Otto von Bismarck und Napoleon III. nach der Schlacht von Sedan
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Gelegentlich erinnere ich an den Sedantag, den populärsten Feiertag im 2. Kaiserreich, auch wenn der entsprechende Artikel in Wikipedia etwas anderes suggeriert. Vor 2 Jahren hatte ich
dazu Haffner zitiert, und dessen Schilderung erscheint mir doch weitaus plausibler, wie auch immer. Herr Roloff, hier bestens als Gastautor bekannt, hat einen kleinen, aber bemerkenswerten Artikel zum Sedantag verfaßt, den ich gern ebenfalls wiedergeben möchte. Nur ein Hinweis zum Ende des Artikels für denjenigen, der hier nur zufällig liest, Schönhausen, der Geburtsort Bismarcks, ist sein Wohnort.
Brandenburger Tor in Berlin nach der Schlacht von Sedan, hier gefunden
Gedanken zum Sedantag
Mit dem Sieg bei Sedan, den die mit Preußen verbündeten deutschen Staaten heute vor 140 Jahren über Frankreich errangen, war der dritte von Bismarcks Einheitskriegen entschieden. Der Weg zur Reichsgründung war mit dem Sturz Napoleons III. frei. Nur Frankreich hatte sich der deutschen Einheit noch widersetzt. Ähnlich wie wir es 1990 erlebten, fand rein staatsrechtlich lediglich ein Beitritt statt. Damals handelte es sich aber um den Beitritt der drei verbliebenen süddeutschen Monarchien, Bayern, Württemberg und Baden, sowie des südlichen Hessens zum 1867 gebildeten Norddeutschen Bund, der von da an einfach seinen Namen wechselte und Deutsches Reich hieß.
Ausgelöst hatte den Krieg die seit dem Wiener Kongreß in ihrem Kern unentschiedene Frage über die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent. Entzündet hatte er sich an der spanischen Thronfolge. Die Wahl eines Hohenzollernprinzen zum spanischen König durch die Cortez, dem spanischen Parlament, hatte in Frankreich die nationalistischen Wellen hoch schlagen lassen. Paris wollte diesen Krieg und sah in ihm die Chance, den Aufstieg Deutschlands zu verhindern. Bismarck wiederum wußte genau, daß sein Einigungswerk nur zum Abschluß kommen konnte, wenn der französische Widerstand zuvor gebrochen wurde. Mit seiner gekürzten Fassung der berühmten „Emser Depesche“ reizte er geschickt die Emotionen des Gegners. Es gibt heute aber keine ernsthaften Zweifel mehr daran, daß der Deutsch-französische Krieg auch zum Ausbruch gekommen wäre, wenn Bismarck diesen Schachzug unterlassen hätte. Selbst wenn man dennoch auf der Ansicht besteht, daß Bismarcks redigierte Depesche eine Provokation gegenüber Frankreich darstellte, dann war aber die französische Kriegserklärung an Preußen am 19. Juli 1870 und damit am 60. Todestag der hochverehrten Königin Louise, der Mutter Wilhelms I., die weitaus größere Herausforderung. Nichts hat den nachmaligen Kaiser, der als Kind in Hohenzieritz am Sterbebett dieser unvergleichlichen Frau kniete, stärker bewegt, als diese Beleidigung.
Frankreich hatte seine Kräfte und seine Stellung in Europa grenzenlos überschätzt. Die Sympathien der anderen Mächte gehörten dem angegriffenen Norddeutschen Bund und seinen Verbündeten. Die Entscheidung fiel rasch. Das am 18. Januar 1871 gegründete Reich nahm seinen unbestrittenen Platz in der Mitte Europas ein, und der Sedantag am 2. September wurde sein Nationalfeiertag.
Dieses Geschehen hat den Reichsgründer Zeit seines Lebens beschäftigt. 1892, wenige Jahre vor seinem Tod, nimmt er in seinen Reden in Jena noch einmal auf Sedan Bezug. Er war auf der Rückreise von den Hochzeitsfeierlichkeiten seines Sohnes Herbert in Wien und geleitete ihn und seine Gattin Margarete Gräfin Hoyos in seinen Geburtsort Schönhausen, wo das junge Paar von da an leben sollte, und wo sich noch immer Menschen an die Fürstin Herbert erinnern können.
Dort in Jena stellte der Altreichskanzler am 30. Juli 1892 noch einmal fest: „Der französische Krieg war notwendig; ohne Frankreich geschlagen zu haben, konnten wir nie ein Deutsches Reich mitten in Europa errichten und zu der Macht, die es heute besitzt, erheben.“
Bescheiden fährt er dann fort: „Diese ganze Entwicklung müssen Sie nicht meiner vorausberechnenden Geschicklichkeit zuschreiben; es wäre Überhebung von mir, wenn ich behaupten wollte, daß ich diesen ganzen Verlauf der Geschichte vorausgesehen und vorbereitet hätte. Man kann die Geschichte überhaupt nicht machen, aber man kann immer aus ihr lernen, wie man das politische Leben eines großen Volkes seiner Entwicklung und seiner historischen Bestimmung entsprechend zu leiten hat. Das ist das ganze Verdienst, was ich für mich in Anspruch nehmen kann.“
Sehr bekannt geworden ist dann auch Bismarcks Beschreibung des Wesens der Politik: „Politik ist eben an sich keine logische und exakte Wissenschaft, sondern sie ist die Fähigkeit, in jedem wechselhaften Moment der Situation das am wenigsten Schädliche oder das Zweckmäßigste zu wählen.“ In seiner zweiten Jenaer Rede am Tage darauf, stellt der Fürst einen Zusammenhang her zwischen der Niederlage von Jena 1806 und dem Sieg von Sedan 1870 und betont: „Ich kann mich nicht freuen bei dieser Erinnerung, wenn auch mein Verstand mir sagt, daß wenn Jena nicht gewesen wäre, Sedan vielleicht auch nicht in unserer Geschichte seinen glorreichen Platz gefunden hätte.“
Dann legt er unter nochmaligen Verweis auf die Kämpfe zur Erlangung der Reichseinheit ein klares Bekenntnis ab, das für seine Politik maßgeblich war und für Deutschland nach seinem Willen maßgeblich bleiben sollte: “Diese Kriege waren notwendig; nachdem sie aber geführt worden sind, halte ich es nicht für nötig, daß wir weitere Kriege führen. Wir haben in ihnen nichts zu erstreben. Ich halte es für frivol und ungeschickt, wenn wir uns in weitere Kriege hineinziehen lassen, ohne durch fremde Angriffe dazu gezwungen zu werden. Dann allerdings werden wir auch so stark sein, wie Deutschland in der Mitte Europas es ist, d.h. es wird seinen Nachbarn, auch wenn sie sich verbinden, gewachsen sein. Aber nur im Defensivkrieg.“
In Erinnerung an den Tag von Sedan waren in vielen Orten und so auch in Schönhausen Friedenseichen gepflanzt worden. Leider fiel diejenige in Schönhausen unlängst der Säge zum Opfer.
Thomas Roloff
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