Montag, 1. April 2013

Oster - Montag



Ich denke, mein kleiner Nachtrag zum Ostersonntagsessen wird warten müssen, ich kann froh sein, wenn mir bei diesem hier nicht die Augen vor dem Beenden zufallen; es wird gerade nächtens geschrieben übrigens.

Der an diesem Platz bekannte Herr Roloff hat Ostermontag in St. Nikolai zu Potsdam gepredigt, darum hatte ich mich einmal erneut aufgerafft, dort hinzufahren. Und ich muß sagen, ich habe wieder gelernt, warum mir diese Kirche so nah geworden ist. Das ist natürlich auch der dortigen Gemeinde zu danken. Ein Ort, an dem man neben anderem eine Idee bekommen kann, wie sich eine wieder geeinte Kirche anfühlen könnte.

Herr Roloff als Gastprediger gab erneut seinen Beitrag dazu. Man muß dazu erklären, daß die nachfolgende Predigt, die er nahezu so auch gehalten hat, den ganzen Kirchenraum würdig und sehr ernst, vermahnend und nicht eben leise ausfüllte. Den für einen Ostermontag durchaus ansehnlich versammelten Andächtigen kroch die Zerknirschung sichtbar ins Gewissen. Aber da er die Möglichkeiten einer würdig lutherischen, genauer gesagt, kräftig gesungenen Liturgie (einschließlich von Evangelium und Vaterunser z.B.) ebenfalls vorstellte, gab es ein abmilderndes, nein nicht Gegengewicht, sondern das sich scheinbar Ausschließende fügte sich zusammen, und am Ende geriet alles in die rechte Ordnung. Das dazu.



Die Bilder sind erkennbar mäßig, oben St. Nikolai von außen, dann innen, tatsächlich erzeugen die Wandbilder der Apsis einen ungewohnt warmen wie zeitlosen Farbstrom, den ich so noch nirgendwo wiedergefunden habe.

Aber wir geraten ins Räsonieren. Mit dem Neubau des Schlosses habe ich heute wohl meinen Frieden gemacht, manchmal genügt eben schon eine Fassade, wir werden bescheiden. Es schloß sich übrigens ein sehr langer Spaziergang an, der erst im Krongut Bornstedt endete, über Friedenskirche, Schloß Sanssouci etc. etc.



Und mir ging wieder auf, wie schönheits- und geistesgesättigt Potsdam doch immer noch ist. Da kämpft der nicht nur ästhetisch sich frei gebende Geist eines Friedrich II. etwa mir den „spätrömischen“ Gegenantworten Friedrich Wilhelm IV.






Ein Stein gewordnener Kampf der Geister. Und bei diesem Mausoleum winkt sogar von sehr fern ein wenig Osgiliath. Doch es folgt endlich Herr Roloff:



Predigt zum Ostermontag 2013

Die Gnade und der Frieden unseres auferstandenen Herrn seien alle Zeit mit euch!

Liebe Gemeinde,

der Predigttext findet sich beim Propheten Jesaja im 25. Kapitel:
Jes 25, 8-9

Er wird den Tod verschlingen ewiglich; und der Herr, HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben alle Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat's gesagt. 
Zu der Zeit wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf den wir harren, und er wird uns helfen; das ist der HERR auf den wir harren, daß wir uns freuen und fröhlich seien in seinem Heil.

Liebe Gemeinde,

diese beiden Verse sind Bestandteil der großen Jesaja-Apokalypse. Bereits dadurch werden wir daran erinnert, dass die Osterereignisse, die wir feiern, eine apokalyptische Dimension haben.

Was aber ist eine Apokalypse? Wir haben es uns angewöhnt, darin die Verkündigung des Weltuntergangs, mindestens einer Zeitenwende zu sehen, wir erwarten ein Gericht und den Anbruch der Gottesherrschaft. Eine ganze Fülle von Schriften befasst sich mit dem Ende der Geschichte. Zweifellos hat die Apokalypse auch mit all dem zu tun. Erfasst das alles aber, was uns das Wort Apokalypse eigentlich sagen will?

Apokalypse meint ganz wörtlich die Entschleierung. Hier ist von einem Vorgang der Neubegegnung die Rede, weil etwas, das zuvor verschleiert und dadurch verborgen war, nun offenbar geworden ist.

