Donnerstag, 11. Juni 2009

Metternich oder Über einen zu schmalen Nachruhm


The Zenith of French Glory: The Pinnacle of Liberty. Religion, Justice, Loyality &
all the Bugbears of Unenlightend Minds, Farewell!". A satire of the radicalism of the French Revolution. A picture by James Gillray.

Eine zeitgenössische Karrikatur auf die französiche Revulution,Februar 1793,
hier gefunden

Ich gestehe, auch ich bin mehr abhängig von den eigenen Vorurteilen, als ich für gewöhnlich zugeben mag, man trägt sie so unbewußt mit sich herum, wie man vieles andere mit sich herumträgt, all diese allgemeinen Neigungen und Meinungen sinken herab, verfestigen sich zu einem Sediment, auf dem man dann lebt, irgendwie.

Warum die Vorrede, Gebhard Leberecht von Blücher hat einmal über jemanden geurteilt, der vor 150 Jahren gestorben ist: „Der Metternich, der Millionenhund, der Schuft, welcher gehenkt zu werden verdient, hat euch alle an der Leine und Leitseil, Schwerenot!“ Man glaubt es nicht, das ist erst 150 Jahre her, obwohl der gute Vater Blücher hat es ja geschafft, irgendwie im Alltagsdeutsch zu überleben, „da geh‘n wir ran wie Blücher“, Chapeau.

Der Schuft war Clemens Wenceslaus Nepomuk Lothar Fürst von Metternich-Winneburg zu Beilstein, der böse österreichische Kanzler, der alle Freiheitsbestrebungen nach dem Sieg über Napoleon bekämpft hatte… Wie auch immer, das sind die Angelegenheiten von anderen.

Und dennoch, ich gebe zu, Metternich war ein Name, der mir latent unsympathisch war, und dann las ich heute diesen Artikel hier:

„Und doch hatte Europa ihm mehr zu verdanken als allen Revolutionären der Epoche, von Rousseau über Robespierre und Fouchet bis zu Napoleon.

Nach 25 Jahren Bürgerkrieg und Krieg berief er 1814, nachdem Napoleon besiegt und zum Fürsten von Elba degradiert worden war, den großen Friedenskongreß nach Wien ein, nicht um das erobernde Frankreich zu bestrafen, sondern um eine europäische Friedensordnung zu schaffen, die mehr sein sollte als Gleichgewicht widerstreitender Kräfte oder, in heutiger Diktion, Multipolarität.“

Ich habe Metternich bisher hauptsächlich als jemanden gesehen, der deutsche Einigungsbestrebungen aufhalten wollte, was, von seiner Position her gesehen, ja auch durchaus rational war. Aber dabei sind mir 2 Aspekte entgangen: Sein begründeter Abscheu vor Revolutionen (ich denke, das obige Bild gibt seine wie auch meine Auffassung zu diesem Sachverhalt hinreichend wieder) und seine anerkennenswürdige Denkweise, wie Frieden herzustellen wäre, keinen infantilen Rache-„Frieden“, wie er etwa 100 Jahre später veranstaltet wurde, mit allen bekannten Folgen.

Wir haben übrigens gerade herrlichstes Sturmwetter, ich habe versucht, ein paar Bilder dabei zu machen.



7 Kommentare:

Lars hat gesagt…

Martin, ich muss sagen dass ich geniesse Dein Soundtrack SEHR.
Kennst Du die Musik von Emmylou Harris, besonderes von die zwei "Trio" albums die sie mit Linda Ronstadt und Dolly Parton gemacht hat? Herrlich.
Emmylou hat auch ein Paar Lieder von der Brokeback Soundtrack gesungen.

Mr. Urs hat gesagt…

Die positive Wirkung des Wiener Kongresses vergessen wir Schweizer gerne, da wir dort unser Lieblingsverb 'profitieren' nicht umsetzen konnten. Unsere Diplomaten hatten dort in dieser Hinsicht völlig versagt.

MartininBroda hat gesagt…

@ Lars Vielen Dank für den Besuch hier und vor allem für die Musikempfehlung. Nein kannte ich nicht, war früher auch nicht unbedingt mein Musikgeschmack, aber man sollte sich in solchen Dingen ja auch nicht so langweilig festlegen, ich werde mich gleich auf die Suche machen, klingt interessant. Ich habe noch mal kurz auf deinem Blog vorbeigeschaut, ich hoffe, es geht langsam besser.

MartininBroda hat gesagt…

@ gomad Das gibt ja tiefe Einblicke ins Seelenleben. übrigens ist es sehr unterhaltsam, gelegentlich Deine Twitter-Bemerkungen zu verfolgen, die Du auf dem Blog plaziert hast.

MartininBroda hat gesagt…

Metternich or about a too narrow posthumous fame (my belated poor translation)

I have to confess, I am more dependent on my own prejudices, than I may admit usually, one carry it around with himself unconsciously, like other things, all these general inclinations and opinions sink down, solidify themselves to a sediment, on which we live then, somehow.

Why this prologue? Gebhard Leberecht von Blücher (a famous German commander) has once said about someone, who died 150 years before: „Metternich, the million-dog, the scoundrel, who deserves to be hanged, has you all at the line and guidance rope, dammit! “One does not believe it, that is only 150 years ago, although good “Father Blücher” has achieved to survive in daily German speaking „we attack them like Blücher “, bow your hat.

That scoundrel was Clemens Wenceslaus Nepomuk Lothar Prince of Metternich-Winneburg and Beilstein, the evil Austrian chancellor, who had fought all freedom efforts after the victory over Napoleon… However, those are the affairs of others.

Nevertheless, I admit, Metternich was a name, which was latently dislikeable to me, and then I read today this article:

„And nevertheless Europe had to owe more to him than all revolutionaries of the epoch, from Rousseau over Robespierre and Fouchet to Napoleon.

After 25 years of civil war and other wars he summons 1814 the great congress of peace to Vienna, after Napoleon had been defeated and demoted to the Prince by Elba, not in order to punish the conquering France but to create a European peace order, which should be more than equilibrium of power or, in today's diction, multi-polarity. “

Until now I saw Metternich mainly as someone, who wanted to stop all efforts to unify Germany again, what, from his point of view was quite reasonable. But I’ve overseen aspects: His justified abhorrence against revolutions (I guess, the above picture illustrates his and also my view about this matter sufficiently) and his memorable-worthy way of thinking, how to make peace, no evil-childish revenge „peace“, like approximately 100 years later, with all well-known consequences.

We have by the way right now most wonderful storm weather; I’ve tried to make a few pictures from it.

BKottmann hat gesagt…

Bei manchen schafft er Frieden im Gehirn und Krieg in der Leber, ist er doch Namensgeber einer Sektmarke. Kaiser Franz schenkte seinem Kanzler aus nachvollziehbarem Anlass die Edellage Johannisberg, den pikanterweise Napoleon zuvor besaß. So unterschiedliche Genießer wie Heine und Goethe waren gleichermaßen von den Spätlesen überzeugt. M., der Franz den Zehnten abliefern musste, ließ aus die verbleibenden 90% moussieren. Der Rest ist Söhnlein ...

MartininBroda hat gesagt…

Autsch, jetzt haben Sie mich bei einer meiner Gruselübersetzungen erwischt, trotzdem besten Dank, Herr Claudius ist noch in statu nascendi, jedenfalls was meinen Part angeht.