Sonntag, 6. März 2016

Laetare

San Paolo fuori le Mura

Ich wurde kürzlich gescholten, daß kaum noch Geistliches hier zu finden wäre, nun anderes auch immer weniger, möchte man hinzufügen.

Der vormalige Papst hat einmal an das Gebet vor der Kommunion erinnert. Damit der ursprüngliche Gehalt genau zum Vorschein komme, müßten wir dabei die alte Formulierung vor der Liturgiereform bedenken.

Da heiße es: „Herr ... schau nicht auf meine Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche.“ Es sei wichtig, daß das Gebet ein Ich-Gebet war: Man verstecke sich nicht in der grauen Masse des „Wir“. Der Beter sei persönlich gemeint, er müsse in den Bekehrungsakt zurückkehren und seine eigene Schuld schmerzlich gerade in diesem großen Augenblick, im Angesichte des zum Gotteslamm gewordenen Erlösers erkennen.

Wichtig sei dann, daß die Kirche voraussetzte, daß jeder Eucharistie Feiernde Grund habe, solches zu sagen. Das Gebet wäre bis zur Reform sogar in erster Linie ein Priestergebet gewesen: der Papst habe es sprechen müssen, ebenso wie die Bischöfe, alle Priester, alle Teilnehmer an der Eucharistie. „Dieses Wort ist also gerade nicht den Abständigen, den Exkommunizierten oder sonstwie nicht im Kern der Glaubensgemeinschaft Lebenden zugedacht, sondern eben denen, die sich auf die Kommunion vorbereiten.“

Kommunizieren heiße, sich neu dem Feuer Seiner Nähe und damit dem Anspruch der Bekehrung auszusetzen. Glaube sei seinem Wesen nach Mitglauben mit der Kirche: „Im Akt des Glaubens werden wir Kirche und von ihr empfangen wir überhaupt diesen Akt. Weil es so ist, ist sie 'deine Kirche' und nicht 'unsere Kirche'. Alles, was bloß 'unsere' Kirche ist, ist nicht im eigentlichen Sinne Kirche. Ihr Wesen ist Relation, Zugewandtheit zum Herrn, Zugehörigkeit zu ihm.“

Daran mußte ich denken als ich zum Sonntag Lätare, der mitten in der Passionszeit schon deutlich auf Ostern hinweist, nach etwas Tröstlichem bei unserem Vater Luther suchte. Der Glaube findet also seinen Halt in denen, die vor einem geglaubt haben. Das ist der Sinn und der Beistand der Tradition. Das ist nicht alles, aber doch schon eine ganze Menge. Es ist auch nicht ganz das, was Benedikt XVI. im Sinn hatte, aber man ahnt vielleicht die Verwandtschaft. Es folgt also Luther, ungekürzt (!).

Martin Luther als Currendeknabe vor Frau Cotta

Predigt am Sonntag Lätare 

Darnach fuhr Jesus weg über das Meer an der Stadt Tiberias in Galiläa. Und es zog ihm viel Volks nach, darum daß sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich daselbst mit seinen Jüngern. Es war aber nahe Ostern, der Juden Fest. Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, daß viel Volks zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, daß diese essen? (Das sagte er aber, ihn zu versuchen; denn er wußte wohl, was er tun wollte.)
Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Groschen Brot ist nicht genug unter sie, daß ein jeglicher unter ihnen ein wenig nehme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so viele?
Jesus aber sprach: Schaffet, daß sich das Volk lagert. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich bei fünftausend Mann. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie den Jüngern, die Jünger aber denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, wieviel sie wollten. 
Da sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, daß nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die übrig blieben denen, die gespeist worden.
Da nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da Jesus nun merkte, daß sie kommen würden und ihn haschen, daß sie ihn zum König machten, entwich er abermals auf den Berg, er selbst allein.
Johannes 6, 1-15

Dieses ist von den Evangelium eines, darum unser lieber Herr Christus seine Christen lehrt, wie sie ihm trauen sollen, daß er sie nicht Hungers sterben, sondern durch seinen Segen ihnen alles genug schaffen wolle, was sie bedürfen. Darum ist eine solche Predigt, welche die Geizigen, die nichts anderes können, denn auf ihren Nutzen denken, nicht wert sind, daß sie es hören, viel weniger, daß sie es glauben sollen. Denn sie hören wohl, wie der Herr hier durch seinen Segen ein großes Wunderwerk getan habe; aber sie wollen es dazu nicht kommen lassen, daß er es mit ihnen auch tun möge. Darum geizen sie, und stellen sich immer so, als könnte oder wollte Christus solch ein Wunder mit ihnen nicht tun, sondern müßten sich selbst versorgen und alles bedenken, sonst möchten sie verloren sein. Mit solchen Leuten hat Christus nichts schaffen.

