Als ich mich kürzlich entschied, doch nichts über Friedrich Rückert zu schreiben (er wurde am 16. Mai 1788 geboren), konnte ich nicht ahnen, daß er plötzlich so aktuell werden würde, gewissermaßen. Immerhin hat er einen Zyklus namens „Kindertodtenlieder“ geschrieben und anderes, das sich zum „deutschen Kunstlied“ emporgehoben hat, durch das Hinzutreten großer Komponisten des 19. Jahrhunderts.
Gut, Gustav Mahler ist schon spätes 19. Jahrhundert, es dauerte halt sehr lange. Aber das nachfolgende, nicht unbeachtliche Gedicht, von Mahler so eindringlich vertont, daß es gleich einem Messer in die Seele einschneidet, und dann von Dietrich Fischer-Dieskau vorgetragen – all dies verschafft eine Ahnung davon, welcher Anstrengungen es bedarf, um in die Tiefe des Daseins einzutreten und dort zu bestehen, und warum gültig erschaffene Kunst eine Sache größter Ernsthaftigkeit ist.
Dietrich Fischer-Dieskau ist heute verstorben, ich werde anschließend nur ein paar Musik-Videos anbringen unter dem richtigen Datum (es gibt Grenzen der Geschwätzigkeit - übrigens für meine tapferen englischsprachigen Leser, hier findet sich eine Übersetzung von der verdienstvollen Emily Ezust).
Friedrich Rückert
Ich bin der Welt abhanden gekommen
Ich bin der Welt abhanden gekommen,
Mit der ich sonst viele Zeit verdorben,
Sie hat so lange nichts von mir vernommen,
Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben!
Es ist mir auch gar nichts daran gelegen,
Ob sie mich für gestorben hält,
Ich kann auch gar nichts sagen dagegen,
Denn wirklich bin ich gestorben der Welt.
Ich bin gestorben dem Weltgetümmel,
Und ruh' in einem stillen Gebiet!
Ich leb' allein in meinem Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied!
nachgetragen am 18. Mai
4 Kommentare:
Die Werke von Friedrich Rückert sind brilliant.
Mein Lieblingsgedicht von ihm ist das Erbersträuchlein
Ich könnte es stundenlang lesen.
Vielen Dank für den Link, ich hab's gerade nachgelesen. Ich gestehe, ich kannte es nicht. Es ist wirklich recht rührend (und ich meine das nicht ironisch).
lieber Martin,
so habe ich heute, dank Rückert, den Weg mal wieder zu Ihnen gefunden ...
"Aus den östlichen Rosen"
von Friedrich Rückert
Ich sende einen Gruß wie Duft der Rosen,
Ich send' ihn an ein Rosenangesicht.
Ich sende einen Gruß wie Frühlingskosen,
Ich send' ihn an ein Aug voll Frühlingslicht.
Aus Schmerzensstürmen, die mein Herz durchtosen,
Send' ich den Hauch, dich unsanft rühr' er nicht!
Wenn du gedenkest an den Freudelosen,
So wird der Himmel meiner Nächte licht.
Hochverehrteste Rosabella,
ich gestehe, zuerst war ich etwas (nun ja, fast) erschrocken, daß Sie ausgerechnet über diesen älteren Post den Weg zu mir (wieder-)fanden. Aber Sie hatten ja im Gegensatz zu mir an Rückerts Geburtstag erinnert, so löste sich alles auf, hoffe ich.
Wenn ich Glück habe, werde ich bald eine Menge Rosenbilder bringen können (ich habe doch einiges herüberretten können von den alten Rosen, aber weiß Gott nicht alles).
Herzlichen Dank für Ihren Gruß.
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