jetziger Zustand der Himmelsscheibe von Nebra (ca. 1600 v. Chr.)
Rekonstruktion der Himmelsscheibe von Nebra
Ich muß noch die Weihnachtspredigt nachtragen, die Herr Roloff am Heiligen Abend hielt. Er hat dafür eine Sensation aus seinem Bundesland herangezogen, die sog.
„Himmelsscheibe von Nebra“, die als die älteste bekannte konkrete Himmelsdarstellung der Menschheit bezeichnet wird und mindestens 3600 Jahre alt ist, möglicherweise auch deutlich älter. Ich habe deshalb die beiden Abbildungen beigefügt. Es ist schon seltsam, da liegt so ein Artefakt Jahrtauende mehr oder weniger unversehrt im Boden, und dann kommen Raubgräber und hacken darauf herum beim „Schätzesuchen“. Aber so ist diese Menschheit nun einmal, eine Generation erschafft den Pergamonaltar, nachfolgende brennen sich aus den Überresten Kalk für ihre Hütten.
Es wird gleich noch ein weiterer Nachtrag folgen, darum nur soviel, die übrigen Bilder stammen aus den letzten beiden Tagen, genauer gesagt sind die rosalich eingefärbten vom frühen Morgen des 24.
Weihnachtsansprache 2013
Die Gnade und der Frieden des Kindes in der Krippe sei alle Zeit mit Euch!
Liebe Gemeinde,
vor wenigen Wochen war ich mit Freunden und unseren Kindern gemeinsam in der Arche Nebra, in der Nähe des Fundortes der Himmelsscheibe. Das Spektakuläre dieser Sternenkarte ist, dass sie uns ahnen lässt, wie die Menschen der Vorzeit begannen, sich die Welt zu erklären. Im Rahmen einer großartigen Animation, die vor allem für die Kinder sehr eindrucksvoll war, wie man ihren Reaktionen entnehmen konnte, wurde anschaulich, wie Menschen Schritt für Schritt, in allem was sie umgab, eine Ordnung entdeckten, von der Saat und Ernte, Jahreszeiten und der gesamte Gang der Dinge bestimmt sind.
Die über 4000 Jahre alte Himmelsscheibe gibt als ältestes Zeugnis der Menschheit davon Kunde, wie diese Entdeckung auch das Leben der Menschen durchdrungen und verändert hat. Sie ist tatsächlich die erste Himmelsdarstellung, die wir von uns Menschen kennen. Vermutlich war ihr Gebrauch den Schamanen, oder heidnischen Priestern vorbehalten, die in einem eigens hergerichteten Observatorium den Lauf der Sterne, vor allem den Stand der Plejaden, bestimmten und auf diesem Wege wohl sogar in der Lage waren, Mond und Sonnenjahr zu synchronisieren.
Sie lagen mit dieser Leistung vielleicht sogar noch vor den babylonischen Sterndeutern, denen sie lange zugeschrieben wurde. Dadurch wurde es möglich, die Aussaattermine zu verbessern und die Ertragswahrscheinlichkeiten, in einer von Ackerbau und Viehzucht abhängigen Gesellschaft, zu erhöhen. Letztlich hing davon das Überleben der Gemeinschaft ab. Es wundert also nicht, dass diese Fähigkeit zur Himmelsbeobachtung als ganz große Gabe angesehen und mit großem Aufwand bewahrt wurde.
Warum erzähle ich das alles in dieser Weihnachtszeit?
Ich erzähle es, weil ich der festen Überzeugung – oder muss ich sagen des Glaubens bin – dass uns mit dem Geburtsfest Jesu Christi etwas ganz Ähnliches geschenkt ist, wie den Menschen der Vorzeit durch die Himmelsscheibe.
Wir müssen dieses Fest dazu allerdings für einen Augenblick von all dem entkleiden, was uns zuweilen den Blick auf sein Wesen verstellt. Ich meine damit wirklich alles, was wir oft bereits ganz unbewusst unternehmen, um den Alltag, das normale Leben, die vielen Probleme und Lasten, das Leid und unsere Schmerzen, auch unsere Trauer zu verdrängen, sie wenigstens durch vielen süßen Schmuck ein paar Tage zu verhängen. Wir tun das, obwohl wir Erwachsenen zumindest doch ganz genau wissen, dass es nicht gelingt.
Die Menschen der Bronzezeit machten die ihnen noch sehr magisch vorkommende Erfahrung, dass die Kenntnis und die Beobachtung der inneren Prinzipien des Weltenlaufs ihrem Leben förderlich sein konnte. Es verbesserte die Ernten gewöhnlich, wenn man sich an diese Regeln hielt und dem Lauf von Zeiten und Sternen aufmerksam folgte.
