Wiederseh'n
Guten Abend! - ei, sieh' da,
Lieber Mond, da bist du ja!
Sag', wo warst du nur geblieben?
Hast du dich umhergetrieben?
Gar so dunkel war es hier,
Und ich sehnte mich nach dir.
Seit wir uns zuletzt geseh'n,
Lieber Mond, ist viel gescheh'n,
Tante kam, uns zu besuchen,
Da gab's Wein und Apfelkuchen,
Bruder Max hat sich die Hand
An der Ofentür verbrannt,
Und der Bob, Großvaters Hund,
Ist schon wieder ganz gesund.
Lieber Mond, da schlägt es acht,
Ich geh' schlafen - gute Nacht!
Komm doch aber, bitte sehr,
Morgen Abend wieder her.
Seefahrer
Ade, mein Schiffchen, ade!
Wir fahren hinaus in die See,
Wir fahren noch heut' nach Amerika,
Doch morgen früh sind wir wieder da.
Ade, mein Schiffchen, ade!
Ade! Wir fahren hinaus,
Das Segelchen spannen wir aus,
Dann bläst der Wind uns über das Meer
Und bläst von drüben uns wieder her.
Ade, mein Schiffchen, ade!
Ihr Diener! Da bin ich zurück,
Ich hab' mich gerettet zum Glück,
Mein gutes Schiff ist im Weltmeer versunken,
Beinah', beinah' wär' auch ich ertrunken.
Ade, mein Schiffchen, ade!
Ein Krokodil und ein Elefant
Und ein großmächtiges Stück Zuckerkand
Die waren verladen auf meinem Schiff,
Doch das ging unter am Felsenriff.
Ade, mein Schiffchen, ade!
Hans, der Singsang.
Ich bin der Hans, der Singsang,
Triliere den ganzen Tag lang
Und tanze und springe dazu,
Vom Morgen, wenn in der Frühe
Hinaus ich treibe die Kühe,
Bis abends ich gehe zur Ruh'.
Wie sollt' ich auch nicht singen,
Wie sollt' ich nicht tanzen und springen
Und lustig und fröhlich sein!
Zu Hause sitzen die andern,
Ich darf auf die Wiese wandern,
Des lieben Tages mich freu'n.
Und strömt der Regen hernieder,
Ich singe getrost meine Lieder
Und mache mir nichts daraus.
Gewiß scheint die Sonne schon morgen,
Sie hat sich nur heute verborgen
In ihrem himmlischen Haus.
Aus „Für Frohe Kinderherzen“ - Kinderreime von Elise Maul (*1844, illustriert von A. Holm, Leipzig, o. J.) habe ich gelegentlich bereits etwas gebracht und wiederhole: Das Büchlein verfügt über einen ganz eigenen Charme und ist unter der Oberfläche mitunter gar nicht so oberflächlich.
Für gewöhnlich vergesse ich, daß nicht jeder leicht Fraktur zu lesen vermag, daher habe ich den Text diesmal nachgestellt.
nachgetragen am 19. Dezember
4 Kommentare:
Einer der letzten Gedanken Deinerseits ist sicher mehrfach zu unterstreichen und durchaus auch auf manchen Menschen, nicht nur auf das Buch (oder auch andere) anzuwenden: Unter der Oberfläche ist manches gar nicht mehr so oberflächlich. Letztendlich besteht Oberflächlichkeit nicht immer nur im Ausübenden sondern auch im Betrachter.
Zum eingangs erwähnten Mond fällt mir immer nur ein Vierzeiler ein, den ich mal irgendwo aufschnappte (und vermutlich schon mal irgendwo hier verkommentierte):
Der Mond ist aufgegangen,
Klein Julchen fragt mit Bangen
die Lehrerin:"Nanu,
macht ihn denn keiner wieder zu."
Dieser höhere Blödsinn in Anlehnung an ein Original (Claudius?) stammt, wenn ich es richtig erinnere, von Hansgeorg Stengel.
Gehört hab' ich das auch schon mal, müßte suchen. Es sind ja geradezu epigrammatische Geschichten (es gibt da ein schönes Fremdwort dafür, das mir gerade nicht einfällt, wenn eine Situation oder menschliche Grunderfahrung gewissermaßen vollständig auf einem Blatt Papier beschrieben wird). Ja Claudius (der mit den Dänen, kam hier schon vor).
Ach und jetzt habe ich fast schon wieder ein schlechtes Gewissen wegen der kleinen Stichelei zum letzten Sonntag.
Stichelei zum letzten Sonntag? War ich da beteiligt? ;-)
Nur beiläufig schusselig.
Kommentar veröffentlichen