Donnerstag, 5. Juli 2012

Über perfide Fischadler & Schweinebraten

Fischadler

Der Kampf gegen den sogenannten „Rechtsradikalismus“ ist offensichtlich nicht immer gut für die mentale Stabilität, auch als geistige Gesundheit bekannt. Üblicherweise verschone ich meine geneigten Leser eher von Nachrichten aus der Provinz. Aber diesmal müssen wir eine Ausnahme machen. 

Bekanntlich bastelt man, wenn man sich sonst nicht zu helfen weiß, an irgendwelchen Strukturen herum und gebiert folglich die passenden Monstrositäten. Und so haben wir einen neuen, größeren Landkreis “Mecklenburgische Seenplatte”. Der braucht ein Wappen. Eine Graphikerin hatte zwei, wie ich finde, recht ansprechende Entwürfe für ein solches vorgelegt, in beiden gab es als markantes Motiv einen Fischadler (die leben hier wirklich), der seine namensgebende Beute in den Fängen hielt. 

Jetzt tritt eine besorgte Antifaschistin auf den Plan, die moniert, das Emblem würde auch von “Nazis” verwendet. Wir zitieren jetzt einmal die lokale Tageszeitung: „Denn das Motiv steht nicht nur für ein Naturschauspiel. Der Adler mit dem Fisch in der Kralle ist auch ein neopaganistisches Zeichen, das die Ablehnung gegenüber dem Christentum symbolisieren soll. Im Januar 2003 ließ sich die neonazistische Vereinigung 'Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.' durch ihren damaligen Vorsitzenden Jürgen Rieger beim Deutschen Patent – und Markenamt das Symbol als Bildmarke unter der Nummer 30238105 bis zum 31. Juli 2012 sichern.“

Uff, mir ist zwar neu, daß man ein allgemein bekanntes heraldisches Element sich so mir nichts dir nichts schützen lassen kann, aber heutzutage ist ja vieles möglich. Der zuständige Landrat (CDU) hat entsetzt sofort den Befürchtungen und Besorgnissen entsprochen, der Adler kommt weg. Ich zitiere die lokale Presse: „Wir machen nichts, was uns in Verbindung zu Nazis bringen könnte“ Er habe die Warener Grafikerin Barbara Müller-Wolf beauftragt, komplett neue Entwürfe anzufertigen. Dort solle nichts enthalten sein, was in den früheren Landkreisen verwendet wurde. Wäre ja auch noch schöner, an irgendwelchen verstaubten regionalen Identitäten anzuknüpfen. „Alles neu macht der Mai“ oder wie der Volksmund sonst noch schwadroniert: „Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand“. Ja! Ich glaube in Bosnien-Herzegowina gibt es da gute Erfahrungen, ich empfehle daher etwas mit vielen Sternen.



Wappen des vormaligen Landkreises Müritz

Der Fischadler ist nämlich aus dem Wappen eines der Vorgängerkreise entnommen, daher das 2. Bild, dieses Wappen gab es seit 1995, übrigens. Aber wo wir gerade beim lieben Gott waren, auch Pastor Jörg Albrecht hat die Sorge: „Es wäre unangemessen, wenn man das Wappen bei der nächsten Nazidemo auf einer Fahne sehen würde“. Wir brechen besser ab, man kann dieses Satyrspiel übrigens hier und hier genauer nachlesen, so man das will, ansonsten fasse ich zusammen:


Wie man hört (ich hab in meinem ganzen Leben noch keinen gesprochen), sollen diese Extremisten sich durch u.a. extreme (daher der Name) Deutschtümelei hervortun. Ich vermute, die essen daher auch nur ur-deutsche Gerichte. Ein Vorschlag zur Güte, man hungert die einfach langsam aus und verbietet als erstes schon mal Schweinebraten mit Sauerkraut (davon bekomme ich sowieso immer bloß Blähungen).

