Sonntag, 25. Oktober 2015

Von der Feindesliebe (geistlich)



Ich bin mit so vielem hinterher, und leider ist dem auch der nachfolgende Andachtstext für den vergangenen Sonntag von Herrn Roloff zum Opfer gefallen. Ich bringe ihn jetzt dennoch, nachträglich.

Und als eine Art Ausgleich, wofür auch immer, zuvor ein paar Bilder, die nichts aussagen sollen. Das letzte ist heute Morgen entstanden, als ich, sozusagen mit aufzuhängender Wäsche über dem Arm, unseren Großherzog grüßte...



Worte aus der Kirche zum 25. Oktober 2015, dem 21. Sonntag nach dem Trinitatisfest

Von der Feindesliebe

Sadako Sasaki war ein nur zwölfjähriges Mädchen, das heute vor sechzig Jahren in Hiroshima an den Folgen des amerikanischen Atombombenabwurfs starb. Bekanntheit erlangte sie durch den trostlosen Umstand, dass eine Freundin ihr nach der Erkrankung von einer alten Legende erzählte. Wer eintausend Origami-Kraniche falten würde, der bekäme von den Göttern einen Wunsch erfüllt. Innerhalb von weniger als einem Monat faltete sie mehr als eintausend dieser Kraniche und setzte ihre Arbeit auch dann weiter fort. Wohl mehr als eintausend und dreihundert gefaltete Kraniche sollen es am Ende gewesen sein, bevor das kleine Mädchen dennoch starb.

Kann man diese traurige Geschichte in Beziehung setzen zum Gebot der Feindesliebe, das zum Evangelium des heutigen Sonntags gehört? Es ist uns gesagt, wir sollen unsere Feinde gerade darum lieben, damit wir Kinder des himmlischen Vaters werden.

Wer ist diesem Kind zum Feind geworden? Als die Bombe fiel, war Sadako gerade einmal zwei Jahre alt. Sie wurde unbarmherzig zermalmt durch ein übermächtiges Schicksal. Aber auch dieses gewaltige Schicksal hatte einen Anfang. In Potsdam gab der amerikanische Präsident den Befehl zum Einsatz der Bombe, die militärisch keinen Sinn mehr machte. Piloten, die mit Namen bekannt sind, führten den Befehl gehorsam aus. Zehntausende Menschen verbrannten sofort, als am 6. August 1945 die Bombe um 8:16 Uhr Ortszeit in 600 Metern Höhe explodierte. Noch in zehn Kilometern Entfernung gingen durch die Hitzewirkung der Explosion Bäume in Flammen auf.

Amerika hatte diesen Krieg nicht begonnen. Aber immer bringt ein Übel das nächste, noch größere hervor. Sadako Sasaki wünschte sich von ganzem Herzen, sie könne diesem Sturmlauf des Bösen Einhalt gebieten und ihr Leben retten, wenn sie Kraniche falten würde. Sie ist dennoch gestorben. Seitdem aber erinnern sich überall auf der Welt Kinder an sie und falten diese Kraniche. Das sanktioniert nicht die Handlungen der Feinde. Die bleiben ein Verbrechen. Aber es wird nicht mehr im Hass die Antwort gesucht. Vielmehr folgen diese Kinder, selbst wenn sie ihn nicht kennen, dem Rat des Königs Salomo: „Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot, dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser, denn du wirst feurige Kohlen auf sein Haupt häufen, und der Herr wird dir´s vergelten.“ Hier kommt die vage Hoffnung auf, dass die Spirale von Hass und Feindschaft unterbrochen werden kann. Dazu braucht es die einfache Liebe dieser Kinder, die noch immer ihre Kraniche falten. Es braucht aber auch Herrschende, die sich wie Salomo, Weisheit erbitten und nicht langes Leben, Reichtum oder der Feinde Tod.

Unser Leben ist ganz in Gottes Hand und uns nicht gegeben, um anderen Menschen ihr Leben zu nehmen.

Bei Paulus lesen wir: „Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.“

Thomas Roloff
nachgetragen am 27. Oktober

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