Dienstag, 2. Dezember 2008

Bornstedt


Jonathan Groß, „Bornstedter Friedhof“, gefunden hier

„... und was in Sanssouci stirbt, das wird in Bornstedt begraben – in den meisten Fällen königliche Diener aller Grade, näher- und fernerstehende, solche, deren Dienst sie entweder direkt an Sanssouci band, oder solche, denen eine besondere Auszeichnung es gestattete, ein zurückliegendes Leben voll Tätigkeit an dieser Stätte voll Ruhe beschließen zu dürfen. So finden wir denn auf dem Bornstedter Kirchhofe Generale und Offiziere, Kammerherren und Kammerdiener, Geheime Räte und Geheime Kämmeriere, Hofärzte und Hofbaumeister, vor allem – Hofgärtner in Bataillonen.”So schreibt Fontane es in seinen “Wanderungen durch die Mark Brandenburg”.

Für mich hat Bornstedt die darüber hinausgehende Bedeutung, daß Michael Schumann, einer der faszinierendsten Menschen, die ich je kennenlernen durfte, mit seiner Frau Ingeburg dort begraben liegt, die beide vor genau 8 Jahren bei einem Verkehrsunfall um ihr Leben gebracht wurden.


Ich habe seither niemanden kennengelernt, bei dem sich höchste Intellektualität mit soviel menschlichen Qualitäten verband. Man fühlte sich verstanden, selbst bei gegensätzlichster Anschauung, er war jemand, der einem Zutrauen zur Wirklichkeit vermittelte, ohne daß man das recht bemerkte, denn sicher, er und seine Gattin erschienen regelmäßig auf meinem Geburtstag, ich genoß jedesmal unsere eher sporadischen Unterhaltungen, und vor allem bin ich jedesmal von seinem Geburtstag, eigentlich immer zu spät, er hatte ihn am 24. Dezember, mit dem freundlichen Herrn Roloff gen Mecklenburg gefahren, aber bei der Nachricht von seinem Tod war ich zum ersten Mal in meinem Leben, und mein Vater ist vorher gestorben, so fassungslos, daß ich die Kontrolle über mich verlor und sie seitdem im Grunde nicht vollständig wiedergewonnen habe. Sein Tod muß auch etwas in mir beendet haben, das klingt zwar unangenehm theatralisch, aber ist bedauerlicherweise wahr.

Man sollte sich zumindest bemühen, die eigene Person nicht zu überschätzen, was wirklich traurig ist: Von dieser lebendigen Intellektualität, in deren Gegenwart man förmlich aufblühte und in der einem die eigenen Gedanken nur so zuflogen, auch wenn sie in völligem Gegensatz standen, ist auffindbar so wenig geblieben, das Wesentliche blieb in den vergangenen Gesprächen und vergeht in der Erinnerung derjenigen, mit denen sie geführt wurden.

Wenn man die nachgelassenen Texte betrachtet, sind es vielleicht gerade einmal Fragmente, so vieles fehlt, und das in meiner dürftigen Erinnerung, er hat sein Leben und Talent wirklich an die Politik dahingegeben, ach zum Stichwort: Er war ein „PDS-Politiker“ und zu diesen Zeiten meinte ich noch Partei ergreifen zu müssen, auf der genauen Gegenseite. Aber wer kommt schon rein durchs Leben, es genügt, wenn man sich von Zeit zu Zeit vom Gröbsten befreit. Ich will versuchen, weiter über ihn nachzudenken.

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