Sonntag, 3. Mai 2009
Novalis-Nachtrag
Das Novalis-Gedicht gestern war lang genug, darum heute nun ein kurzer Nachtrag. Als ich las: Novalis – und es ist schließlich mein stetes Bemühen, dies hier nicht so sehr ins Persönliche abgleiten zu lassen – dachte ich, großartig, „Hymnen an die Nacht“, „Die Christenheit oder Europa“, Texte für die ich schon als 17jähriger geschwärmt hatte, aber exakt das stellte sich als Problem heraus. Meine Sympathie für Novalis war so sehr in diesen Kokon von Jugenderinnerungen eingeschlossen – Sentimentalität und Transzendenz, Realitätsverweisung und luminöse Hoffnung:
„Wie ich da nach Hülfe umherschaute, Vorwärts nicht könnte und rückwärts nicht – und am fliehenden, verlöschten Leben mit unendlicher Sehnsucht hing – da kam aus blauen Fernen, Von den Höhen meiner alten Seligkeit ein Dämmrungs Schauer – Und mit einem male riß das Band der Geburt, des Lichtes Fessel – Hin floh die irdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr. Zusammen floß die Wehmuth in eine neue unergründliche Welt – Du Nachtbegeisterung, Schlummer des Himmels kamst über mich.“
Daß Wiederlesen ernüchtern muß, ist nicht zwangsläufig, es macht nur manchmal die Entfernung zwischen dem inneren Bild und der gegenwärtigen Geistesverfassung deutlich und daß man manches offenkundig jahrelang nicht gelesen zu haben scheint, obwohl es ständig vor der eigene Nase im Bücherschrank stand. Ob das nun die Desillusionierung des Alters oder was auch immer ist. Wir müssen das einmal später gründlicher mit uns erörtern.
Als mir beim Nachlesen die Worte der Hymnen an die Nacht etwas mehltauig wurden und ich ein wenig nach Novalis-Übersetzungen herumsuchte (es gibt ein paar englischspechende Mensche, die mir versichern, sie würden das hier lesen, na ja, oder sich die Bilder angucken; ich brauchte also wieder einmal eine Übersetzung und wurde bei Leon Malinofsky fündig. Zumal das von ihm übersetzte Gedicht die Leichtigkeit hatte, die dem Vorigen irgendwie abging).
Die Übersetzung des „Frühlingslieds“ benutzen zu dürfen, wurde mir noch innerhalb desselben Tages gestattet, das ist in der Tat generös, ich würde regelmäßig viel länger trödeln, was ich aber noch bemerkenswerter finde: Ich bin bei dieser Gelegenheit auf eine private Homepage getroffen (und eine äußerst interessante zumal), die 17 Jahre alt ist!
Das ist gewissermaßen die Urzeit des Internets, darauf stößt man nicht alle Tage, als ob einem ein lebender Archaeopteryx über den Weg laufen würde (das war jetzt sprachlicher Unsinn, wie sollte ein toter Vogel über den Weg laufen). Chapeau!
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