Donnerstag, 26. November 2015

Eichendorff



"Mondnacht" 1837 / Robert Schumann 1840 / Peter Schreier
Joseph Freiherr von Eichendorff

Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Moonlit Night

It was like Heaven's glimmer
caressing Terra's skin,
that in Her blossoms' shimmer
She had to dream of Him.

The breeze was gently walking
through wheatfields near and far;
the woods were softly talking
so bright shone ev'ry star.

And, oh, my soul extended
its wings through skies to roam:
O'er quiet lands suspended,
my soul was flying home.

Translation  by Walter A. Aue

Schloss Lubowitz, zerstört seit März 1945
hier gefunden

Der Isegrimm

Aktenstöße nachts verschlingen,
Schwatzen nach der Welt Gebrauch,
Und das große Tretrad schwingen
Wie ein Ochs, das kann ich auch.

Aber glauben, daß der Plunder
Eben nicht der Plunder wär,
Sondern ein hochwichtig Wunder,
Das gelang mir nimmermehr.

Aber andre überwitzen,
Daß ich mit dem Federkiel
Könnt den morschen Weltbau stützen,
Schien mir immer Narrenspiel.
Und so, weil ich in dem Drehen
Da steh oft wie ein Pasquill,
Läßt die Welt mich eben stehen –
Mag sies halten, wie sie will!

The Curmudgeon

Spending nights at dossier reading,
prattling, as the custom is,
and the giant treadmill speeding
like an ox: I could do this.

Thinking, though, that this baloney
were not just a bunch of crap,
but high heaven's testimony:
I could never manage that.

To bamboozle everybody
that I could, with just my quill,
underpin world's frail and shoddy
structure seems so imbecile.

Thus, since folks in all that turning
see me as lampooner still,
they will leave me churning, burning -
let them fancy what they will!

Translation by Walter A. Aue


Der Einsiedler / Schläft ein Lied in allen Dingen: Gert Westphal / Katharina Neubronner

Wünschelrute

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

Wishing-Wand

Songs repose in things abounding
that keep dreaming to be heard,
and the world shall start resounding
if you hit her magic word.

Translation  by Walter A. Aue


Elisabeth Schwarzkopf, "Im Abendrot", aus "Vier letzte Lieder" Richard Strauss

Im Abendrot

Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.

Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft.
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.

Tritt her und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit.
Dass wir uns nicht verirren
in dieser Einsamkeit.

O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot.
Wie sind wir wandermüde -
Ist dies etwa der Tod?

At sunset

We have through sorrow and joy
gone hand in hand;
From our wanderings, let's now rest
in this quiet land.

Around us, the valleys bow
as the sun goes down.
Two larks soar upwards
dreamily into the light air.

Come close, and let them fly.
Soon it will be time for sleep.
Let's not lose our way
in this solitude.

O vast, tranquil peace,
so deep in the evening's glow!
How weary we are of wandering---
Is this perhaps death?

Übersetzung hier gefunden

Mein Gott, soviel Untergang. Ich habe mich an Eichendorff erst wieder heranlesen (und hören) müssen, ein Grund für die Verspätung. Meine aufrichtige Hochachtung vor denen, die das Geschäft der Übersetzung betreiben, dem die Verzweiflung geradezu innewohnen muß. Das wird unnötig flapsig klingen, ist aber so weit fern davon. Ich grübel noch, ob ich hier weiterschreiben sollte, wo doch die Fremdheit nach und nach abgefallen ist...

Ab jetzt geht es aber nur noch kurz ausschließlich in Deutsch weiter.


Joseph von Eichendorff „Winternacht" / Fritz Stavenhagen

Winternacht

Verschneit liegt rings die ganze Welt,
Ich hab' nichts, was mich freuet,
Verlassen steht der Baum im Feld,
Hat längst sein Laub zerstreuet.

Der Wind nur geht bei stiller Nacht
Und rüttelt an dem Baume,
Da rührt er seinen Wipfel sacht
Und redet wie im Traume.

Er träumt von künft'ger Frühlingszeit,
Von Grün und Quellenrauschen,
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen.


"Zwielicht" / Robert Schumann / Emmi Leisner, Berlin 1944

Zwielicht

Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken ziehn wie schwere Träume -
Was will dieses Graun bedeuten?

Hast ein Reh du lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger ziehn im Wald und blasen,
Stimmen hin und wieder wandern.

Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tückschen Frieden.

Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neugeboren.
Manches bleibt in Nacht verloren -
Hüte dich, bleib wach und munter!


INaBlaze - Nachtlicht

Die Nacht

Wie schön, hier zu verträumen
Die Nacht im stillen Wald,
Wenn in den dunklen Bäumen
Das alte Märchen hallt.

Die Berg im Mondesschimmer
Wie in Gedanken stehn,
Und durch verworrne Trümmer
Die Quellen klagend gehn.

Denn müd ging auf den Matten
Die Schönheit nun zur Ruh,
Es deckt mit kühlen Schatten
Die Nacht das Liebchen zu.

Das ist das irre Klagen
In stiller Waldespracht,
Die Nachtigallen schlagen
Von ihr die ganze Nacht.

Die Stern gehn auf und nieder -
Wann kommst du, Morgenwind,
Und hebst die Schatten wieder
Von dem verträumten Kind?

Schon rührt sich's in den Bäumen.
Die Lerche weckt sie bald -
So will ich treu verträumen
Die Nacht im stillen Wald.

Wappen derer von Eichendorff

nachgetragen am 29. November

1 Kommentar:

Walter A. Aue hat gesagt…

Danke fuer den Eichendorff!

Ich mag Eichendorff: Etliche seiner Gedichtzeilen zaehlen fuer mich zu den schoensten und innigsten der deutschen Sprache.

In den letzten Jahren habe ich wenig ueber ihn gehoert, wenn man von den Vergleichen zwischen Eichendorff und Heine absieht, die, in unserer Zeit zwangslaeufig, zu Gunsten Heines ausfallen. Das haben sich beide Dichter nicht verdient. Ich mag beide, aber so wie Aepfel und Orangen, d.h. wie nicht zu Vergleichendes.

Ihr verstaendnisvolles Mitleid mit Uebersetzern, lieber Herr Wisser, ist wohl fundiert und gerne entgegengenommen. Wenn ich meine bestgemeinten Stuempereien nach etlichen Jahren wieder so zu Gesicht bekomme, fuehlich ich mich, wie man so schoen sagt, himmelhoch jauchzend und zu Tode betruebt. Manches traf, Vieles ging ins Leere. Zum Beispiel die erste Strophe der "Mondnacht"- die mit reimerzwungener "Terra" - laesst mich schamerroeten.

Aber so ist das nun einmal. Man kann nicht auf alle Kinder stolz sein. Aber man kann sie alle lieb haben...

Nochmals, herzlichen Dank!