Sonntag, 6. November 2011

Erbauliches zum Sonntag


Bevor ich mich also dem Entenbraten widme, schnell noch Herrn Roloffs

Predigt zum drittletzten Sonntag des Kirchenjahres 2011

Lk 11, 14-23

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herren Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

am Ende des Kirchenjahres tritt Christus uns besonders in seiner Eigenschaft als Herr über Leben und Tod entgegen. Vielmehr noch, er offenbart sein Wesen, das gerade darin liegt, Herr über Leben und Tod zu sein. Denn die Begegnung mit diesem Herren, der uns entgegen kommt, entscheidet über Leben und Tod. Nur dadurch kann richtig sein, was wir als Wochenspruch gehört haben: „Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils.“

Unser Predigttext wiederum ist eine Illustration des Evangeliums zum heutigen Sonntag, in dessen Kern es heißt: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch“ oder, wenn man es anders übersetzt „Das Reich Gottes ist inwendig in euch!“. Demnach bricht auch dort, wo die Entscheidung zwischen Leben und Tod getroffen wird, jedes Mal Gottes Reich an, tritt es unter uns, erwacht es in uns!

In diesem Zusammenhang gewinnt die Geschichte von der Austreibung des bösen Geistes, die Lukas uns erzählt, Bedeutung. Bereits die Schilderung des Geschehens ist aufsehenerregend: Und er trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme.

So erfahren wir überhaupt, dass der geplagte Mensch selbst offenbar auch stumm war, wie der Geist, der ihn befallen, der von ihm Besitz ergriffen hatte.

Das Volk verwundert sich zunächst. Dann aber kommen schnell jene, die das Tun Jesu verächtlich machen wollen. Sie unterstellen ihm, als der Knecht des obersten bösen Geistes die Geister auszutreiben. Andere verlangen ein Zeichen vom Himmel, das wiederum das Zeichen, das die Menschen gerade sehen konnten legitimieren soll.

So sind die Menschen. Kaum haben sie die eine Sensation genossen, da verlangen sie bereits nach der nächsten. Sie haben sich durch das eine Zeichen nicht ändern lassen und würden auf das nächste wohl auch nicht anders reagieren.

Christus gehorcht ihnen darum auch nicht, sondern antwortet ganz nüchtern und legt dar, dass ein Reich, dass mit sich selbst zerfallen ist, keinen Bestand haben wird. Aber auch er muss feststellen, dass selbst die besten Argumente das böse Wesen von Menschen nicht eindämmen können. So kommt der Herr mit einer weiteren Feststellung auf den eigentlichen Punkt: „Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.“

Es geht um das Reich Gottes, das unter uns tritt. Es geht um das Reich Gottes, das mit Christus unter uns getreten ist. Mit der Austreibung des Geistes gibt der Herr ja bereits ein himmlisches Zeichen. Der böse Geist wiederum ist eben auch ein Symbol für jeden Zweifel, für alle Angst, durch die Menschen befallen werden können, und die sie am Bekenntnis hindern.

Besonders eindrucksvoll ist es dann auch noch, dass Jesus die Auseinandersetzung zwischen diesem Reich Gottes und den Mächten der Finsternis in das klassische Bild des Kampfes eines Starken um seinen Palast einkleidet. „Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, dann bleibt das Seine in Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ und teilt den Raub aus.“

Erst mit diesem Bild wird die allumfassende Bedeutung des Geschehens klar. In diesem Palast kann man die gesamte gute Schöpfung Gottes erkennen, die er ins Nichts hineingerufen, und durch die er die Herrschaft des Nichts beendet hat. Gott offenbart sich als Gott indem er „dem was nicht ist ruft, dass es sei“, wie Paulus es einzigartig gesagt hat. Dieses Nichts aber hat sich nicht besiegt gegeben, sondern rennt als Macht der Zerstörung und des Bösen gegen alles an, was aus Gottes Wort geworden ist. Es gibt diese Macht des Bösen. Es handelt sich um das inwendige Ringen in der Seele eines jeden Menschen. Das Nichts kann nur noch im Menschen Gewalt gewinnen, es ist der Unglaube.

Goethe hat seinen Mephisto diese Macht und sich selbst so beschreiben lassen:
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
ist wert, dass es zugrunde geht;
Drum besser wär's, dass nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

Darin liegt die große und reale Gefahr, die der Unglaube darstellt. Der Unglaube nämlich bedeutet in seiner Konsequenz Zerstörung. Lasse ich den Unglauben wie einen Geist in mein Herz, dann spricht er, dass mein Leben bedeutungslos und nach dem Tod alles vorbei ist. Ich werde zum Parasiten, der die Welt gierig auskosten will. Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot. Ist es nicht im Kern diese Haltung, die unserem Planeten immer wieder schweren Schaden tut? Nur dort, wo ich diesen zynischen und zerstörerischen Gedanken überwinde, tut sich der Ort auf, an dem mir das Himmelreich inwendig begegnet.

Wenn man diesen Zusammenhang einmal ganz ohne die religiöse Sprache darstellen müsste, so wie Christus es mit dem Reden vom Reich, das in sich uneins geworden ist, tut, dann könnte man auch folgenden Gedanken formulieren: Es gibt diesen die Welt beherrschenden Kampf zwischen dem Sein und dem Nichts. Das Nichts will alles verschlingen und zunichte machen, was ist. Wenn das aber gelänge, wenn alles, was geschaffen war auf einmal wieder im Nichts versänke, dann würde doch allein schon die nur geistig zu erfassende Tatsache, dass es einmal war, das Nichts zur Lüge werden lassen vor dem Gewesenen. Der äußerste Sieg, den das Nichts erringen könnte, wäre so kein Sieg mehr, sondern nur ein Betrug. So bleibt denn selbst das Gewesene machtvoller, als es das allumfassende Nichts jemals wieder sein kann. Christa Wolf lässt ihre Medea mit dem Satz beginnen: „Auch tote Götter regieren!“ Selbst das ist mit dem Kreuz Christi in die Wirklichkeit getreten. Wenn Gott mit der Schöpfung die Herrschaft des Nichts ein für alle Mal beendet hat, dann ist durch die Auferstehung seines Sohnes die endgültige Verlebendigung dieser Schöpfung Wirklichkeit geworden. So wie im Akt der Schöpfung das Sein über das Nicht-Sein den Sieg davon getragen hat, so erringt Christus in seiner Auferstehung den Triumph des Lebens über den Tod. Das Leben durchdringt und beherrscht nun alle Dinge.

Der böse Geist aber will dem Menschen einreden, dass alles vergeht und jedes Leben ausgelöscht werden wird und darum ohne Bedeutung ist. Die Vorstellung aber, dass alles ohne Bedeutung ist, öffnet dann das Tor zur Sünde. Sie verführt den Menschen dazu, sein Leben auszuplündern. Er glaubt dann, wie im Rausch, sich zu bereichern und macht sich doch bettelarm, weil er zerstört, was an ihm heilig ist, das Leben.

Es wird deutlich, dass wie immer wir es nennen, das Nichts, die Sünde, der Tod, nur noch dann die Herrschaft über den Menschen erringen können, wenn der Mensch sich ihnen aus freiem Willen ergibt, wenn er sich und sein Menschsein aufgibt, wenn er den Glauben verliert.

Der Mensch aber, der das Wort Gottes über sich herrschen lässt, der es zu sich lässt, der wird gewahr, dass das Leben, dass die Schöpfung seine Werke sind, an denen das Wesen Gottes klar erkannt werden kann. Wer das Wort Gottes zu sich kommen lässt, zu dem ist auch das Reich Gottes selbst gekommen. Zeit und Ewigkeit durchdringen sich in diesem Menschen bereits. Das Reich Gottes ist dann nicht mehr nur das, was wir erwarten, es ist bereits gekommen. Es entscheidet sich an dem, der das Fleisch gewordene Wort Gottes ist, es entscheidet sich an Christus. Darum kann der Herr sprechen: „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“

So ist es denn mit uns wie mit einem sehr kleinen Kinde, das auch, wenn sich Mutter oder Vater über es beugen ihnen die Arme entgegenstreckt. Es kann sich nicht selbst aufhelfen. Indem es sich aber den Eltern entgegenstreckt, wird es zum Menschen, wenn es sich in gleicher Weise und lebenslang Gott entgegenstreckt. Lebt in dieser unerschütterlichen Hoffnung auf den Herren des Lebens.

Darum bittet euch die Kirche: Lasst den Gedanken des Todes, den Gedanken der Selbstzerstörung nicht wie einen bösen Geist in euch dringen. Erkennt vielmehr, dass das Himmelreich, das Leben selbst, mitten unter euch ist.

So werden wir zu Menschen, die mit Jesus sammeln und nicht zerstreuen, die aufbauen und nicht niederreißen, die heilen und keine Wunden schlagen, die an das Leben glauben und nicht an den Tod!

Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unsern Herrn.

Amen.
Thomas Roloff

4 Kommentare:

Jason Shaw hat gesagt…

Nice autumn colours.

MartininBroda hat gesagt…

Jason, yes I'm sorry I'm not in the state of mind to translate all this, but I'm working at my Sunday dinner post atm :) hope you're fine!

naturgesetz hat gesagt…

Toward the end, he says, "Darum bittet euch die Kirche: Lasst den Gedanken des Todes, den Gedanken der Selbstzerstörung nicht wie einen bösen Geist in euch dringen."

I found this caution against thoughts of self-destruction startling. Is that something that has become a particular problem in the region of Mecklenburg?

MartininBroda hat gesagt…

@Naturgesetz nein, es war eher eine allgemeine Bemerkung, denke ich, Joe ich hatte etwas gesucht, in einer mißglückten Datensicherung, aber jedenfalls dabei gesehen, wieviel wir uns schon erzählt haben, und ich habe mit Sicherheit nie genug geantwortet.