größten Grundherrn im Lande beließ. Nicht allein, daß das Land arm war und häufig von außen drangsaliert wurde, ihre eingeschränkte Rolle als Landesherr machte jedes Fortschreiten zu einer mühseligen Sache.

1836 erhielt Schwerin ein Schauspielhaus, erbaut von Demmler. Entgegen der ursprünglichen Erwartung beließ er die Gründung seines frommen Onkels Ludwigslust als Hauptresidenz. Auch wenn er sich im Sommer lieber in Doberan aufhielt - mit Heiligendamm gründete er 1793 dort das älteste Seebad Deutschlands - um seiner Vorliebe für Pferderennen, Glücksspiel, Tanz und Jagden zu frönen. Aber dieser Eindruck von bloßer Leichtlebigkeit täuscht. So sorgte er sich um die Pflege der mecklenburgischen Altertumskunde und förderte die Rostocker Universität...

Er war gewissermaßen ein „Sammler der verlorenen mecklenburgischen Erde“. 1787 erreichte er von Preußen die Herausgabe der letzten vier seit 1731 verpfändeten mecklenburgischen Ämter Eldena, Marnitz, Plau und Wredenhagen für 172.000 Taler. 1803 erwarb der Herzog für 1.250.000 Taler die durch den westfälischen Frieden an Schweden gefallenen Stadt und Herrschaft Wismar nebst den Ämtern Poel und Neukloster zum vollen unbeschränkten Besitz auf 100 Jahre, mit der Bestimmung, daß Schweden nach Rückzahlung jener Summen mit Zins und Zinseszins zu 3 Prozent jene Landesteile hätte wieder einlösen dürfen. Bekanntlich kam es dazu aber nicht.

Am 24. April 1835 feierte er sein 50jähriges Regierungsjubiläum, am 1. April 1837 starb er und ist in Doberan im Münster begraben. Manche haben ihm seinen Lebensstil vorgehalten, andere hielten ihn für nicht erfolgreich genug. Nun, über das erste mögen andere richten, aber, was das zweite angeht, so hat er mit seinen Möglichkeiten in den vertrackten mecklenburgischen Verhältnissen einiges zustande gebracht, nicht von ungefähr war er zu Lebzeiten enorm populär und gilt zu recht als einer der bedeutenderen Gestalter unter den mecklenburgischen Fürsten.

Georg David Matthieu: 
Friedrich Franz und sein Gouverneur von Usedom, 1767

nachgetragen am  12. Dezember

Montag, 1. Februar 2010

Hofmannsthal & über Stimmen &



Ich hatte kürzlich einfach so aus dem Blauen heraus auch an Hugo von Hofmannsthal erinnert, nun, heute wäre sein Geburtstag, er wurde geboren in Wien am 1. Februar 1874.

Hugo von Hofmannsthal

Reiselied

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.

Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.

***

Vorfrühling

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Er hat sich gewiegt,
wo Weinen war,
und hat sich geschmiegt
in zerrüttetes Haar.

Er schüttelte nieder
Akazienblüten
und kühlte die Glieder,
die atmend glühten.

Lippen im Lachen
hat er berührt,
die weichen und wachen
Fluren durchspürt.

Er glitt durch die Flöte
als schluchzender Schrei,
an dämmernder Röte
flog er vorbei.

Er flog mit Schweigen
durch flüsternde Zimmer
und löschte im Neigen
der Ampel Schimmer.

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Durch die glatten
kahlen Alleen
treibt sein Wehn
blasse Schatten

und den Duft,
den er gebracht,
von wo er gekommen
seit gestern nacht.



Aber da ich heute noch einiges anderes erwähnen wollte, soll es bei diesen beiden Gedichten bleiben.

Daß hier scheinbar zusammenhanglos 2 Videos zu Schuberts „Du bist die Ruh“ erscheinen, hat einen ganz bestimmten Grund. Jemand, der hier nicht unbekannt ist, hat sich die Mühe gemacht, einiges an Schubert-Liedern auf seiner Website zusammenzutragen und ich war so unverschämt, mir daraus eine Playlist zu basteln, sie heißt „Schubert nach Aue“ und findet sich eben dort hinter dem Link.

Es fasziniert mich immer aufs Neue, wie unterschiedlich dasselbe Lied von verschiedenen Sängern vorgetragen entgegengetreten kann. Mit oberflächlicher oder begeisternder Brillianz, selbstverliebtes Dahingeknödel gegenüber tiefem Ausdruck, fortreißende oder flache Dramatik, asketische Hingabe an das Wort oder nachlässigste Sprache, seltsam. Ganz zu schweigen von Tempo, Phrasierung oder der Art der Begleitung. Oft denkt man, es seien gänzlich unterschiedliche Stücke. Das ist nicht unbedingt ein Kommentar zu den versammelten Liedern, eher ein genereller. Lieder sind wirklich ein Spiegel der Seele des Vortragenden, solange er denn des technischen Handwerks mächtig ist. Natürlich ändert sich auch der Zeitgeschmack, gerade das Stück ganz oben von Elisabeth Schumann spiegelt durchaus vergangene Vorlieben wieder. Aber um etwas emotional zu enden, gerade bei dieser Interpretation hatte ich bei den Zeilen „Dies Augenzelt / Von deinem Glanz / Allein erhellt, / 0 füll es ganz!“ das Gefühl einer Begegnung mit überirdischer Schönheit.


