Donnerstag, 16. Mai 2013

Frühling &




Oskar Loerke

Lindenblüte

Träume gehen
Mir voran
Wie auf Füßen,
Und sie stehen
Dann und wann
Unter süßen
Bäumen still und sehn mich an.

Doch sie lassen
Ungesehn
Mich vorüber.
… Düfte fassen
Sie und drehn
Kreisend über
Erd und Wipfel ihre Zehn.



Ludwig Tieck 

Blumen

Blumen sind uns nah befreundet,
Pflanzen unserm Blut verwandt,
Und sie werden angefeindet,
Und wir tun so unbekannt.

Unser Kopf lenkt sich zum Denken
Und die Blume nach dem Licht,
Und wenn Nacht und Tau einbricht
Sieht man sich die Blätter senken.
Wie der Mensch zum Schlaf einnickt,
Schlummert sie in sich gebückt.

Schmetterlinge fahren nieder,
Summen hier und summen dort,
Summen ihre trägen Lieder,
Kommen her und schwirren fort.

Und wenn Morgenrot den Himmel säumt,
Wacht die Blum' und sagt, sie hat geträumt,
Weiß es nicht, dass voll von Schmetterlingen
Alle Blätter ihres Kopfes hingen.



Martin Opitz

Ein Garten ist die Welt: Die Blumen ihre Lust:
Hier schön und schöne hier / wohin du gehen mußt.
Der Lilien weißer Glanz / der Majoran nicht minder /
Der süße Bienenklee / des Frühlings erste Kinder
Die Veilchen brechen aus; doch lassen sich ingleichen
Das bleiche Sorgenkraut und scharfe Senf wohl an:
Der Winter ist der Tod / dem Lilie / Majoran /
Klee / Veilchen / Sorgenkraut und scharfer Senf muß weichen.



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