Mittwoch, 21. November 2012

Buß- und Bettag



Mitten zwischen Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag liegt der Buß- und Bettag als einer der düsteren (staatlich-protestantischen) Gedenktage im November. Das Wetter tut, nicht überraschend, sein Möglichstes, den passenden Hintergrund dafür zu liefern. Mit langanhaltenden Morgennebeln etwa.

Die Grenzen verschwimmen und die Welt wird fremd. Der irritierte Beobachter erhält die Chance, aus seinen Gewohnheiten zu fallen, die Last des Gewohnten schwindet und es tauchen (möglicherweise) verstörend andere Gedanken wie Bilder auf. Diese überraschende Distanz gibt immerhin die Chance, sich eines vergessenen Mensch-Seins zu erinnern, die innere Welt weitet sich, und dann kehrt das Erwartbare doch zurück.

Nun ja, wir wollen in keinen zu esoterischen Tonfall verfallen. Dieser Anzug paßt einfach nicht zu uns. Obwohl, daß der Staat einen öffentlichen Feiertag zur Gewissenserforschung verordnet (hat), das dürfte es so nur in (einem vorigen) Deutschland gegeben haben. Herr Roloff hat den nachfolgenden Beitrag für seine regionale Zeitung zum heutigen Tag geschrieben (wie allerspätestens im letzten Satz deutlich wird).


Die Geschichte des Buß- und Bettages

Jahreszeit und Wetter passen im Grunde gut zum Anliegen des Buß- und Bettages, den wir seit 1995 in Deutschland mit Ausnahme Sachsens nicht mehr als staatlichen Feiertag begehen. Nebel, Kälte und das Sterben der Natur verbreiten Traurigkeit und lassen die Gefahr größer werden, vom Weg abzukommen und sich zu verirren. Buße hat darum auch weniger mit Bestrafung zu tun als mit der Suche nach dem Weg, der nicht in Verzweiflung, Tod und Verderben, sondern ins Leben führt. Am Buß- und Bettag soll der Mensch einen Moment innehalten, sich auf Gott besinnen und sein Handeln überdenken.

Es gibt eine anschauliche Geschichte in der Bibel über den vielleicht ersten Bußtag. Der Prophet Jona war von seinem Gott in die Weltmetropole Ninive gesandt worden, um deren Einwohner den drohenden Untergang ihrer Stadt zu verkünden, der ihrer Sünden wegen über sie beschlossen war. Der König gibt daraufhin folgenden Befehl: „Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Ochsen noch Schafe Nahrung nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; und sollen Säcke um sich hüllen, beide, Menschen und Vieh. Und zu Gott rufen heftig; und ein jeglicher bekehre sich von seinem Wege und vom Frevel seiner Hände. Wer weiß? Es möchte Gott wiederum gereuen und er sich wenden von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.“ (Jona 3, 7-9)

Hier kommen alle Bestandteile des Bußtages bereits klar zum Ausdruck. Der König ruft den Bußtag aus, er beteiligt sich aber auch an ihm und gibt den Menschen durch sein eigenes Handeln ein Beispiel. Bußtage sind Tage des Fastens, der Einkehr und des Gebets, sie reagieren auf eine unmittelbare Gefahr und tragen die Hoffnung in sich, diese abwehren zu können.

Zu allen Zeiten gab es darum derartige Bußtage besonders in Kriegs- und Notzeiten. In Deutschland wurden viele unterschiedliche Gebräuche und Termine dann 1893 durch den preußischen König vereinheitlicht und der Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr zum Buß- und Bettag bestimmt. Dieser Tradition schlossen sich nach und nach immer mehr Länder an, bis dieser Tag mit der Wiedervereinigung 1990 deutschlandweit Feiertag wurde.

Immer drückte sich in ihm eine besondere Verantwortung der stattlichen Gewalt auch für die sittliche und moralische Ordnung des Gemeinwesens aus. Es ist und bleibt darum im höchsten Maße zu bedauern, dass dieser sichtbare Ausdruck für die Erfüllung einer umfassenden Pflicht um einer Versicherung wegen aufgegeben wurde. Dennoch wird an vielen Orten der Buß- und Bettag durch Abendgottesdienste begangen. In Schönhausen wird dazu heute um 19:30 Uhr in die Winterkirche eingeladen.
Thomas Roloff

1 Kommentar:

naturgesetz hat gesagt…

That's interesting. In the States we don't have anything of the sort. During colonial times and perhaps in the early days of the United States, there were fast days proclaimed for particular occasions, but not as an annual event. Of course now, with the current understanding of separation of church and state, there is no chance that a day of prayer and penance could be proclaimed.

Is there a Schönhausen in the area of Neubrandenburg, or is Herr Roloff writing from Schönhausen (Elbe)?