Die aber, die sich an sein Wort halten, tröstet er hier, nicht mit Worten, sondern mit dem Werk, er wolle ihnen zu essen schaffen; auf das wir ja nicht zweifeln, noch denken sollen, wie wir uns ernähren, sondern unser Herz und Vertrauen auf Christum stellen. Solcher Glaube wird uns nicht fehlen. Denn da will Christus bei uns sein, und das Vermögen zu uns bringen, wo gleich nicht mehr denn fünf Brote da sind, daß er es doch so segnen will, daß fünf Tausend Mann, ohne Weib und Kind, sollen satt werden, und dazu noch weit mehr überbleiben, denn im Anfang da gewesen ist. Denn zuvor war kaum ein halber Korb voll Brod da; und bleiben doch zwölf Körbe mit Brocken davon über.

Das ist die Summe der Lehre des heutigen Evangeliums: Wir sollen fromm sein, und dem Wort Gottes mit Fleiß nachgehen wie diese Leute hier, und glauben: so will Gott dafür sorgen, daß wir Essen kriegen und Nahrung finden. Wie man in der Geschichte hier sieht, daß ob sie gleich nicht alle fromm sind, weil doch etliche rechte, fromme Herzen darunter sind, und mehr daran denken, wie sie zum Wort kommen können, denn essen, daß der Herr für sie sorgt, und schafft ihnen ohne ihre Gedanken, daß sie auch zu essen haben. Als wollte er sagen: Mein lieber Mensch, lerne und suche am ersten das Reich Gottes, höre mein Wort, glaube an mich, und tue mit Fleiß, was dir zu tun in deinem Stande befohlen ist; so lasse mich für das Übrige sorgen. Bist du nicht reich, so will ich dir doch genug schaffen. Denn Gold, Silber, Geld, Steine kannst du ja nicht essen, es muß Brot sein, daß aus der Erde wächst. Ob du nun aus der Erde das Brot nicht bekommen kannst, weder Haus noch Hof, Acker noch Garten hast: glaube nur und folge mir nach, du sollst Brot genug haben.

Dies erfährt man und sieht ist täglich vor Augen. Ein armer Schüler, der fleißig und fromm ist, aus den kann Gott wohl einen großen Doktor machen. Eine arme Dienstmagd, die gottesfürchtig ist und ihrer Herrschaft treu dient, der schenkt Gott einen frommen Mann, gibt ihr Haus und Hof. Von diesen Beispielen sieht man täglich viel, wie Gott armen Leuten hilft. Dagegen die, so Gott nicht fürchten, sein Wort nicht achten, und sonst auch untreu und nicht fleißig sind, müssen arme Bettler bleiben, und können ihr Lebelang auf keinen grünen Zweig kommen.

Darum ein böser Bube, der nicht fleißig lernen, böse, mutwillig und untreu sein will, der soll wissen, daß ihn unser Herr Gott gehen läßt, in einen Krieg, wo er vielleicht erstochen oder erschossen wird, oder einen Henker oder sonst einen schlechten Menschen werden läßt. Also eine Magd, die nicht gottesfürchtig sein, sich nicht züchtig halten, nicht gehorsam sein, die läßt Gott in Sünde und Schande fallen, daß ihr Lebelang nichts aus ihr wird. Dieses ist dann rechter verdienter Lohn. Warum sind sie nicht fromm, und glauben an Christum, folgen seinem Wort? So würde Christus bei ihnen sein, und sagen: laß mich sorgen, wie ich dich empor hebe, zu Ehren bringe und reich mache.

Das also dies Evangelium uns lehrt an Christum glauben, daß er uns erhalten und genug geben wolle, wenn wir nur fromm sind, auf sein Wort sehen, und mit diesen Leuten hier demselben nachgehen, und etwas darum wagen und leiden. Denn das Werk, daß der Herr hier übt, ist gleich als eine Predigt, als wollte er sprechen: Bist du gottesfürchtig fromm, läßt dir sein Wort lieb sein, so will ich dir zu essen geben, ich will dich nicht verlassen, ich will ganz gewiß etwas aus dir machen. Wo du aber nicht fromm sein willst, mein Wort verachten, oder sonst dich unrecht verhalten, und du dann ein Bettler bleibst; diese Schuld ist dann niemand andere als deine eigene. Oder, ob du schon reich wirst, so mußt du doch zum Teufel, und soll dir dein Geld und Gut nicht helfen. Daß es also so beschlossen sein soll: Wer Gottes Wort verachtet, und nicht tun will, was Gott sagt, da will Gott wiederum nicht tun, was er gern hätte und wohl bedürfte.

