Montag, 18. Februar 2013
Über das Recht und die Bäume
Unschudig gelesen klingt das, was in § 823 Abs. 1 BGB steht, wie die reine Vernunft:
„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“
Aber am Ende ist das Recht auch nur ein Geflecht des Agierens, dessen sich Menschen bedienen, respektabel, solange es sich mit Vernunft beschränkt, weniger, wenn es aus Maßstabslosigkeit und Beschränkungsfreiheit zum frei metastasierenden Fluidum wird, das alles belegt und oft auflöst, ein Handlungsvorwand, der dann von bedeutungsvergewissernden Akteuren exekutiert wird.
Eines der Monstren, das aus dem obigen Paragraphen herausgezogen wurde, ist die sogenannte „Verkehrssicherungspflicht“. Das heißt, um uns Umwege zu ersparen, wenn jemand etwa in Besitz eines Baumes dessen Wachstum zuläßt, muß er sich auch dessen gewiß sein, daß der ab einem gewissen Zeitpunkt jemandem auf den Kopf fallen könnte, bei Sturm etwa, und dann - siehe oben. Das „Recht“ eben meint, nicht nur diese Gefährnisse steuern zu können, nein, zu müssen.
Wenn jemand nun seinen Berufszweck eben daraus bezieht, und (noch) viele Bäume vorhanden sind und die Ermessenabwägung kaum begrenzt wird (von wem?), kommen Bilder wie obige zustande, an diesem Montag aufgenommen (geschrieben einen Tag später, ich mußte das Ganze etwas sacken lassen). Erstaunlicherweise hatte sich also ein ganzer Haufen Bäume am Ufer des Sees verabredet, eben zum gleichen Zeitpunkt morbide zu werden, das klingt logisch, nicht wahr?
Ich kam an derselben Stelle einige Tage vorher vorbei (ohne Kamera), ein vernünftiger Waldarbeiter hielt mich kurz auf, die Sägeorgie war gerade zugange. Als ich ihm (etwas kürzer und mit leicht anderen Worten) das obige entgegnete, gab er mir nicht nur recht (das hätte leicht opportunistisch geklungen). Er erklärte mir auch, wie man es hätte anders machen können und welch schlimmere Dinge er schon hätte ausführen müssen. Aber der gute Mann mit seinem praktischen Sachverstand und ich mit meiner Fassungslosigkeit mußten da halt vor freilaufenden Experten zurückweichen.
Aber kürzer ließe diese Stadt sich auch kaum beschreiben.
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5 Kommentare:
PETA doesn't want us to interfere with animals. Extending immunity to plants takes it one step further. But then there are already those who want us to leave the rocks alone.
Franz Kießling:
Bäume
Im Böhmerwald, im Harz, in den Vogesen
sind ihrer viele, die ich noch nicht sah
und nimmer sehen werde. Doch ihr Wesen
ist mir im Baum vor meinem Fenster nah.
Noch steht der Wald, den ich als Kind bewundert,
und scheint nicht älter, als er damals schien.
Mich ändert jedes Jahr. Und dies Jahrhundert
wird mich begraben irgendwo bei Wien.
Vielleicht schon morgen unter Rauch und Trümmern,
ganz ohne Abschied, ohne Grabgeschenk.
Das wird die Welt der Bäume nicht bekümmern,
sie ist nicht meinesgleichen eingedenk.
Wer bin ich dann? - Ich habe kein Vermächtnis,
das meinen Namen hier unsterblich macht.
Doch wär ich gern in eines Baums Gedächtnis,
so wie ich seinesgleichen gern gedacht.
Ihr alle, die ihr meine Liebe hattet:
ich hab die Bäume fast wie euch geliebt.
O wär mir stets für euch ein Trost gestattet,
wie ihn der Schatten eines Baumes gibt.
@ Prof Aue „Ich kann nicht leugnen, daß mein Vertrauen in den Charakter meines Nachfolgers einen Stoß erlitten hat, seit ich erfahren habe, daß er die uralten Bäume vor der Gartenseite seiner, früher meiner, Wohnung hat abhauen lassen, welche erst eine in Jahrhunderten zu regenerirende, also unersetzbare Zierde der amtlichen Reichsgrundstücke in der Residenz bildeten. Kaiser Wilhelm I., der in dem Reichskanzlergarten glückliche Jugendtage verlebt hatte, wird im Grabe keine Ruhe haben, wenn er weiß, daß sein früherer Gardeoffizier alte Lieblingsbäume, die ihres Gleichen in Berlin und der Umgebung nicht hatten, hat niederhauen lassen, um un poco più di luce zu gewinnen. Aus dieser Baumvertilgung spricht nicht ein deutscher, sondern ein slavischer Charakterzug. Die Slaven und die Celten, beide ohne Zweifel stammverwandter als jeder von ihnen mit den Germanen, sind keine Baumfreunde, wie Jeder weiß, der in Polen und Frankreich gewesen ist; ihre Dörfer und Städte stehn baumlos auf der Ackerfläche, wie ein nürnberger Spielzeug auf dem Tische. Ich würde Herrn von Caprivi manche politische Meinungsverschiedenheit eher nachsehn als die ruchlose Zerstörung uralter Bäume, denen gegenüber er das Recht des Nießbrauchs eines Staatsgrundstücks durch Deterioration desselben mißbraucht hat.„
Bismarck in seinen Memoiren
@Naturgesetz There was a reason I don't wanted to answer this at first. You were gallop down the wrong direction away, so to speak. Thinking like a certain Peta-like way is kind of fascism, no doubt. But this wasn't the point here. But to chop down ancient trees which gave the landscape its character, without having any reasonable reason is despicable.
That's the problem when one understands a language very imperfectly. I had imagined that the trees in question had reached a stage where there was a danger that they'd fall over or drop branches on people. Obviously it's foolish to cut down perfectly healthy trees that are causing no problems and creating no danger.
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