Friedrich Hölderlin
Die Eichbäume
Aus den Gärten komm ich zu euch, ihr Söhne des Berges!
Aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und häuslich,
Pflegend und wieder gepflegt mit dem fleißigen Menschen zusammen.
Aber ihr, ihr Herrlichen! steht, wie ein Volk von Titanen
In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel,
Der euch nährt' und erzog, und der Erde, die euch geboren.
Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,
Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
Unter einander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.
Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels
Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen.
Könnt' ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer
Diesen Wald und schmiegte mich gern ans gesellige Leben.
Fesselte nur nicht mehr ans gesellige Leben das Herz mich,
Das von Liebe nicht läßt, wie gern würd' ich unter euch wohnen!
Im Schutze eines großen Steins in diesem Garten versucht seit einigen Jahren ein Eichensetzling, der sich selbst gepflanzt hat, am Leben zu bleiben, und zu wachsen. Seit ich die „Pflege“ dieses Orts vollständig selbst übernommen habe, sind seine Chancen gestiegen. Daher das Bild.
Ein aufgedrängter Post. Die Geschichte: Ach, ich zitiere einfach den Herrn Morgenländer, obwohl mir die Sache längst übel aus dem hiesigen Regionalblatt entgegenroch:
„Ein 'Symbol für Deutschtümelei und Militarismus' sei die Eiche, befand der 'Antifaschistische Fuchsschwanz' und fällte den Baum, den man am Wochenende in Rostock-Lichtenhagen gepflanzt hatte, um an die pogromartigen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge vor zwanzig Jahren zu erinnern.
Die ZEIT findet das zwar nicht nicht schön, nennt das Pflanzen einer Friedenseiche aber eine 'unglückliche Idee'.
Wir lernen also, dass nicht nur ein Gespräch über Bäume, sondern auch das Pflanzen von Bäumen ein Verbrechen sein kann, jedenfalls wenn man der Logik linker 'Antifaschisten' folgt.“
Ich mag zum Lokalblatt nicht verlinken, denn das Gruselige ist, wieviel verdruckste Sympathie einem da entgegendumpft. Dumpfheit kann man hier. Was schreibt man aber dann?
Was ist das für eine Mentalität, die überall nach Spuren des Deutschen sucht, selbst den vermeintlichen (gut; hier, das Eichenlaub auf den Schulterblättern etc.), nur um zu versuchen sie auszulöschen.
Es ist, als sei man in einen wüsten SF-Film geraten. Man schaut auf die Spuren des Bösen, sie sind klein, fast skurril, man sieht, wer sich in Stellung begibt, sie zu verniedlichen, sie zu verteidigen, bedeutungs-schwangere Beschwichtigungen abzuliefern und weiß den selben Moment, sie gehören demselben Wurzelwerk an. Es gibt zwei davon in dem Land, ein altes beschädigtes, das angegriffen ist, und ein anderes, das eben diese Auslöschung will.
Über dem Wurzelwerk, im Freien sind einst schlimme Dinge geschehen, vor langer Zeit, aber sie haben das Land in seiner Seele geschwächt. Seither gibt es eine seltsame Art von Wesen. Sie nähren sich von den vergangenen Verbrechen wie an einer giftigen Frucht, die sie völlig gefangen nimmt, sie berauschen sich an ihr, sie gibt ihnen das Gefühl der Rache, der Größe, der Genugtuung, die das Zerstören verschafft. Und so haben sie aus der Vergangenheit eine Droge für sich gemacht.
Manche Alpträume hören nicht auf, seit man aufgewacht ist. Daher ist es ein aufgedrängter Beitrag. Was aber dann zu sagen, zu sich selbst? Wenn Alpträume die Dinge so klar aufzeigen, dann besser wohl dem beispringen, das mit soviel jahrhundertealtem Recht nach Hilfe ruft und die eigene angeborene Feigheit verleugnen versuchen, etwas wenigstens.
2 Kommentare:
I won't comment on the German societal psychopathology - unique and sad as it is - but it has reminded me of a poem I happen to like very much. So here it is, even if it doesn't compare with the Hoelderlin and even if it is "Thema verfehlt":
Franz Kießling:
Bäume
Im Böhmerwald, im Harz, in den Vogesen
sind ihrer viele, die ich noch nicht sah
und nimmer sehen werde. Doch ihr Wesen
ist mir im Baum vor meinem Fenster nah.
Noch steht der Wald, den ich als Kind bewundert,
und scheint nicht älter, als er damals schien.
Mich ändert jedes Jahr. Und dies Jahrhundert
wird mich begraben irgendwo bei Wien.
Vielleicht schon morgen unter Rauch und Trümmern,
ganz ohne Abschied, ohne Grabgeschenk.
Das wird die Welt der Bäume nicht bekümmern,
sie ist nicht meinesgleichen eingedenk.
Wer bin ich dann? - Ich habe kein Vermächtnis,
das meinen Namen hier unsterblich macht.
Doch wär ich gern in eines Baums Gedächtnis,
so wie ich seinesgleichen gern gedacht.
Ihr alle, die ihr meine Liebe hattet:
ich hab die Bäume fast wie euch geliebt.
O wär mir stets für euch ein Trost gestattet,
wie ihn der Schatten eines Baumes gibt.
Lieber Herr Prof. Aue, glauben Sie mir bitte, daß mein Ausbleiben eines Kommentars zu Ihrem Kommentar, nicht daran lag, daß ich dies Gedicht nicht mehrfach wieder gelesen hätte, doch was wäre denn zu antworten?
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