Solches will der Herr hier uns lehren, daß er mit fünf Broten 5000 Mann, die zu ihm in die Wüste gegangen, mit Weib und Kind speiset, denn an Weib und Kindern sind auch wohl noch bei 5000 gewesen; die haben alle genug und bleibt auch noch viel über. Das heißt nicht mit Worten predigen, wie er bei Matthäus 6,33 tut, als er spricht: " Suchet am ersten das Reich Gottes, so soll euch das andere alles zufallen "; sondern mit der Tat. Als wollte er sagen: Ich bin reich und kann dich wohl nähren; siehe nur du zu, sei fromm, halte dich an Gottes Wort und folge ihm: dann laß mich sorgen, wo du zu essen findest. Das ist die Lehre vom Glauben, so viel wie uns im heutigen Wunderwerk vorgetragen wird.

Aber neben solcher Lehre und Trost sind hier zwei Stücke, welche der Evangelist besonders anzeigen will: das erste, daß der Herr die Jünger fragt wie sie über ihn denken; das andere, daß er sagt sie sollen die Brocken aufheben, und will nicht, daß etwas vergebens umkomme.

Soviel nun die Jünger Philippus und Andreas betrifft, sieht man, was die Ursache ist: obgleich der Herr durch solchen wunderbaren Segen und zum Glauben reizt, daß dennoch solcher Glaube nicht richtig voran kommen will. Denn es fehlt uns an allen, woran es auch den Jüngern hier fehlt, daß wir nur dahin sehen, wieviel wir bedürfen. Wieviel aber Christus mit seinem Segen geben könne, da können wir nicht hinsehen.

Philippus schätzt die Zahl ziemlich genau. Er sagt: Man müsse für 200 Pfennig Brot haben, wenn ein jeder nur ein wenig haben soll. Das ist nach unserer Rechnung heute nicht viel Geld, doch war es damals für die mehr als 5000 Menschen, dazu Weib und Kinder, keine kleine Menge an Geld, auch hat Philippus nicht übermäßig viel Brot für alle gerechnet, sondern nur so viel das der gröbste Hunger gestillt würde. So hat Philippus die Rechnung auch fein und gut gemacht, genau wie wir, denn was wir für unseren Haushalt in einer Woche oder einem Jahr brauchen, daß können wir schnell überschlagen. Aber wenn wir sehen, daß nicht genug Geld da ist, werden wir darüber traurig und kleinmütig, und denken, wir müssen von Haus und Hof lassen, oder gar des Hungers sterben.

Also geht es mit Andreas auch: der sieht, wie der Herr dem armen Volk gern helfen will, zeigt deshalb an, es sei ein kleiner Vorrat da, als, fünf Brote und zwei Fische. Als er aber an den großen Haufen, an so viel hungrige Bäuche denkt, ist ihm solcher Vorrat, gleich als wäre nichts da. Was soll das, spricht er, unter so viel? Läßt also wegen seiner Rechnung den Glauben fallen und denkt, es ist dem Volk hier nicht zu helfen.

Das ist nun der allgemeine Mangel, den wir noch heute, nicht allein der Nahrung wegen, sondern auch sonst in allerlei Nöten und Anstößen fühlen, daß wir die Rechnung immer machen können, was wir bedürfen, was uns nötig wäre, daß uns Rat geschafft und geholfen würde. Wenn es aber nicht alles da ist, wie wir es gern hätten, so haben wir von solcher Rechnung nichts anderes, denn Unmut und Traurigkeit. Und es wäre viel besser, wir ließen es Gott machen, und dächten nicht daran, was wir bedürfen. Da würde dann nur ein Mangel sein, wenn sich die Not finden würde; und wir mit unseren Sorgen nicht weiter können. Weil die Sorgen über uns herrschen, fressen und nagen uns die Gedanken vor der Not auf, die doch alle vergebens sind. Denn wir werden uns nie reich denken noch sorgen. Wir können uns wohl krank, elend, toll und töricht denken und sorgen, wie man in täglichen Beispielen sieht.