7 Kommentare:

Walter A. Aue hat gesagt…

Oh was muss man oft von boesen
Buben hoeren oder lesen!
Ich bin gleich auf die Veranda hinausgegangen und habe den vor unserm Haus fischenden Fischadlern und Weisskopffischadlern (nehme ich an, auf gut Englisch ospreys and bald eagles) zugerufen: Ihr Nazis, ihr Heiden, ihr Gegner des lieben Gottes, lasset ab von Eurem boesen Tun oder ich exorziere Euch!
(GottseiDank hat es aber nichts genuetzt...)

MartininBroda hat gesagt…

Ja, ich weiß auch nicht, man will ja oft rational einfach ein wenig in Ruhe gelassen werden, aber die sich verdrehende Welt will einfach nicht.

Ich habe mehrfach nicht geantwortet, ich weiß, und ich fühle mich auch recht unwohl dabei, aber ich habe mir diese dumme Regel auferlegt, wenn mir nichts einfällt, was wenigstens gescheit aussieht, sage ich lieber gar nichts.

naturgesetz hat gesagt…

Why is the crowned bull sticking its tongue out?

There's a fine English hymn text that begins, Praise the Lord, ye heav'ns, adore him." Because it is generally sung to the tune called Austria in English-speaking lands, it is rarely used now. Austria is the melody by Haydn to which the words, "Gott erhalte Franz den Kaiser" were sung, and which has subsequently been used for successive national anthems. Twenty-five years ago our pastor at the time swore he would never allow it to be sung in his parish again because a woman had come to him almost in tears because she associated the melody with the Nazis, at whose hands her family had suffered. I'm afraid that even now, for Americans of my generation the tune is irretrievably associated with Nazi Germany, even though it was not their own.

It's too bad that everything that Nazis or neo-Nazis adopt seems to become permanently tainted in some people's minds.

MartininBroda hat gesagt…

An interesting question, about the bull; it's btw. the main symbol of this poor but old country (at least 800 years or so). Will try a better answer at daylight; hope you got my 1st answer, there are obv. still this mail issues.

Walter A. Aue hat gesagt…

@ Naturgesetz:
I once photographed the original print of this hymn in the Haydn Museum in Eisenstadt, and called the image "The Stolen Anthem". That, of course, was mean of me. A related image, citing a well-known British poem, comes closer to my own opinion. But the most cogent and beautiful version I know of is the slow movement of Haydn's Emperor Quartett, which for Austrians like me represents an old and dear time already destined for destruction.
As for using the melody for a hymn, why not? Stranger things have happened. "Amazing Grace" was written by the captain of a slave ship, and perhaps it earned him his salvation when God heard Afro-Americans sing it, and most beautifully so, as a spiritual in their segregated churches.
There is a beautiful story by Mark Twain, in which Jesus Christ comes into a church and addresses the congregation with a sermon about love and war, only to be considered raving mad...
@MartininBroda:
I appreciate your always thoughtful and courteous comments, but please don't feel obligated to answer, particularly if satire ru(i)ns my verbiage. Ich richte mich selbst und wer koennte damit rechten?

naturgesetz hat gesagt…

@ Walter A. Aue —
Singing different texts to the same tune is common enough, z.B. "Believe me, if all those endearing young charms"/"Fair Harvard, thy sons to thy festival throng," or "Men of Harlech, march to glory"/"Sons of Georgetown, Alma Mater," or "God save our gracious king(queen)"/"My country, 'tis of thee," usw. nearly ad infinitum. Still, it's regrettable when one set of lyrics taints a tune in people's minds, especially so fine a one as Haydn's. The variations in the Kaiserquartett are very beautiful.

Anonym hat gesagt…

Hoffentlich essen, trinken, mögen die Rechtsextremen nicht das gleiche Essen, die gleichen Getränke ... wie ich sie mag. Am Ende muss ich noch auf Spinat ausweichen, in meinem Alter ... oder aber "Das Denken ist nicht jedermanns Sache."