Johann Christian Günther
Auf eine Schnupftabaksdose
Ich brauche diesen Staub mit Lust und Überfluß,
Damit ich Asch' und Erde
Fein oft erinnert werde:
Mensch, lerne, was du wirst und wann man leben muß!
Johann Christian Günther kann sicher nichts dafür, daß Goethe ihn sehr geschätzt hat. Er steht am Ende des Barock, dieser Literaturepoche, die mir aus, welchen Gründen immer, ganz lieb ist. In der Regel schätzt man ihn, weil er diese überwunden habe. Zwei Beispiele, wobei das nachfolgende Gedicht etwas in die Irre führt, denn als er am 15. März 1723 starb, endete ein eher unglückliches Dichterleben bereits früh mit 27 Jahren.
Der Unterscheid jetziger Zeit und der Jugend
Vor diesem dacht ich mit der Zeit
Ein groß und vornehm Thier zu werden,
Ich sucht‘ in Kleidung und Gebärden
Vor allen einen Unterscheid;
Ich sann viel Staatsstreich auszuführen,
Vergaffte mich am Mazarin
Und griff mit feurigem Studieren
Nach Palmen, die den Klügsten blühn.
Immittelst nahm mein Alter zu,
Die Jugend gab mir viel zu wissen,
Ich ward durch manchen Fall gerissen
Und sucht ein Leben ohne Ruh.
Ich sah in klein- und großen Ständen
Viel Kummer, Torheit, Pein und Neid
Und griff nunmehr mit beiden Händen
Das Gauckelspiel der Eitelkeit.
Wo ist denn nun mein Ehrgeiz hin?
Wo sind die flüchtigen Gedanken,
Womit ich oftmals aus den Schranken
Gemeines Glücks geflogen bin?
Es reizt mich kein berühmter Tittel,
Es rührt mich weder Hof noch Pracht,
Ich finde, deucht mich, viel im Kittel,
Was kluge Seelen glücklich macht.
Dies, große Weisheit, dank ich dir,
Dies dank ich dir, du süße Liebe;
Durch eure Lust, durch eure Triebe
Erfind ich selbst mein Glück in mir.
Bleibt Phillis mir nur treu ergeben,
So ficht mich wohl kein Wunsch mehr an,
Als daß ich mit ihr ruhig leben
Und einmal freudig sterben kann.
Montag, 15. März 2010
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