Weil nun unsere Vernunft gar nicht anders kann, denn genau rechnen, und dahin sehen, was wir bedürfen, und solches dem Glauben ganz entgegen ist, hat der Evangelist solches nicht verschweigen wollen, auf das wir an der Jünger Beispiel lernen sollen, wie solche Rechnung so ganz und gar falsch und vergebens ist. Der Vernunft nach denken Philippus und Andreas recht, und es ist unmöglich, daß ein vernünftiger Mensch anders denken könnte, oder eine bessere Rechnung machen. Aber wir Christen haben nicht allein Vernunft, sondern haben auch das Wort Gottes. Sollen darum nicht allein genau rechnen, sondern auch gewiß Glauben können. Und wenn wir mit der Rechnung nicht zurecht kommen können, da sollen wir uns an das Wort und an den Glauben halten.

Denn siehe, was ein Christ für einen Speisemeister und Haushalter hat an dem Herrn Jesus Christus. Wir können nicht mehr und nicht länger geben, als wir etwas haben. Aber da sagt Johannes von Christus: Er gab vom Brot und Fischen, nicht wie viel da war, sondern wieviel er wollte. Da denke nicht, daß er es allein damals getan habe und wolle es nun nicht mehr unter seinen Christen tun. Denn wie zuvor gemeldet, sehen wir Beispiele dieses Segens auch heute alle Tage: nicht allein mit der Nahrung, daß Gott armen, dürftigen, geringen Leuten, die ihn fürchten und sein Wort lieb und wert haben, Nahrung gibt und noch viel weiter hilft; auch in anderen Nöten, daß er Rat schafft über und über. Denn er ist allmächtig, und hat uns Hilfe und Rettung zugesagt.

Darum liegt es nur allein daran, wo uns die Rechnung fehlt, daß wir uns an den Glauben und an das Gebet halten, und uns darüber trösten, daß wir einen solchen Gott haben, der nicht allein einen kleinen Vorrat durch seinen Segen größer macht, wie er der Witwe zu Sarepta Mehl und Öl wunderbar und unverhofft mehrte: sondern er kann auch wohl aus nichts alles machen. Diesen Trost sollen wir wohl merken, und wie Christus in Matthäus 6 sagt, dahin besonders trachten, daß wir am ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen. Das andere, was wir zu unserem Unterhalt bedürfen, da sollen wir unseren Vater im Himmel für sorgen lassen, der will es den Seinen, wie der Psalm 127,2 sagt, schlafend geben, das ist, sie sollen den Segen haben, und doch nicht wissen, wie und wo er herkommt auch; wie es auch hier zugegangen ist. Denn es ist ein solches Wunderwerk gewesen, daß das Brot und die Fische unter den Händen dem Herrn Christus gewachsen sind, wenn er ein Stück in zwei Teile gebrochen, und den anderen Teil von sich gegeben hat, ist dasselbe Teil noch einmal so groß geworden. Solches wollte der Herr uns gern in die Augen und Herzen bilden, daß wir doch lernen möchten ihm zu trauen, und nicht allein die Rechnung nach dem machen, daß wir vor Augen sehen oder dem Vorrat haben.

Wir sehen, wie jämmerlich es jetzt überall in der Welt steht. Der Türke feiert nicht, komt immer näher zu uns. Wir aber wachsen von Tag zu Tag, je länger je mehr in Uneinigkeit, nehmen dazu an Leuten und am Geld ab. So feiert der Papst auf der anderen Seite auch nicht, der ist unserem Evangelium so feind, als der Türke der Christenheit. Darum ist kein Aufhören bei ihm und seinem Haufen, nehmen sich immer etwas anderes vor, wie sie die rechte Lehre dämpfen und die alte Abgötterei wieder aufrichten können. Wenn nun ein Christ solch einen Handel sieht, bleibt die Anfechtung nicht aus; Vernunft fängt an zu rechnen und der Sache nachzudenken, sucht Mittel und Wege, wie der Sache wohl zu helfen sei. Weil sich aber Mittel und Wege nicht finden, ist es unmöglich, daß nicht ein Herz darüber betrübt werden sollte, und darüber verzweifeln, als müßte es alles zu Boden gehen und brechen. Weil aber solche Anfechtung nicht ausbleibt (denn Fleisch und Blut kann anderes nicht, wenn wie seine Art ist), so sollen die Christen lernen, wo die Rechnung nicht stimmt, daß sie sich an das Wort halten, und anfangen zu glauben.

