Montag, 20. September 2010

Webmuster

Alte Englische Rose (Heritage) von David Austin
Photo: Mogens Engelund
hier gefunden

Theodor Fontane

O trübe diese Tage nicht


O trübe diese Tage nicht,
Sie sind der letzte Sonnenschein,
Wie lange, und es lischt das Licht
Und unser Winter bricht herein.

Dies ist die Zeit, wo jeder Tag
Viel Tage gilt in seinem Werth,
Weil man's nicht mehr erhoffen mag,
Daß so die Stunde wiederkehrt.

Die Fluth des Lebens ist dahin,
Es ebbt in seinem Stolz und Reiz,
Und sieh, es schleicht in unsern Sinn
Ein banger, nie gekannter Geiz;

Ein süßer Geiz, der Stunden zählt
Und jede prüft auf ihren Glanz,
O sorge, daß uns keine fehlt
Und gönn' uns jede Stunde ganz.


Oh, do not darken days like these

Oh, do not darken days like these,
the final rays from our sun,
for soon enough the light will cease
when our winter has begun.

This is the time, where ev'ry day
is worth so many days in turn,
because no longer hope can pray
that thus the hour will return.

The tide of life has come and passed
and low now lie allure and pride,
and look at our mind: at last
creeps anxious avarice inside:

a honeyed greed, that counts the hours,
and tests each one for shine and fit;
oh, make that ev'ry hour flowers,
and kindly grant us all of it.”

„ Mutterseelenallein“, daß dieses urdeutsch erscheinende Wort eingewandert ist, läßt erstaunen. Mutter-Seelen-allein - von Mutter und Vater, Gott und aller Welt verlassen, Verlorenheit in gesteigerter Form. Und so kam es zustande:

Am Anfang stand das französische „moi tout seul“, „ich ganz allein“ (ausgesprochen etwa: moa tu seöl). Es heißt, man hätte es in Deutschland von den Hugenotten in Berlin zuerst gehört, mag sein. Wenn man es hier nun aber nicht verstand, konnte ein Deutscher daraus „mutterseel“ heraushören (ich erinnere mich, wie eine Frau, die mit dem Katholischen nicht so vertraut war, mir einmal von dem wunderbaren Lied „Arme Maria“ erzählte; Menschen tragen gern einen vertrauten Sinn in etwas, das sie nicht kennen, das Phänomen ist folglich bekannt).

Einmal angenommen, der aufmerksame Franzose schickte dem verständnislos blickenden Deutschen ein „allein“ hinterher, so erschloß sich dem Zuhörer sofort einleuchtend der Sachverhalt und es entstand das schöne deutsche Wort „mutterseel‘allein“ - für einen allerdings weniger erfreulichen Zustand, nämlich den gänzlicher Verlassenheit und Verzweiflung, des völligen Ausgesetzt-Seins.

Beispiel: „Da stand ich nun unter Gottes freiem Himmel wieder auf dem stillen Platze mutterseelenallein, wie ich gestern angekommen war.“ (Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts)

Wie dieses scheinbar zusammenhanglose Gestammel zustande kommt? Das ist eher einfach. Durch einen Beitrag etwa, der nicht beendet wurde, stieß ich auf dieses wunderbare Bild einer alten englischen Rose, von der Art, die mir im letzten Winter eingegangen ist.

Und dann, wenn man sich ein wenig zur Geisel des Kalenders macht, fiel mir nicht nur auf, daß Theodor Fontane wieder einmal gestorben ist und die spätere Kronprinzessin Cecilie geboren wurde, nein, ich entdeckte auch, daß ich nun seit fast exakt 2 Jahren Geisteshervorbringungen des verehrten Prof. Aue mit seiner stillschweigenden Erlaubnis hier mißbrauche. Und unsere gegenseitige Kenntnisnahme begann ein wenig mit diesem Gedicht von Fontane und der schon einmal angezeigten Übersetzung. Merkwürdig.

Und da ich nun einmal geborener Mecklenburger bin, wäre es geradezu Landesverrat, nicht erneut auf diese Ansprache von Herrn Roloff über die Kronprinzessin Cecilie zu verweisen.

Ach und die kleine etymologische Petitesse - ich wurde heute kurz um poetische Amtshilfe gebeten, über den Ursprung eines Wortes und fand das. Alles sehr merkwürdig wie gesagt. Auch daß durch das offene Fenster in der regendiesigen Luft gerade Schüsse wiederhallen von augenscheinlich jagdfreudigen Menschen, nach dem Geräusch zu urteilen, vielleicht 400 - 500 Meter entfernt, auch dies ist seltsam irgendwie.

Was für seltsame Muster das Leben webt - aus unseren Ambitionen und Schwächen und Sehnsüchten und Eitelkeiten und Vorlieben und Ängsten und ….

2 Kommentare:

naturgesetz hat gesagt…

Fasicinating bit of etymology. Thank you.

MartininBroda hat gesagt…

Glad to know you're looking at this babble :-)