Und einer ihrer sprach: Der du hier nahest •
Wer du auch seiest – forsche durch genaue
Erinnrung ob du diesseits je mich sahest!
Ich zu ihm tretend dass ich fest ihn schaue
Sah: er war blond und schön • von edlem schnitte ..
Nur spellte ihm ein hieb die eine braue.
Als zaghaft ich verneint dass unsre tritte
Sich je begegnet • fuhr er fort zu reden
Nach einer wunde weisend auf der mitte
Der brust und lächelnd: Sieh! kennst du Manfreden
Das enkelkind der kaiserin Konstanze?
Ich bitte dich kehrst du aus diesem eden:
Such meine schöne tochter die dem glanze
Siziliens und Aragons gab leben
Und sag wenn einer andres sagt dies ganze:
Nachdem ich durch den körper fühlte beben
Zwiefachen todesstreich • hab ich mit bangen
Mich dem der gerne uns verzeiht ergeben.
Furchtbare sünden habe ich begangen
Doch sind der unbegrenzten Güte arme
So gross dass sie was zu ihr flieht erlangen.
Cosenza's hirte den mit seinem schwarme
Der papst mir nachgesandt – hätt er dies eine
Aus Gott gelesen wie er sich erbarme •
So lägen ferner noch mir die gebeine
Bei Benevent am übergang der brücke
Und unter der bewachung wuchtiger steine.
Jezt treibt sie regenschutt und windes tücke
Zum Reich hinaus – zum fluss wohin er wollte
Dass mit verlöschten lichtern man sie rücke.
Doch gilt ihr bannstrahl nicht so viel dass grollte
Und nimmer wiederkäme ewige Liebe
Sofern ein keim von hoffnung grünen sollte.
Dante Alighieri „Göttliche Komödie“, Fegefeuer; III. Gesang, 103–135
in der Übertragung von Stefan George
hier gefunden
in der Übertragung von Stefan George
hier gefunden
Diese mittelalterlichen Päpste mit ihrer ungeistlichen Machtgier sind wirklich unangenehme Erscheinungen. Daher konnte dem Papsttum nichts Besseres geschehen, als daß man ihm die Anmaßung weltlicher Herrschaft aus den Händen schlug, offensichtlich setzte das etwas in Gange, seitdem jedenfalls kann man wieder mit einiger Erleichterung auf all das schauen.
König Manfred, der geliebte, reich begabte und nachträglich legitimierte Sohn Kaiser Friedrich II., fiel am 26. Februar 1266. Die Päpste, die mit den Staufern die Wahrscheinlichkeit eines starken Reiches ausschalten wollten, durften triumphieren. Und darum schmoren hoffentlich am heißesten Platz der Hölle Innozenz IV. , wie auch Jacques Pantaléon, zu schweigen von Guido le Gros.
Dante hat in seiner „Göttlichen Komödie“ für ihn eine Art Ehrenrettung versucht, und es freute mich zu sehen, daß George in seiner Übertragung genau an der richtigen Stelle abbrach. Manfred hatte keine Chance, das Reich seines Vaters zu behaupten, aber in seinem sizilianischen Reich erblühte noch einmal kurz die Kultur der Staufer. Nach langen Mühen fand „Papst“ Urban IV. in Karl von Anjou endlich einen willigen Henker, der nach der für ihn erfolgreichen Schlacht von Benevent die Angehörigen des gefallenen König Manfred für Jahrzehnte förmlich im Gefängnis verrotten ließ und das Königreich in seine Gewalt bekam. Am fernen Horizont mag man sich zwar am Gedanken der „Sizilianischen Vesper“ erfreuen, aber, nun ja.
Wie es scheint, bin ich im Moment wieder einmal in historischer Verfassung. Es folgen 2 poetische Versuche zum Thema.
Hermann von Lingg
König Manfred
Um König Manfred weinen
Sizilien und Tarent;
Es ragt ein Mal aus Steinen
An der Brücke von Benevent.
Ein Held, wie größer keinen
Der Ruhm Italiens kennt,
Ruht unter dem Mal von Steinen
An der Brücke von Benevent.
So lange die Sterne scheinen
Und die Sonne am Firmament,
Schreit Rache das Mal aus Steinen
An der Brücke von Benevent!
Felix Dahn
König Manfreds Grab
Den toten Manfred plünderten Burgunden,
Zerfleischend ihn mit zwanzig Lanzenwunden,
Gern gab dem Ketzer jeder einen Stich:
Und Karl von Anjou trat, der bleifarbbleiche,
Mit ehrnem Fuß fest auf die Brust der Leiche
Und sprach: »Aas bist du – Herr bin ich.«
Auf ödem Heidemoor verscharrten Knechte
Abseit vom Weg ihn unter Dorngeflechte. –
Ein Krüppel, dem er wohlgetan einmal,
Wollt' ihm ein Holzkreuz auf die Grube setzen:
Jedoch mit Hunden ließ hinweg ihn hetzen
Johann, Cosenzas Kardinal.
Ein Dornbusch nur war Merkmal jener Stätte. –
Doch nach sechs Jahren träumt' im Purpurbette
Dem Anjou, – um sich schlug er mit der Hand! –
Den toten Manfred hör' er drohend sprechen:
»Dein Reich wird spurlos in Italien brechen:
Ich ruhe bald in freiem Land.«
Empor fuhr der Tyrann: »Dies Omen wend' ich!
Des Ketzers ausgegrab'ne Knochen send' ich
Nach Frankreich, dort zu senken sie ins Meer!« –
Und auf das Schlachtfeld sandt' er seine Boten,
Viel hundert Häscher nach dem Einen Toten: –
Sie kamen heim, die Hände leer.
»Herr« – sprachen sie – »mag uns dein Zorn verschlingen –
Wir können diesen König nicht dir bringen:
Ein Dornbusch – wie du weißt – stand an dem Ort:
Der muß gewesen sein von wilden Rosen:
Denn unabsehbar jetzt im Lenzwind kosen
Viel tausend, tausend Rosen dort.
›Den Wald der Rosen‹ nennt den Ort die Menge;
Unscheidbar wogt das duft'ge Strauchgedränge:
Unmöglich ward, daß man das Grab erkennt!« – –
Lang' ist des Anjous blutig Reich zerfallen:
Um Manfred singt ein Heer von Nachtigallen
Im Rosenwald von Benevent.
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