Samstag, 28. Juni 2014

Vidovdan

Martyrium des Hl. Vitus

Herr Roloff hat für einen anderen Ort einen Text geschrieben, den ich nicht nur hier bringen wollte, sondern auch noch mit ein paar einleitenden Bemerkungen versehen. Ich wähnte mich gut eingestimmt durch eine Veranstaltung vom Freitag zuvor im Gelben Saal der Orangerie namens „Am Vorabend des 1. Weltkrieges“ (eine Mischung aus Gedenk- und Nachdenkveranstaltung anläßlich des Attentats von Sarajewo, u.a. mit einem Vortrag von Dr. Lippert, einer Lesung aus Feldpostbriefen Ernst Jüngers durch einen Herrn Stelzhammer und musikalischer Begleitung). Abgesehen davon, daß der Abend überraschend eindrücklich war (die Lesung etwa machte die Stimmung der Zeit verstörend lebendig), kommt einem so natürlich auch wieder einiges in den Sinn, man liest und beobachtet, ist verärgert oder erstaunt..., nur um am Ende festzustellen, daß sich das, was man vielleicht zu sagen hätte, selbstredend nicht in eine Einleitung packen läßt. Also folgt nun, mit großer Verspätung, Herr Roloff.

Trauerzug des Erzherzogs Franz Ferdinand d´Este

Worte aus der Kirche

„Er wird der Friede sein!“

In der ganzen slawischen Welt und besonders in Serbien wird heute der Heilige Veit verehrt. Der wegen seines Glaubens schwer verfolgte Mann der frühen Kirche ist einer der vierzehn Nothelfer. Bei den slawischen Völkern verschmolz mit seinem Bild auch die Erinnerung an Svantovit, den Kriegsgott der vorchristlichen Zeit, woraus sich vielleicht der besondere Rang des Heiligen erklärt.
1389 ereignete sich an diesem Tag auf dem Amselfeld eine der Abwehrschlachten gegen die Türken. Die in ihrer Folge einsetzende Legendenbildung formte aus ihr einen serbischen Nationalmythos, der sich bis in die Gegenwart hinein erhalten hat. Der Veits-Tag oder Vidovdan wurde geradezu zum patriotischen Gedenktag und zum Ausdruck auch des Panslawismus, wie er sich im 19. Jahrhundert ausprägte.
Es war darum 1914 auch nicht zufällig der 28. Juni, an dem die tödlichen Schüsse in Sarajewo fielen. Serbische Attentäter ermordeten den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand d´Este und seine Gemahlin die Herzogin Sophie von Hohenberg, deren Besuch in der Stadt sie am Vidovdan als Provokation ansahen. Aus diesem Anschlag entspann sich eine verhängnisvolle diplomatische Krise, an deren Ende der Ausbruch des Weltkrieges stand.  10 Millionen Tote waren zu beklagen, als die Waffen 1918 wieder schwiegen. Fast noch verhängnisvoller als der Krieg selbst war aber dann die Unfähigkeit der Sieger, wirklichen Frieden zu schließen. Durch den Versailler Vertrag, den die Vertreter des Deutschen Reiches 1919 wieder an einem Vidovdan unterzeichnen mussten, wurde bereits das Feuer an die Lunte gelegt, die zur endgültigen Katastrophe führen sollte.
Aber gerade darum ist dieser Tag vielleicht besonders gut geeignet, um einen der wesentlichen Aufträge der Kirche in Erinnerung zu rufen, der im steten Gebet für den Frieden liegt. Der Prophet Micha hat verkündet: „Er wird der Friede sein!“ Dadurch wurde uns ein Hinweis gegeben auf den Charakter des Friedensfürsten, den der in Christus gekommene Erlöser der Welt haben würde. Es bleibt eine der schwersten Anfechtungen der Kirche, dass sich Völker feindlich gegeneinander stellen ließen, die doch im christlichen Glauben miteinander verbunden sind. Wünschenswert wäre es, dass sich Zeit fände, um der beiden ersten Opfer des Weltkriegs zu gedenken und um für den Frieden unter den Völkern zu beten.
Thomas Roloff

nachgetragen am 30. Juni

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