Es ist schon kurios, da will man jemandem nur unauffällig signalisieren: „Nett, daß Sie meinen Kram lesen, ich finde Ihre Sachen auch ganz interessant“, der gute Mann stellt einen darauf eigens vor, und auf einmal hat man eine kleine Diskussion über Übersetzungen. Er hat übrigens einen empfehlenswerten Blog namens „Naturgesetz“ und ich fand die Vorstellung wirklich beschämend rührend, ich danke also.
Bekanntlich stehen auf der rechten Seite einige Übersetzungen, die vor allem Prof. Aue zu danken sind, von ihm ist übrigens das obige Bild (ich weiß nicht, was seine Vergißmeinnicht angestellt haben, daß sie hinter Gitter mußten). Warum, weil ich meinen ausschließlich englischsprechenden Besuchern, die sich hierher verirren, den Besuch nicht völlig vergeblich belassen will. Und ich gebe zu, die erwähnte Diskussion hat mich stellenweise etwas verärgert.
Poesie ist unübersetzbar, natürlich, und es ist ungewiß, was man bei Übersetzungen in die andere Sprache hinüberrettet, Prof. Aue und ich hatten darüber schon einige Unterhaltungen. Aber ich denke, Poesie ist im Herzen einer Sprache angesiedelt, sie ist ihr dichtester Ausdruck, sie verkörpert so Wesentliches, daß es unabdingbar ist, das Unmögliche zu versuchen.
Ich habe fast alles vergessen, was ich jemals an Russisch beherrscht haben mag, aber eines meiner Lieblingsgedichte ist Brodskys „Große Elegie an John Donne“, ich kenne es nur durch seine Übersetzung, aber für mich entfaltet diese den Zauber originaler Dichtung, und ich kann nur hoffen, daß dieser Zauber nicht trügerisch ist, aber missen möchte ich es nicht.
Er ist übrigens am 24. Mai 1940 geboren worden (hier ein paar Links: die unumgängliche Wikipedia, Bemerkenswertes auf Lyrikwelt und Perlentaucher, eine interessante englischsprachige Seite). Bei seinem Übersetzer fand ich folgendes nachdenkenswertes Zitat:
"Es gibt keine Liebe ohne Erinnerung, keine Erinnerung ohne Kultur, keine Kultur ohne Liebe. Deshalb ist jedes Gedicht ein Faktum der Kultur wie ein Akt der Liebe und ein Blitzlicht der Erinnerung, und ich würde anfügen - des Glaubens."
Joseph Brodsky, "Beyond Consolation". In: The New York Review of Books, 7. Februar 1974
Das, was wir lesen, erschafft mit der Zeit eine Art Muster im sprachlichen Grundgewebe der eigenen Seele. So sind wir gewissermaßen auch ein Geschöpf unserer Lektüre, ohne Übersetzungen ein eher armes Geschöpf.
Und dann ist da noch Julius Schnorr von Carolsfeld, einer der bekanntesten Nazarener, am 24. Mai 1872 in Dresden gestorben. Eigentlich wollte mich heute darüber auslassen, ob diese romantische Malrichtung nun eher Kitsch sei oder doch nicht, aber das werden wir wohl auf ein anderes Mal verschieben müssen.
Julius Schnorr von Carolsfeld,
7 Kommentare:
Ah, aber wer ist im Rahmen, in uns oder in den Blumen?
Du meinst, vielleicht ist es gerade umgekehrt, wir sind im Käfig, und die Vergißmeinnicht schauen auf uns? Kann schon sein.
Vielen Dank fürs gnädige Kompliment.
Stimmt, jetzt, wo ich's nochmal lese, hat es einen unklaren Unterton (man sollte nie schreiben, wenn man sich gerade unwohl dabei fühlt). Also, ich weiß nicht, ob ich den richtigen Namen hier verwenden darf, aber hinter dem Namen "Maturgesetz" steht ein höchst integrer, gebildeter, glaubensstarker und anteilnehmender Herr, über dessen Aufmerksamkeit ich mich sehr gefreut habe, auch wenn ich in dem Moment etwas irritiert war. Ich hoffe, das geht als Entschuldigung so durch.
Er ist auch eine reife Persönlichkeit, deshalb habe ich wahrscheinlich an "maturitas" gedacht, aber tatsächlich heißt es "Naturgesetz".
Ich finde mich ein wenig überrascht, wiel es schien mir, dein Ärgernis war mehr über die Meinungen Pligrims als über die meine. Darum ist Entshuldigung an mich vielleicht unnötig. Oder habe ich mit meinem sclechtes Deutsch etwas misverstanden?
Nein, dann ist jetzt doch alles in Ordnung, den Rest erkläre ich lieber per Mail.
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