Was sagt aber das Wort? Also, was sollen wir in solcher Not glauben? Das sollst du glauben, daß Christus die Welt überwunden hat, und daß die Pforten der Hölle seine Gemeinde nicht überwältigen sollen, Matthäus 16,18.; " die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Gebet ", Psalm 34,16; " wer ist, der euch kann Schaden tun, so ihr dem Guten nachkommt? Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig ", 1. Petrus 3,12-14. " Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen; die Ungerechten aber zu behalten zum Tag des Gerichts, zu peinigen ", 2. Petrus 2. 9; wie Petrus auch hier mit dem Beispiel des frommen Lot zu Sodom beweist.

Wer also Gottes Wort und Zusagung vor sich nimmt und fest darauf baut, dem wird die Rechnung, auch wenn sie ihm fehlt, nicht kleinmütig machen können, noch in Verzweiflung bringen. Denn er sieht einen Herrn über sich, der mitten unter seinen Feinden herrsche, und Lust dazu hat, wo man seinem Wort nicht weichen und seine Christen nicht zufrieden lassen will, daß er seinen Namen und Macht alsdann an seinen Feinden beweise, und alles zu Boden stößt, was sich gegen ihn auflehnt; wie er Pharao und den Ägyptern getan hat. Also kommt man durch die Hilfe des Wortes dahin, daß man Hoffnung haben kann, wo gleich keine Hoffnung ist. Denn Vernunft, weil sie keine Hilfe sieht, muß verzagen. Aber das Wort, das zeigt eine gewisse Hilfe, sofern wir nur an dem Wort treu halten, fromm bleiben und Gott anrufen. Wer aber gottlos ist, in Sünden und bösen Gewissen lebt, und dennoch sich auf Gottes Zusagung, mit welchem er die Frommen tröstet, verlassen wollte, der hat weit gefehlt.

Das ist nun der Mangel hier an den Jüngern, daß sie wohl fein rechnen können; sie wollen aber nicht glauben noch sehen, was für einen Herrn sie an Christus haben. Sonst würde Philippus gesagt haben: " Für 200 Pf Brot ist nicht genug, daß ein jeder unter ihnen ein wenig nehme "; aber Gott Lob, daß wir dich bei uns haben, mein lieber Herr Jesus; denn durch deinen Segen und Hilfe, obwohl wir keinen Pfennig haben und in der Wüste sind, wollen wir doch genug Brot haben; denn du kannst eine Kunst, die andere Menschen nicht können. Andreas würde auch also gesagt haben: " Es ist ein Knabe hier, hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische "; wenn ich es austeilen sollte, so würde es kaum für zehn genug sein; aber wenn es durch deine Hand geht, so werden diese alle zu essen genug haben, und wird noch viel überbleiben. Solches würde das Wort durch den Glauben sie gelehrt haben. Weil aber Wort und Glauben durch das genaue Rechnen verschwunden ist, sieht man, daß sie keine Zuversicht zum Herrn haben, daß der hier raten könne. Darum heißt es also: Willst du ein Christ sein und kannst dein Rechnen nicht lassen, so nimm das Wort vor dich, halte fest daran und lerne ihm glauben; sonst ist dir nicht zu helfen.

Wo nun unser lieber Herr Christus durch seinen Segen sich also bei uns sehen läßt, da sollen wir, wie er die Apostel hier heißt, die Brocken aufheben und nichts umkommen lassen. Denn wie unsere Vernunft im Mangel nur rechnen und nicht glauben will: also wo der Segen Gottes reichlich ist, da kann und will die Welt sich auch nicht danach richten.

Etliche mißbrauchen diesen Segen zum Überfluß; wie man sieht, wenn ein Jahr viel Wein bringt, so denkt jedermann, Gott habe es darum gegeben, daß man mehr saufen und umbringen soll. Aber es hat die Meinung gar nicht. Man soll Gottes Segen fleißig aufheben, und nicht verschwenden, sondern auf die künftige Not sparen. Wie Joseph den König von Ägypten lehrt, er soll die sieben guten Jahre dazu brauchen, daß er die sieben bösen Jahre sich und sein Land vor dem Hunger erretten möchte. Also, wo Gott ein Jahr diesem oder einem anderen Handwerk Glück gibt, daß sein Geschäft gut geht, solchen Segen soll man fleißig sparen, und nicht denken, man wolle darum mehr verzehren. Nein, Gottes Segen soll immer in Ehren gehalten und auf künftige Not gespart werden. Weil man es aber nicht tut, sondern den Segen Gottes so schändlich zu Sünden und Schanden mißbraucht, treibt man Gott mit solcher Unart, das er an sich halten, und wo ein gutes Jahr gewesen ist, zwei oder drei böse Jahre darauf geben muß. Denn wie kann Gott sonst der schändlichen bösen Welt und den schrecklichen Mißbrauch wehren?