Heiligendamm um 1841 Salon und Badehaus
hier gefunden

Noch etwas Mecklenburgica, wo ich schließlich derzeit in Mecklenburg lebe und dort auch geboren wurde: Friedrich Franz I., ab 1785 Herzog und seit 1815 Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, starb am 1. Februar 1837 in Ludwigslust. Zu seinen Verdiensten zählt, daß er 1803 Wismar, Poel und Neukloster für Mecklenburg von Schweden zurückgewann (eine Spätlast des 30jährigen Krieges). Erst spät trat er dem Rheinbund bei, diesem „Bund“, mit dem sich deutsche Fürsten von Napoleon dienstbar machen ließen, dafür trat er als erster am 14. März 1813 wieder aus, als die Chance bestand, wieder etwas gegen diesen ausrichten zu können. Und dann gründete er mit Heiligendamm das älteste Seebad Deutschlands im Jahre 1793.

Und endlich sollte ich demnächst unbedingt etwas zu Sophie Charlotte, der ersten der preußischen Königinnen und vermutlich von diesen die gebildetste, schreiben, sie war eng mit Leibniz befreundet und starb am 1. Februar 1705. Das Schloß Charlottenburg in Berlin ist nach ihr benannt.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Geschichtsvarianten


"City Hall stands in front of Newspaper Row
- the former publishing headquarters of The World (left),
The Tribune (center)
and The Times (right) in downtown Manhattan, circa 1906.
Behind the New York Times building is the American Tract Society."


Ich gestehe, es gibt so kleine Momente, wo ich gegenüber der amerikanischen Gemütsstruktur wieder ein wenig mißtrauisch zu werden beginne. Der Abriß bedeutender Bauwerke etwa, aus nichtigem Grund. Hier hat es das auch gegeben, das ist zuzugeben, aber da hat man wenigstens als Entschuldigung zur Hand, daß es kulturlose Kommunisten waren oder ebenso barbarische Nachkriegsarchitekten & „Stadtplaner“, die ihre kleine Kulturrevolution durchzogen. Man kann also wenigstens sagen, in dem Jahrhundert ging es drunter und drüber, da wurde ständig irgendetwas Unerfreuliches nach oben gespült.

Aber dort doch eigentlich nicht, es ging alles seinen mehr oder weniger erschütterungsfreien Gang nach dem Bürgerkrieg, wenn man von der Große Depression einmal absieht. Wie ich darauf komme, nun wie ich gerade lese, wurde am heutigen Tage im Jahre 1890 das „New York World Building“ fertiggestellt, ein Wolkenkratzer in New York City für die Zeitung „The New York World“, von 1890 bis 1894 der höchste Wolkenkratzer der Welt, 1955 für eine Auffahrt zur Brooklyn Bridge abgerissen. Und ich muß sagen, das Gebäude scheint so übel nicht gewesen zu sein. Man ist wirklich versucht zu sagen, letztlich war „Amerika“ doch auch nur einer dieser „Gegenentwürfe“.

Ganz im allgemeinen gesprochen: Unterschiedslos Neuem nachzujagen, verrät einen Mangel an Urteil, Beständigkeit und der Fähigkeit, Dinge von Wert zu erkennen, zu schätzen, im Notfalle folglich auch zu schützen. Ich denke und hoffe, daß das Gegenteil davon die europäische Weltsicht, früher hätte man gesagt abendländische Weltsicht ist oder sein sollte, vielleicht etwas zu antiquarisch, aber sei es drum.



Meine Bemerkungen im letzten Jahr zu Friedrich Franz I., Großherzog von Mecklenburg, geboren am 10. Dezember 1756, waren zweifelsohne eher armselig. Er ist nun einmal eine der Gestalten, die mit dem Land verbunden sind, in dem ich lebe, ein eher unbeachtetes, aber altes Land, dieses Mecklenburg.

Man mag vorläufig Näheres über ihn hier nachlesen, vielleicht fällt mir morgen noch etwas Gescheites ein, warum an ihn erinnern sollte, die Bücher dazu liegen vor meiner Nase, ich müßte nur endlich hineinschauen.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Friedrich Franz I.




Mein Enthusiasmus für dieses alte Land Mecklenburg war früher sicherlich größer, das ist nicht so sehr erfreulich, man sollte das Land immer noch lieben können, in dem man geboren wurde. Vielleicht ein Tribut an die Zeit, außerdem war die in Rede stehende Person das Haupt des gerade anderen Teils, denn so sehr das Land sich in seinen Grenzen über Jahrhunderte kaum verändert hat, wurde es doch immer wieder in verschiedener Weise geteilt, um dennoch ein Ganzes zu bleiben, zuletzt gab es also die Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz, in dem ich zur Welt kam, und das andere, Mecklenburg-Schwerin.

Zu dessen bedeutenderen Gestalten zählt zweifelsohne Friedrich Franz I., Großherzog von Mecklenburg, der am 10. Dezember 1756 geboren wurde.