Sonntag, 20. Februar 2011

Geistliches

Wie kürzlich hier erwähnt, ist dies nun der ursprüngliche Predigtentwurf zum Sonntag Septuagesimae, den mir Herr Roloff zusandte. Ich mag diesen gewissermaßen meditativen Stil und vor allem schätze ich es, wenn man sagen kann, man habe eine Predigt so gut auch im 17. Jahrhundert hätte halten können. Ich weiß, die Aktualität, das Antworten auf die Zeit etc. etc., aber das alles ist so vergänglich, und nicht selten zu banal.

Lucas Cranach, Martin Luther als Prediger
hier gefunden

Lk 17, 7-10

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

der uns zur Predigt aufgegebene Abschnitt aus Lukas zeichnet ein schonungsloses Bild vom menschlichen Leben. Dieses Leben ist das Dasein als Knecht in der Welt des Herrn, in der wir zu tun haben, was wir schuldig sind. Wenn wir den ganzen Tag über gearbeitet haben und am Abend heim kommen, dann erwartet uns noch lange keine Ruhe, sondern eine lange Liste neuer Aufgaben. Niemand sagt uns: Komm, und setze dich zu Tisch. Der Herr bedarf unser noch immer, und wir haben ihm zu dienen und nicht nach dem zu fragen, was wir wohl gern wollen. Wenn wir dann aber glauben, für unsere Hingabe gelobt oder gar bedankt zu werden, dann irren wir. Erst wenn wir alles getan haben, was uns befohlen war, dann sollen wir sprechen: „Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“ Wer hört das wirklich gerne? Wo bleibt da die Freude am Leben? Entfaltet sich hier nicht geradezu wieder erbarmungslos das genussfeindliche, freudlose Christentum, in dem weder getanzt, noch gefeiert wird, in dem das missmutige Gesicht zum guten Ton gehört und jedes Beten Klagen ist?

Es ist ein grauer unfreundlicher Text, den wir da zu bewältigen haben, und der gar nicht zum Evangelium des Tages passen will, in dem doch selbst diejenigen, die nur eine Stunde gearbeitet haben, mit gutem Tageslohn versehen werden.

Es ist ein ganz besonderer Tag im Kirchenjahr, zu dem diese Texte gehören. Der Sonntag Septuagesimae markiert den Punkt, an dem der Blick der Gemeinde, der ganzen Kirche, sich wendet. Bislang haben wir gleichsam zurückgeschaut auf das Weihnachtsfest, auf die Krippe, haben uns die Kindheit Jesu, seine Beschneidung, den Besuch der Könige, seine Taufe, die Darstellung im Tempel und zuletzt die Verklärung des Herrn vergegenwärtigt. Nun aber blicken wir wieder nach vorne und erkennen in der Ferne das Kreuz, an dem Christus hängen und sterben wird. Wir erschrecken und beginnen doch, seinen Weg zu gehen. Die Kirche zieht vom Holz der Krippe hin zum Holz des Kreuzes. Die Kirche wendet den Blick von der Fröhlichkeit der Weihnachts- und Epiphaniaszeit in die Zeit der Passion und der Trauer. So verschieden nun diese beiden Dinge und Zeiten sein mögen, sie weisen uns dennoch auf dieselbe Wahrheit hin, nämlich, dass uns Menschen unser Erlöser und Herr geboren ist. Christus selbst ist es, der unsere Zeiten, so verschieden sie auch sein mögen, zusammenhält und sie zu einem ganzen formt und schafft.

Unser Predigttext nun gibt uns in dem Wort „Knecht“ einen verborgenen Hinweis auf diesen Zusammenhang. Der Knecht Gottes ist von Alters her ein Name für den kommenden Messias, für den leidenden Messias. Eigentümlich unverbunden nebeneinander haben in der jüdischen Vorstellung zwei ganz verschiedenartige Erwartungen vom Messias bestanden. Es wurde der neue prachtvolle König des erwählten Volkes ersehnt, der mehr noch als in seiner Abstammung in seiner glanzvollen Herrschaft ein würdiger Nachfahre Davids sein sollte, und es gab die Ahnung vom leidenden Knecht, der wie Joseph in die Grube der Verdammnis geworfen werden würde, von seinen Brüdern verraten, von seinem Vater getrennt, aus der Heimat verbannt, und der darum auch mit Recht sein Nachfahre sein sollte. Gott hat es nun so gefügt, dass der Welt in Jesus der Messias geschenkt wurde, der beides erfüllte, er ist ein Sohn Davids und ein Sohn Josephs, er ist der neue machtvolle König und der leidende Knecht, er ist vom Vater getrennt und doch mit dem Vater eins. In ihm wird alles erfüllt und wieder miteinander verbunden, in ihm wird tatsächlich alles ganz und heil.

Das alles aber konnte nur geschehen, weil Jesus seinen Weg als Knecht geduldig bis ans Ende ging. Er hat sich für uns zum Knecht, zum Sklaven gemacht, er hat alles Unheil auf sich genommen. Er hat die Seinen gelehrt und geführt, er hat geheilt und getröstet, er hat Tote ins Leben gerufen und Blinden das Licht geschenkt, er hat die Seinen gespeist und ihnen die Füße gewaschen, er ist für uns in den Tod gegangen, um als machtvoller König sein Leben wieder zu nehmen.

Wir sind es, die das alles empfangen haben. Er hat das alles uns getan. Er hat unser Leben mit einem unermesslichen Reichtum erfüllt. Alles was wir jemals tun können, es sei wie es will, wird niemals dem gerecht, was er uns gebracht hat. Darum sind wir unnütze Knechte. Wir können demütig alles das tun und dulden, was uns im Leben begegnet, weil uns eine Gabe zuteil wurde, die alles und für immer überwiegt.
Thomas Roloff

2 Kommentare:

naturgesetz hat gesagt…

This was an interesting sermon. The point connecting our being unprofitable servants when we have done all that is required with the inequality between our acts and Christ's saving act is a connection I don't think I had precisely made.

As you know, the Roman liturgical calendar abolished Epiphanytide as well as Septugesimatide, so that now we have "Ordinary Time" from the Baptism of the Lord to Ash Wednesday. I hadn't realized that Septuagesima survives in the Lutheran Church.

It's interesting that I find Herr Roloff's sermons easier to understand than your posts and Morgenländer's. I think it is because I'm better acquainted with the religious vocabulary than with the colloquial. There may also be some subtle difference between the syntax one uses when preaching and what one uses in other situations. I don't know, but it's an interesting phenomenon.

MartininBroda hat gesagt…

I found his sermon quite perfect. The funny thing is, he was completely unsatisfied with his frist version, this was the reason he sent it to me, and I was like "wow"! I'm glad you liked it too. Indeed sometimes the Lutheran Church seems to be more Catholic then the Roman :) unfortunately only sometimes. And about my posts, I'm really glad you still try to read it, unfortunately I don't have the energy to translate it all, but I would try to explain some points if you want, so just give a hint please.