In unserem Abschnitt des Jesajabuches ist zuvor von den Hüllen und Decken die Rede, durch die Nationen und Völker verhüllt und bedeckt sind. Gott selbst tritt nun aber heran, nimmt diese Trauerschleier, Hüllen und Decken fort und wischt die Tränen von allen Angesichtern ab.

Was für ein Gottesbild wird uns hier vorgestellt? Nicht Gott enthüllt sich, sondern er kommt als Tröster zu uns, enthüllt unsere Gesichter und wischt unsere Tränen von unseren Augen. Gerade darin aber offenbart auch er sich als der machtvolle Herr, der alle Schmach seines Volkes aufhebt. Der Beginn der Gottesherrschaft ist es, dass uns der Trauerschleier abgenommen wird und wir getröstet werden. Gott offenbart sich also gerade darin, dass er an uns handelt wie ein liebender Vater.

Wenn wir noch einen Moment der Bedeutung der Apokalypse nachgehen, dann werden wir vielleicht auch gewahr, dass der Tod insgesamt so etwas ist, wie eine scheinbar undurchdringliche Hülle, eine Mauer, die uns von Gott trennt. Wir können versuchen, den Tod als einen Schleier zu verstehen, der uns hindert, Gott zu sehen.

In der Apokalypse, wie Jesaja sie erwartet hat, soll dieser Schleier weggenommen werden, und Gott verschlingt den Tod ewiglich. Das allein schon ist eine gewaltige Hoffnung, weil sie aller Erfahrung widerspricht, und dennoch hat das Volk Israel diese Hoffnung bewahrt, wenn auch nicht ganz unbestritten. Immer gab es auch die Schule jüdischer Gelehrter, die die Auferstehung ganz ablehnte.

Mit Christus aber ist die Erfüllung aller Hoffnung in die Wirklichkeit getreten. Der Gott des Lebens wollte nicht mehr verborgen sein, und er hat sich unser ganz angenommen.

Die entscheidende und die ausdruckstärkste Apokalypse ist darum auch die des leeren Grabes. Das Grab steht offen, es ist nichts mehr da, was unseren Blick hindert. Die Apokalypse, die Enthüllung des Grabes, sagt unmissverständlich: Er hat den Tod verschlungen! Was Jesaja nur hoffen konnte und ahnend beschrieben hat, das sehen wir erfüllt, das Grab ist leer.

Das Mittelalter kannte noch den schönen Brauch, Passion und Ostern ähnlich sinnlich vorzuspielen, wie es uns noch mit der Weihnachtsgeschichte ganz vertraut ist. In vielen Kirchen gab es darum auch heilige Gräber, in die Christus am Karfreitag symbolisch bestattet wurde und die man am Ostermorgen den Gläubigen leer zeigte. In Gernrode im Harz ist am Karfreitag das älteste Heilige Grab nördlich der Alpen wieder eingeweiht worden. Wir können uns an dieser mittelalterlichen Frömmigkeit wieder deutlich werden lassen: Der Glaube fand seine Bekräftigung im Schauen des leeren Grabes.

Jesaja konnte nur hoffen und beschreibt die gewaltigen Umwälzungen, die er erahnt, freudig und dankbar. Es zeichnet die Jesaja-Apokalypse aus, dass sie nicht durch das Grauen geprägt ist, sondern durch das Glück, das die Endzeit bringt.

Nun ist mit Christus die Endzeit gleichsam in unsere Mitte und in die Zeit hineingetreten. Der Tod ist nicht mehr derselbe, seit Christus ihn erlitten hat. Die aus der Hoffnung erwachsene Freude, von der Jesaja spricht, sollte unvergleichlich sein zu der unseren, die wir auf das leere Grab schauen können.

Nun frage ich uns: Ist sie das? Geht wahrhaft überschwängliche Freude von der christlichen Kirche aus und entzündet die Menschen?

Wenn das nicht so ist, könnte es nicht an unserer Unentschiedenheit liegen? Der Glaube nämlich stellt uns immer vor ein Entweder-Oder von Selbstsicherheit oder Vertrauen auf Gott. Wir stehen im Glauben vor dem Entweder-Oder von auferstandenem Herrn und den Todes-Erfahrungen dieser Welt. Wir stehen immer vor dem Entweder-Oder von Wahrheit und Irrtum.

Darum gibt es auch keinen Mittelweg zwischen Auferstehungsglaube und dem Atheismus. Der Atheismus aller Zeiten war immer in seinem Kern eine Todessehnsucht, und der moderne Atheismus unserer Zeit ist dies in einer besonders aggressiven Form.

