Mittwoch, 23. März 2011

Hafis

Grab des Hafes in Schiraz

Durch welchen Irrgarten ein deutsches Gemüt stolpern kann, wer davon eine Probe bekommen will, der lese diesen Artikel über Georg Friedrich Daumer. Warum sollte das von Interesse sein, nun er übersetzte den persischen Dichter Hafis oder Hafes oder Muhammad Schams ad-Din Hafis oder wie auch immer, und ich kämpfe mich gerade eher unfreiwillig durch die zahlreichen Übersetzungen in deutscher Sprache, ja selbst Goethe hat hier seine Duftspur hinterlassen. Die beiden Bilder zeigen übrigens den von Schah Reza Pahlavi in Auftrag gegebenen Grabpavillon, genannt Hafezieh.

Gib mir jenen Wein, den alten,
der dem Landmann Kraft verleiht,

Denn ich will mit neuem Saume
zieren mir des Lebens Kleid.

Mach mich trunken und entfremde
mich der Welt, auf daß ich dann

Dieser Welt verborgne Dinge
dir berichte, edler Mann!

Übersetzung: von Rosenzweig-Schwannau

Das Biographische kann man auch hier nachlesen, aber ich fand die biographische Kurzfassung bei Gutenberg so erfreulich, daß ich sie umgehend frech plagiieren werde:

„Hafis, (eigentl. Muhammad Schams ad-Din) Geboren um 1326 in Schiras; gestorben um 1389 oder 1390 in Schiras. Der dritte Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Schiras verlor seinen Vater schon in früher Kindheit; in der Folge geriet die Familie schnell in Armut. Als Jüngling verdiente er sein Brot u.a. bei einem Teigmacher, während er gleichzeitig von einem Tuchhändler zum Dichten angeregt wurde. Schon in jungen Jahren befaßte er sich intensiv mit persischer und arabischer Poesie, mit Theologie und Koranexegese. Den Koran hat er in- und auswendig gekannt, wie sein Dichtername »Hafis«, »der (den Koran im Gedächtnis) Bewahrende« bezeugt. Eine Zeitlang war er vermutlich Professor an einer Medrese, einer islamischen Hochschule. Vielleicht gehörte er auch zeitweilig einem mystischen Orden an, der mit einem weiteren Schiraser Orden in ständigem Streit lag, was die häufigen Angriffe auf die heuchlerischen »Sufis« (Mystiker) erklären würde. Trotz der in manchen seiner Ghaselen ausgedrückten homoerotischen Haltung scheint er verheiratet gewesen zu sein. Abgesehen von einer nicht sicher nachweisbaren Reise in die Stadt Jasd lebte er immer in seiner Heimatstadt.“

Es ist ein wahres Elend, daß ein kultiviertes Volk wie die Perser in den Fängen solcher Dämonen gequält wird, auch wenn sie daran nicht schuldlos sind. Das Ungenügende von Übersetzungen wurde mir gerade wieder einmal schmerzlich deutlich, und dennoch bekommt man durch die verständlich begrenzte Übersetzung hindurch irgendwann den Zipfel einer Ahnung, warum dieser Dichter in der Seele seines Volkes so tiefe Wurzeln schlagen konnte.

Tief um Mitternacht – ich ruhte
Lange schon auf meinem Lager –
Da begann es schön zu spuken,
Da – ich hatt' es nicht erwartet –
Stellte sich das holdeste
Der Gespenster bei mir ein.
Mit Gelächter und Gesange,
Schelmischen, verliebten Auges,
In der Rechten einen Becher,
Trunkne Gluthen auf der Wange,
Nahte meine traute Wonne,
Setzte sich an meine Seite,
Faßte mich bei meinem Arme,
Neigte sich mit ihrem Munde
Meinem Ohr und rief hinein:
»Schläfst du schon, mein fauler Alter?
Mußt du schon so frühe sinken?
Hast du keine Lust zu trinken,
Hast du keine Lust zu küssen?
Werde doch ein wenig munter,
Koste diesen Becher Wein!«
Wenn der Sofi, dem ein Nachttrunk
Dieser Art wird zugetrunken,
Nicht den Wein anbetet, ist er
So beseelt, wie todte Klötze,
So lebendig, als ein Stein.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer

Nein dies war eher nicht einer der Beweisgründe, aber vielleicht dies:

Der tadellose, große Herr
Des ewigen Weltenbau's,
Schloß unsere Seele fest hinein
In dieses ird'sche Haus.

Und nimmermehr, so sehr du dich
Entlebest und entleibst,
Entringst du dich, entschwingst du dich
Aus seinem Bann hinaus.

So sorge denn um Sünde nicht
Und nicht um Ketzerei,
Wenn es in dir, wenn du in ihm
Lebendig und zu Haus.

Die wahre Sünde, glaube mir,
Die wahre Ketzerei,
Ist finsterer Entsagungen.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer

Nicht kirre mich, o Scheich, mit Betkorallen!
Ich werde nicht in deine Netze fallen;
Denn ich gehöre zu der Ketzersekte
Der rosenhauchberauschten Nachtigallen.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer


Von Liebe hatte er viel zu sagen, und darum zur musikalischen Begleitung etwas von Fairouz, die zwar auf arabisch und nicht auf persisch sang, aber so fremd werden sie sich kaum sein.

O wär' ich ein See, so spiegelhell,
Und du die Sonne, die ihm blickte!
O wär' ich ein klarer Wiesenquell,
Und du die Blume, die ihm nickte!

O wär' ich ein grüner Rosendorn
Und du die Rose, die ihn schmückte!
O wär' ich ein süßes, süßes Korn,
Und du der Vogel, der es pickte!

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer



Die Freiheit ist ein Meer

Und seine Fische Herzen;
Sie schwimmen ohne Schmerzen
Behaglich hin und her.
Doch diese Lust, wie Schade!
Ist von geringer Dauer;
Es wohnet am Gestade,
Es stehet auf der Lauer
Liebe, die Fischerin.
Sie fischt mit eignen Angeln;
Sie fischt mit Ambralocken;
Die purpurrothen Fischchen,
Sie kommen unerschrocken,
Sie lassen von der argen
Sich gar zu gerne locken,
Und eines um das andre
Ist ihrer List Gewinn.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer

Gieb ihr, Ost, die Kunde meiner Leiden,
Aber gieb sie schwach! Es wird genügen.
Maltest du in vollen, ächten Zügen –
Ach, du würdest ihr den Tod bereiten.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer

Ich will bis in die Sterne
Die Fahne der Liebe tragen;
Sie soll auf einer Wolke
Ob sämmtlichen Himmeln ragen.

Ich will im hohen Äther
Anstimmen erhabne Lieder,
Will rühmend eine Pauke
Unendlicher Ehre schlagen.

Orion und Plejade
Sie sollen im Tanze kreisen,
Und Sohre freudig horchend
Das eigene Spiel vertagen.

Tief unter mir die Wüsten,
Die sandigen, ungeheuern,
Sie sollen blüh'n und grünen
Gleich himmlischen Rosenhagen.

»Warum, Hafis?« so fragst du.
Wie magst du so thöricht fragen?
Es lächelte mir die Freundin,
Es endeten alle Klagen.

Übersetzung: Georg Friedrich Daumer



wird fortgesetzt

Keine Kommentare: