Sonntag, 22. Juli 2012

7. Sonntag nach Trinitatis



Herr Roloff hat heute eine recht erbauliche Worte gefunden, die ich nicht vorenthalten will. Anderes mag später noch folgen. Es scheint soweit ein angenehmer Sonntag zu werden, ich hoffe, anderen ergeht es ebenso.



Predigt

Phil 2, 1-4

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Amen.

Liebe Gemeinde,

unser tägliches Brot gib uns heute! So heißt es im grundlegenden Gebet unserer Kirche, und so sprechen wir es auch, wenn wir alleine beten. Mein tägliches Brot gib mir heute, das geht einem irgendwie kaum über die Lippen. Das hat sicher bereits allein schon damit zu tun, dass Brot immer ein Werk vieler Hände ist. Der Bauer sät das Korn aus und erntet das Getreide, der Müller mahlt es am rauschenden Bach zu Mehl, und der Bäcker wiederum fertigt daraus duftendes Brot.

Unser tägliches Brot gib uns heute! Die Zeiten, in denen wir leben, sind so glücklich, dass sich manch einer fragt, warum man beten muss um etwas, von dem immer genug da ist. Wohin aber geraten Menschen, die kein Bewusstsein mehr von den Gefährdungen unseres Lebens haben? Nun kann man den Menschen schlecht die wenn auch nur einmalige Erfahrung des Hungers wünschen, aber es sollte eine Vorstellung davon unter uns sein, dass nichts in dieser Welt selbstverständlich ist!

Darum beten wir immer auch für alle anderen: Unser tägliches Brot gib uns heute! Auch dadurch treten wir in Gemeinschaft mit diesen Menschen.

In ganz eigentümlicher Weise hat das Brot mit dem inneren Wesen menschlicher Gemeinschaft zu tun. Der Tempel des Volkes Israel wurde auf einer Tenne errichtet, der Tenne Ornans. Der Platz, auf dem das Getreide gedroschen wurde, der war auch immer der Festplatz der Familie. Er war ein Ort gemeinsamer Arbeit und gemeinsamer Feste. Das war der Ort des Tempels.

Dann wiederum ist mit dem Namen des Geburtsortes Jesu – Bethlehem – Haus des Brotes – auch wieder ein Hinweis gegeben worden auf die einzigartige Bedeutung dieses Stoffes, von dem wir leben, und den wir nur, wie das Leben selbst auch, in Gemeinschaft haben können.

Wie aber soll die Gemeinschaft beschaffen sein, in der wir leben? Dazu gibt unser Predigttext im Philipperbrief Auskunft.

Es ist ein bemerkenswert einfacher Text. Mit schlichten Worten gibt Paulus seine Vorstellung davon bekannt, wie Menschen miteinander leben sollen.

„Ist nun bei euch Ermahnung in Christo, Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,“

Der Anfang von Gemeinschaft, wie Paulus sie versteht, liegt in der Ermahnung in Christo – in der Erinnerung an Christus, der seit seiner Himmelfahrt zwar fern und dennoch gegenwärtig und der Herr seiner Gemeinde ist. Weil Menschen einen gemeinsamen Herrn haben, sind sie überhaupt eine Gemeinschaft.

Diese Gewissheit seiner, also Gottes, Gegenwart und Liebe verschafft uns den notwendigen Trost. Es lohnt sich, den einzelnen Worten nachzuspüren. Trost hat dieselbe Wurzel wie das Wort Treue. Nur treue Liebe, wie sie der Herr für uns hat, vermag uns die Kraft zu schenken, aus der heraus auch wir lieben können. Jeder Mensch mit einiger Lebenserfahrung weiß nämlich, dass die Menschen oftmals jedenfalls nicht wegen ihrer einnehmenden Liebenswürdigkeit zu lieben sind. Das ist in jedem Leben eher die große Ausnahme. Gottes Liebe ist es allein, aus der unsere Liebe wachsen kann zu einer Treue, die von ihm Zeugnis ablegt und für andere zum Trost werden kann.

Dass dann in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Überlegungen von der Gemeinschaft des Geistes die Rede ist, hat natürlich damit zu tun, dass die Kirche im Geist immer den verheißenen Tröster gesehen hat. Der Geist vermag es, Liebe und Barmherzigkeit wieder und wieder zu entfachen.

Dabei ist Barmherzigkeit ursprünglich überhaupt gar keine Eigenschaft des Menschen. Im 103. Psalm lesen wir, dass sie ein Charakteristikum Gottes ist. „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ Barmherzigkeit – also vollkommene Offenherzigkeit und Anteilnahme - kennen wir nur von Gott her. Ohne seine Barmherzigkeit gäbe es gar keine Barmherzigkeit, schon allein darum, weil sie außer in dem Streben danach, Gott ähnlicher zu werden, keinen wirklichen Sinn hätte.

Und dann folgt ein wirklich anrührender Appell des Apostels zur Eintracht:

Seid eines Sinnes,
habt gleiche Liebe,
seid einmütig und einhellig.

Wir haben einen Gott und suchen in seiner Absicht unseren Gemeinsinn.

Weil Gott uns liebt, nur  darum können wir uns herzlich lieben.

Einmütig sollen wir sein und dadurch unsere Gefühls- und Willensregungen miteinander und mit Gott in Übereinstimmung bringen. Es ist das Besondere an dem Begriff der Einmütigkeit, dass wir an ihm lernen können, dass es im Leben nicht darum geht, Gefühl, Willen und Verstand gegeneinander in Stellung zu bringen, sondern ihre Übereinstimmung zu finden. Doch dafür braucht es einen gemeinsamen Grund.

Noch schöner deutlich wird das, was Paulus hier meint in der Forderung „seid einhellig“. Johann Heinrich Voss schrieb das Wort noch mit einem ä – einhällig – und dann wird sofort klar, dass es hier um das Hallen, um den Einklang geht. Wir sollen als Menschen wohl tönend zusammenwirken. Darum sind unsere Gottesdienste mit Musik und Gesang auch immer Formen, diesen Zusammenklang, diesen Wohlklang einzuüben. Nie kann jeder der Dirigent sein, und schon gar nicht können alle an der Orgel sitzen, sondern um den Einklang sollen wir ringen – einhellig sollen wir sein untereinander und nach außen.

Dann muss sich auch nicht einer gegen den anderen in rauer Zankerei durchsetzen, oder sich aus eitler Ehre voranzusetzen suchen. Auch das ist übrigens wieder so ein einprägsamer Begriff: eitle Ehre.
Eitelkeit pflegt ja aus gutem Grund diejenigen Äußerlichkeiten, von denen sie weiß, dass sie so schnell vergehen. Eitel ist das Flüchtige, das Vergängliche, das Hinfällige. Eitel nämlich ist die Ehre, die in sich selbst zu gründen meint. Doch auch hier gilt wieder, der Mensch aus sich heraus hat keine Ehre. Ehre ist ein alleiniges Wesensmerkmal Gottes. Ehre erwirbt der Mensch allein, wo er sich dieser Ehre Gottes unterwirft – und das nennt man dann Demut.

Demut lässt den Mitmenschen in seiner Bedeutung für mich wachsen, und sie hilft mir, von dem Meinem abzusehen und auf das zu blicken, was des andern ist.

Im Ergebnis entsteht die Gemeinschaft, in der wir vor den Altar hintreten und das Sakrament empfangen, damit wir satt werden und an ihm Anteil nehmen, der uns gerufen hat.

Liebe Gemeinde,

was mir an diesem Text besonders gefällt ist, dass er wirklich nach dem sucht, was unser Leben ändert, es erfüllter, schöner und auch geselliger macht. So, wie Paulus es hier verlangt zusammenzuleben, ist es keine schwer und nur mühsam zu erfüllende Pflicht, sondern ein Leben in Stille, in Gehorsam und in Erfüllung. Das scheint ganz wenig zu sein, und doch ist es ein viel besseres Ziel, als all die aufgeblasenen Ideologien von Weltrettung und Umerziehung, von Enteignung und Umverteilung, von Größenwahn und Selbstsucht es in Aussicht stellen. Diese Ideologien sind noch längst nicht ausgestorben – aber zum Glück wird auch noch immer die menschliche Forderung des Paulus erhoben und verkündet: Seid eines Sinnes, habt gleiche Liebe, seid einmütig und einhellig.

Lasst uns allein dem vertrauen, der uns heute speisen will!

Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen
Thomas Roloff

1 Kommentar:

Morgenländer hat gesagt…

Sehr schöne Worte hat der Herr Roloff da gefunden, wieder einmal.

Vielen Dank!
Morgenländer