So wünschenswert es also ist, dass alle Menschen zum Glauben finden, darf uns diese Hoffnung nicht dazu verleiten, nur die Teile des Glaubens zu verkünden, die in der Gegenwart gerade gut ankommen. Der Auferstehungsglaube, unsere Sakramente, überhaupt die Stimme der Kirche in der Welt, sind nie nur eine Chance für die Menschen, sondern stets auch eine große Herausforderung. Darum muss der Glaube zwar immer auch in der Sprache und unter den Bedingungen der Gegenwart verkündet werden. Er muss aber vor allem in jeder Zeit überhaupt erst einmal behauptet werden. Das leere Grab ist das Zentrum dieses Glaubens. Es war für die Welt in allen Zeiten ein Ärgernis, uns aber ist es die Ursache unseres österlichen Jubels. Das Bekenntnis zum leeren Grab eint die Familie Christi.

Die Apokalypse des Jesaja mündet in ein großes Festmahl, zu dem der Herr alle Völker ruft und in dem er sie speist, versöhnt, tröstet und stärkt.

Als Christen dürfen wir im Heiligen Abendmahl schon ganz von dieser Gnade kosten, ihn erkennen, wie die Jünger von Emmaus ihn im Mahl erkannten und wirklich an unserem auferstandenen Herrn Anteil nehmen.

Johannes berichtet uns in seinem Evangelium, dass aus der durch den Landsknecht geöffneten Seite Jesu Wasser und Blut strömten. Immer hat die Kirche darin den Ursprung der beiden Grundsakramente erkannt. Bereits am Kreuz, in seinem Sterben erweist sich Jesus als der Lebendige, der sich an die Welt – an uns – verschenkt. Taufe und Abendmahl verschaffen uns eine unverschleierte und damit geradezu apokalyptische Gemeinschaft mit unserem Gott, den wir als Schöpfer der Welt verehren und der durch das Heilswerk seines Sohnes alles vollendet hat.

Kraft der unserer Kirche anvertrauten Autorität und in der Gemeinschaft mit den Zeugen aller Zeiten verkünde ich euch: Der Herr ist auferstanden.

Amen

Der Friede des Auferstandenen bleibe alle Zeit bei euch! Amen

3 Kommentare:

Walter A. Aue hat gesagt…

"Der Atheismus aller Zeiten war immer in seinem Kern eine Todessehnsucht, und der moderne Atheismus unserer Zeit ist dies in einer besonders aggressiven Form."

Ein interessanter Gedanke, aber ich kann die Logik dahinter nicht sehen. "Todessehnsucht" war geschichtlich bei Gruppen zu finden, die Goetter oder Gott jenseits des Lebens zu finden glaubten und dies manchmal auch mit (oft Gruppen)selbstmord bezeugten.

Ich koennte mir eher vorstellen, dass ein Atheist, der an der Nichtexistenz Gottes als sein Glaubensprinzip festhaelt, sich soviel des Lebens zu freuen und seine Gueter zu geniessen versuchte wie moeglich.

Denn fuer SEINEN Glauben ist ja mit dem Sterben alles aus: Woher also Sehnsucht nach dem Tod?

Anonym hat gesagt…

Es ist christlicher Glaube, dass das Leben nicht nur eine Erscheinung in der Schöpfung sondern durch Gott das eigentliche Urprinzip der ganzen Schöpfung ist. Gibt man diesen Glauben auf, dann macht man damit auch den Tod zum Herren über alles Leben, man unterwirft sich ihm, auch wenn man zuvor noch das Leben nach Kräften auszuplündern versucht, und es garade darin gleichsam bereits zu Lebzeiten zusätzlich entwertet. Die Frage ist also, wen man zu seinem Herren erwählt. Wählt man den Tod, dann nenne ich eben das Atheismus.T.R.

Walter A. Aue hat gesagt…

@ Anonym

Danke fuer's Kommentieren!

Atheismus als Glaube, als quasi Religion.

Je mehr ich darueber nachdenke, umso mehr Sinn liegt darinnen. Ein (und nur ein) verpflichtender Glaubenssatz. Daher auch die "Agressivitaet", die sie erwaehnen.

Psychologisch ist das interessant, vor allem wenn man bedenkt, wie die Atheisten ueber die Agnostiker herziehen...