Wir wiederum erfahren durch das Wunder der Weihnacht Gottes Weise, mit der Welt zu handeln. Die mit der Menschwerdung Gottes in Gang gesetzte Erlösung ereignet sich ganz und gar als neue Schöpfung. Die Menschwerdung Gottes ist Gottes eigene Antwort auf die Schöpfung des Menschen durch Gott. Hier erst verbindet er sich ganz und endgültig seinem Werk. Lag es zuvor noch immer im Bereich des Vorstellbaren und des zu Fürchtenden, dass Gott seine gefallene Schöpfung wieder zu Nichts hinwegrafft, dann kann dies nach der Geburt seines Sohnes nicht und niemals mehr geschehen, denn er hat sich ja nun selbst dieser Schöpfung und seinem Geschöpf ganz und gar verbunden.
Gottes Sohn ist Mensch geboren! Dieses alles verkündet und feiert die Kirche in vollkommenem Einklang mit dem Lauf von Sonne, Mond und allen Sternen. Nicht zufällig waren es Sterndeuter aus dem Morgenland, die zu den Ersten gehörten, die nach dem Kinde suchten. Nicht zufällig feiern wir das Geburtsfest Jesu im Zusammenhang mit der Wintersonnenwende, denn es wird wieder Licht. Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht und über denen, die da wandern im finsteren Tal, scheint es hell.
In diesen heiligen Tagen gibt Gott seinen Plan von der Welt, von seiner Schöpfung kund. Und in unserer Weise es zu feiern, kann für alle Menschen das Wesen der Schöpfung sichtbar werden, wie auf einer großen Himmelsscheibe, die nun aber nicht mehr von einigen wenigen Auserwählten als geheimes Wissen bewahrt, sondern der ganzen Welt öffentlich vor Augen gestellt wird. Nicht auf eine bronzene Scheibe durch Goldeinlegearbeiten, sondern in die Welt selbst schreibt Gott mit diesem Fest seinen Willen ein.
Die erste Botschaft der Weihnacht ist nun wieder und wieder das „Fürchtet euch nicht!“. Fürchte dich nicht, sagt der Engel bereits zu Zacharias, dem Vater des Täufers und Vorläufers des Herrn. Fürchte Dich nicht, das sagt der Engel auch zu Maria, deren Glaube die entscheidende Antwort auf den Heilswillen Gottes ist. Nur durch diesen Glauben konnte sie den Herren empfangen. Fürchtet euch nicht, wird zuletzt auch den Hirten verkündet.
Mit der Geburt Jesu Christi ist uns aller Grund zu wirklicher Furcht genommen, denn Gott lässt und verlässt seine Geschöpfe nun nimmermehr, denn er hat unser Menschsein gleichsam in sein Gottsein hineingezogen.
Die zweite Botschaft des Festes liegt nun darin, dass uns Gott mit diesem ganzen Geschehen nicht überwältigt, sondern die Dinge sich wirklich unter uns abspielen. Hier handelt Gott nicht einfach an Menschen, unser Gott handelt mit uns Menschen. Darum nimmt die Heilige Familie so einen zentralen Platz in dieser Geschichte und in unserem menschlichen Leben ein. Die Treue, die wir uns in unserer Familie bewahren ist dieselbe, die wir Gott entgegenbringen. Darum geben wir uns unsere Versprechungen an den wesentlichen Punkten des Lebens vor dem Altar, weil wir hier wie Maria bekunden, dass wir nur leben können, was wir auch glauben. Treue ist gerade darum auch immer der Wille zur Wahrheit. In der heiligen Familie, in dem was Menschen tun, wird die Botschaft der Weihnacht bewahrt und weitergegeben.
Zuletzt aber öffnet und verkündet sich Gott durch seine Fleischwerdung der ganzen Menschheit. Er wendet sich nicht mehr an das eine oder das andere Volk, sondern an alle Menschen. Darauf dürfen wir vertrauen und in dieses Vertrauen auch unsere Nöte, Lasten und alles Schwere des Lebens mit hinein nehmen. Wir müssen uns keine heile Welt vorspielen, sondern können aus der Freude über die Geburt des Herrn in der gefallenen Welt fröhlich sein. So wird aus dieser Gewissheit unser ganzes Leben neu. Die Himmelsscheibe zeigte den Menschen den Weg von Sonne, Mond und Sternen. Im Geburtsfest unseres Herrn und Erlösers ist der ganzen Menschheit der Weg Gottes mit seiner Schöpfung aufgezeichnet.
„Fürchtet euch nicht! Denn siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren, welches ist Christus der Herr.“ Amen
Die Gnade und Liebe des Kindes in der Krippe bleibe nun für alle Zeit bei Euch!
Amen
Thomas Roloff
nachgetragen am 25. Dezember