Montag, 4. August 2014

Sonntag &




Auch Katzen können irren. Es muß immerhin interessant gerochen haben, denn sie saßen um uns herum, absprungbereit wie, fast hätte ich gesagt, lebende Raketen, aber das wäre doch zu frivol in diesen Zeiten. Das Wetter war wankelmütig, aber immerhin erschien es auf der schattigen Terrasse erträglicher als drinnen.

Und das Essen zeichnete sich vor allem dadurch aus, daß mehr als eine Sache gründlich daneben ging, nun ja. Doch von Anfang an: Wir konnten uns einmal mehr nicht einigen. Manche finden ihr größtes Vergnügen in der Wiederkehr des Immer-gleichen, anderen ist schnell langweilig. Und da wie aus der Pistole geschossen auf meine Anfrage die Antwort „Schweinebraten“ kam, brachte ich einen Schweinelachsbraten mit, aus dem, wie ich erfuhr, eine Art Gulasch gemacht werden sollte. Offen gestanden hatte ich diesmal wenig Neigung zum Kochen, insofern war mein Gegenprogramm -  Steak, Rumpsteaks genauer gesagt, auch nicht die grandioseste aller Ideen (aber eine nützliche, wie sich später herausstellen sollte).


Und so geschah es also. Vor sich hin frierender Restrotkohl aus länger zurückliegenden Tagen wurde zu zwei Pasteten verarbeitet, dazu kam noch frischer Rotkohl. Hier nun allerdings begann das erste Malheur. Frau Mutter war mit ihrem Part soweit fertig, ich stellte mich endlich widerstrebend an den Herd und warf gleich viel zuviel Nelken und Wacholderbeeren in den Rotkohl (ich muß mit meinen Gedanken völlig woanders gewesen sein).

Meine Zögerlichkeit war auch der Hauptgrund, warum es dann erneut auf 3 Uhr nachmittags hinauslief, wo regulierte Deutsche anfangen, Kaffee zu trinken. In dieser falschen freudigen Erwartung fanden sich folglich ein - die älteste Bewohnerin des Hauses und der Eigentümer desselben - die uns trotzdem weiter Gesellschaft leisteten, ohne etwas essen zu wollen, allenfalls tranken sie ein wenig mit, eine weise Entscheidung.


Nur die Stimmung von Frau Mutter war natürlich getrübt, zum einen genierte sie sich, nach ihrer Gewohnheit zu essen. Und dann kam noch etwas hinzu, sie aß etwas, was ihr gar nicht schmeckte. Sie hatte bei ihrem Gulasch eigentlich nicht allzu viel falsch gemacht, nur, was mir mit den Nelken passierte, geschah ihr mit einer Instantbrühe. Mit anderen Worten, sie hatte überreichlich die Hilfe von Knorr, Maggi & Konsorten in Anspruch genommen, nach der Devise, viel hilft viel (nein, tut es nicht).

Und nun kommt die kathartische Wendung, ich wollte das alles eigentlich eher übergehen: Heute gestand sie ein - nachdem ich sagte, ich hätte beim Abdecken einen Löffel probiert, es wäre eher grauslich gewesen -  es habe ihr auch nicht geschmeckt, sie habe diese Pulver früher immer gern genommen, wahrscheinlich hätte ich ihr über die letzten Jahre den Geschmack, sprich das Vergnügen daran verdorben. Immerhin!


Ich selbst war mit Steak und Weißkraut- /Tomatensalat leidlich zufrieden (die Pasteten übergehen wir einfach). Aber wie gesagt, angesichts des Wetters hätte ich auf alles auch gut verzichten können. Außerdem ist man ständig übermüdet, weil man so unerquicklich schläft. Das rächt sich dann an unerwarteter Stelle.



Ich war am späten Nachmittag noch zu einem Orgelkonzert in der Stadtkirche, nur um eine Stunde lang gegen das Einschlafen anzukämpfen, der Dame vor mir, die ich kannte, sagte ich nach dem Ende, ich hoffte, ich hätte nicht zu laut geschnarcht, natürlich in der Erwartung, beim Kampf gegen das Einschlafen Sieger geblieben zu sein. Nach dem giftigen Blick zu urteilen, den ich darauf erhielt, irrte ich hier, ich habe der vorzüglichen Interpretation dann wohl doch ein paar klangliche Facetten beigefügt, die das Ganze nicht unbedingt bereichert haben dürften, hm.

Ach übrigens die Katzen, die uns ja weiter belagert hatten: Als eine derselben anfing an Rosenblättern zu knabbern, hörte ich, solche komischen Katzen habe sie noch nie erlebt. Das mag sein. Es gab eine Steigerung. Als ich nämlich die Sessel zur Sicherheit abgedeckt hatte, spielte der jüngere Kater mit einer Regenschutzplane und riß sie schließlich herunter, ein großes raschelndes Geräusch war die Folge, alles flüchtet (schließlich mögen Katzen keine lauten Geräusche), bis auf den Übeltäter selbst, der nutzte die Situation aus, daß der reichlich gefüllte Futterplatz nun frei von Verwandten war, und ließ sich dort seelenruhig nieder.


nachgetragen am 5. August

4 Kommentare:

DirkNB hat gesagt…

"Musik genieße ich immer mit geschlossenen Augen"
"Nur schnarchen dürfen Sie nicht so dabei."
Wieder mal herrlich zu lesen! Ich fühle mich sehr gut unterhalten.

Und dabei dann auch noch die Erkenntnis bestätigt, dass nach einer Glutamatentwöhnung einem die künstlichen Brühen u.ä. auch nicht mehr schmecken ... So muss es sein.

MartininBroda hat gesagt…

Wir freuen uns immer, wenn wir behilflich sein konnten.

Ich denke tatsächlich auch, daß das ein reiner Gewöhnungsprozeß ist. Merkwürdig für mich, daß man bei nichtkünstlichen Gewürzen und Kräutern gar nicht so schnell überwürzen kann (wenn man einmal von Salz oder etwa Nelken z.B. absieht). Das mag dann z.B. sehr scharf ausfallen, aber es ist immer noch eßbar. Doch dieser reine sog. "Maggi"-Geschmack ist wirklich nur gruselig.

DirkNB hat gesagt…

Es gibt schon einige Gewürze, mit denen man es übertreiben kann, aber meist ist die Zunge da toleranter. Nelken sind ein typisches Beispiel, für mich gehören aber auch Oregano/Majoran, Basilikum und Koriander dazu. Dafür bin ich mittlerweile bei Chili/Cayenne etwas toleranter. ;-)
Aber da ist wohl jede Zunge auch wirklich anders.

MartininBroda hat gesagt…

@DirkNB In der Tat, mit Oregano/Basilikum bspw. hatte ich nie Probleme, bei Cayenne geht es bei mir eher weniger darum, ob ich den Geschmack im allgemeinen für passend halte, sondern ob ich ihn konkret auch auszuhalten vermag.