Franz von Lenbach, Fürst Otto von Bismarck, 1895
Bekanntlich erscheinen hier alle Dinge, wenn überhaupt, verspätet, und zwar deutlich. Heute sind wir um einen Tag zu früh! Otto Fürst Bismarck-Schönhausen wurde am 1. April 1815 geboren und neben manch anderem hat er auch das nachfolgende Wort erfunden, was manche überraschen wird. Herr Roloff hat ihm diesen Beitrag gewidmet:
Zivilcourage
Ursprung eines Wortes
Immer haben auch Worte ihre Geschichte. Bei dem gerade in unseren Tagen viel benutzten Wort „Zivilcourage“ ist das auch in ganz verblüffender Weise der Fall. Dabei ist bereits die Tatsache verräterisch, wie oft Zivilcourage eingefordert, verlangt und manchmal sogar beschworen wird. Das spricht nämlich fast immer dafür, dass es dieses Geforderte noch viel zu wenig gibt. Das jedenfalls scheint sich auch, seit der Erfindung des Begriffs, nicht geändert zu haben.
Robert von Keudell hat in seinen Erinnerungen festgehalten, dass Otto von Bismarck das Wort Zivilcourage bereits 1847 benutzt und darum unter Umständen sogar geprägt hat, denn einen früheren Nachweis gibt es nicht. Folgende Begebenheit hatte sich zugetragen: Ein Freund hatte Bismarck nach einer Landtagsdebatte, in der dieser schmählich ausgepfiffen worden war, angesprochen und zu ihm gesagt: „Eigentlich hattest du ja Recht. Nur sagt man so etwas nicht.“ Der nachmalige Kanzler und Reichsgründer antwortete ihm daraufhin: „Wenn du meiner Meinung warst, dann hättest du mir beistehen müssen. Nur dein Eisernes Kreuz hindert mich, dir einen verletzenden Vorwurf zu machen.“ Nach einem Augenblick des Schweigens setzte er nachdenklich hinzu: „Mut auf dem Schlachtfeld scheint bei uns Gemeingut. Aber man wird nicht selten finden, dass es ganz achtbaren Leuten an Zivilcourage fehlt.“
In die Debatte, um die es sich hier handelte, hatte Bismarck am 17. Mai 1847 eingegriffen und die Legende bekämpft, dass die Preußen 1813 in den Krieg gegangen wären, um eine Verfassung zu erlangen. Der spätere Reichsgründer gab wohl recht naturwüchsig seiner Entrüstung darüber Ausdruck, dass die Fremdherrschaft an sich kein genügender Grund zum Kampfe gewesen sein solle. „Mir schien es unwürdig, dass die Nation dafür, dass sie sich selbst befreit habe, dem Könige eine in Verfassungsparagraphen zahlbare Rechnung überreichen wolle.“ So berichtet er in seinen Memoiren. Den Zorn der Zuhörer, unter denen ein Sturm ausgebrochen war, reizte Bismarck weiter, indem er ruhig auf der Tribüne stehen blieb und in einer Zeitung blätterte bis der Lärm sich ausgetobt hatte. Dann führte er seine Rede zu Ende.
Bis heute bildet bereits diese kleine Begebenheit ab, auf welchem Grund Bismarck stand, und aus welchem Selbstverständnis heraus er gehandelt hat. Er prägte darin nicht nur den Begriff der Zivilcourage, sondern hat gleich noch ein Beispiel mitgeliefert, wie sie gelebt werden muss.
Thomas Roloff
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