Etliche aber mißbrauchen diesen Segen in dem Stück, daß sie immer nur zur Seite legen und sparen, wenn schlechte Jahre sind, daß sie in der teuren Zeit ihre Nutzen daraus schaffen, die Armen drücken um so ihren Nutzen und Gewinn zu steigern. Das sind auch böse schädliche Leute, die sich gewiß keiner Gnade Gottes sicher sein können, oder sie bessern sich denn; sonst ist es unmöglich, daß Gott nicht heftig über sie zürnen sollte. Denn daß der Herr die Brocken, so über geblieben waren, heißt aufheben, daß will er nicht so verstanden haben, daß man darüber geizen sollte; sondern das du deinem Nächsten zur Not damit dienen, und den armen Leuten, denen es mangelt, leichter helfen kannst. Willst du aber Korn, Wein und anderes darum zu billiger Zeit kaufen und sammeln, wenn es teuer wird, daß du andere Leute damit drücken, deinen Gewinn damit erhöhen, gerade als hätte Gott darum ein gutes Jahr dir gegeben, daß du es allein genießen, und mit anderer Leute Schaden deinen schändlichen Geiz zu mehren.

Darum muß Gott hier seine Strafe auch gehen lassen. Der auf sein Wort traut, haben wir gehört, ob er gleich mangelt, so will Gott mit seinen Segen da sein, daß sich das Wenige reichlich vermehrt und noch überbleiben soll. Wiederum, wer scharrt und kratzt, und Gottes Segen zu seinem Geiz mißbrauchen will, den straft Gott so, ob er gleich viel hat, daß es doch alles zerrinnen, und ihm bei aller Fülle nichts anderes sein soll, als wäre er der ärmste Bettler. Wie man denn sieht und erfährt, das die Geizhälse und Wucherer arme elende, geplagte Leute sind. So sauer es ihnen wird, bis sie etwas zuwege bringen: so sauer, ja, viel saurer wird es ihnen, bis sie denken, wie sie es teuer wieder an den Mann bringen. Wenn nun ein Unfall, wie es häufig geschieht, sich zuträgt, daß das Korn auf dem Boden lebendig wird, der Wein im Keller läuft, oder sonst ein Unglück zuschlägt: da haben sie das größte Herzeleid, sie wissen nicht wo aus, nagen und fressen sich das Herz auf; können also über ihren Gewinn nicht froh werden, sondern wenn es ein wenig anders kommt als sie denken, so haben sie die größte Sorge, Mühe, Arbeit und Krankheit davon zum Lohn.

Wer wollte aber nicht tausend Mal lieber ein wenig mit Frieden und fröhlichem Herzen, denn viel mit so ängstlicher Unruhe, Sorge und Kümmernis haben? Besonders so man bedenkt, wie der Teufel nicht weit von solchen Leuten ist, und oft sie so voll und töricht macht, wenn das Korn oder der Wein nicht teurer sondern dazu noch billiger wird, daß sie hingehen, und sich vor lauter Leid aufhängen oder sonst umbringen, daß Gott armen Leuten Essen und Trinken beschert. Da folgt denn auf solchen zeitlichen Jammer ein ewiger Jammer. Das hat man davon, wenn man Gottes Segen zum Geiz mißbrauchen will. Verschwenden soll man ihn nicht, sondern genau und fleißig aufheben; auf das wo Mangel einmal kommt, wir anderen armen, dürftigen Leuten umso mehr helfen können. Denn das unser Herr Gott einem mehr beschert denn dem anderen, geschieht nicht darum, daß wir es allein zu unserer Hoffart und Wollust mißbrauchen, sondern daß wir desto billiger anderen, die es bedürfen, helfen und für sie und uns aufsparen sollen.

Also haben wir eine tröstliche Lehre, wie wir in Nöten auf unseren Herrn Christum sehen, uns zu seinem Wort halten, und von ihm den Segen erwarten sollen. Gott verleihe seine Gnade, daß wir von Tag zu Tag je länger je frömmer werden, und solchen Segen beide in Nahrung und sonst in allerlei Not erfahren mögen, durch Jesum Christum, unseren Herrn, Amen.
Martin Luther

Lucas Cranach d. Ä.,  Martin Luther

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