Montag, 20. Juli 2009

Über den Mond &


Apollo 11 Astronaut Edwin Aldrin vor der US-Flagge auf dem Mond
hier gefunden


Ich denke schon ein paar Stunden über den Mond nach, ich gebe zu, das ist am heutigen Tag wenig originell, stimmt so auch nicht ganz, tatsächlich habe ich mir stundenlang Fernsehberichte (und ich schaue kaum noch Fernsehen) über die Mondlandung am 21. Juli 1969, 3.56 Uhr MEZ angesehen. Ich habe das deshalb so geschrieben, weil man genauso sagen könnte, sie habe am 20. Juli stattgefunden. Aber vom Mond aus verwischt die irdische Zeit vermutlich doch etwas.

Als ich heute abend so auf dem Fahrrad so durch die Gegend fuhr – ich muß dringend mehr Fahrrad fahren, sonst werde ich bald noch im dunklen Unterholz von einem Schützen mit Jägerwahnsinn für einen Problembären gehalten und zur Strecke gebracht – dachte ich bei mir, warum finden gerade bei der Mondlandung so viele Durchgeknallte ihr Futter. Das ist keine abstrakte Bemerkung, ich habe in meinem persönlichen Umfeld dieses konkrete Vergnügen… (wird fortgesetzt).


Weather Underground
"Flying High Over The Moon" by Ralfo
hier gefunden
(Wird hiermit fortgesetzt).

Ich spreche natürlich von Verschwörungsfanatikern oder von mir aus Verschwörungstheoretikern. Was verschafft Menschen ein solches Bedürfnis, zu behaupten, der 11. September sei ein Komplott der amerikanische Regierung oder 200 Jahre europäischer Geschichte seien im nachhinein erfunden worden oder eben die Mondlandung habe nie stattgefunden.

Erst einmal müssen es Menschen sein, die eher quer zur Welt stehen, das ist natürlich eine reichlich banale Feststellung, genauer, dieses quer zur Welt muß ihren Charakter bezeichnen. Dieses kann durchaus ein Forscher sein, der gegen die Ignoranz seiner Umwelt kämpfen muß oder ein Dichter, der tiefer schaut als seine Zeitgenossen, aber es kann auch einfach nur jemand mit pathologisch-paranoider Veranlagung sein (ein Robespierre etwa).

Wir sprechen also von letzteren. Den Verschwörungstheorien zur Mondlandung (hier haben wir einmal einen wirklich exzellenten Wikipedia-Artikel dazu) ist von verschiedener Seite, etwa der Nasa sehr gründlich entgegengetreten worden. Ich fürchte, das hilft allenfalls bei denjenigen, die mal einen schwummrigen Moment hatten. Gibt es durchaus, ein bisher und ansonsten normal wirkender Mensch sagt plötzlich Merkwürdiges. Unser Verhältnis zur Welt ist eben ein durchaus auch brüchiges, gelegentlich kann man es aber auch wieder kitten.

Die Hartgesottenen erreicht man damit nicht, warum, ganz einfach, was hätten sie zu gewinnen? Ich muß gestehen, es hat mir ein großes (geradezu quietschendes) Vergnügen bereitet, während ich dies schreibe, einem anderen gesprochenen Artikel aus Wikipedia zuzuhören (der Sprecher nannte sich dort Siller, leider gab es keinen Weg, meiner Begeisterung ihm gegenüber verbal Ausdruck zu verleihen) und es wird auch einiges davon hier eingeflossen sein. Was verschaffen Verschwörungstheorien also für persönliche Vorteile.

Nun, Reduktion ist leichter für schlichte Gemüter. Manche reduzieren die Wirklichkeit, da bin ich mir recht sicher, weil sie Angst vor ihr haben oder weil sie sie nicht verstehen und ihnen dies nicht verstehen Angst bereitet, und so glauben sie, Macht über diese von ihnen demaskierte Wirklichkeit gewinnen zu können. Also handeln aus einem Inferioritätsleiden.

Wer sich aber randständig fühlt und dies nicht mag, wird wahrscheinlich dagegen nicht dadurch angehen, daß er Theorien darüber entwickelt, wie seine Maus jede Nacht das Essen aus dem Kühlschrank stiehlt, sondern er wird Ausschau halten nach etwas Großem, und wenn er mißmutig aus dem nächtlichen Fenster sieht, was erblickt er, den Mond. Der ist in der Tat recht groß.

Also binden wir uns emotional doch einfach einmal an etwas Großes und behaupten, die Mondlandung habe nie stattgefunden.


Weather Underground
"Moon on a cloudy night" by mexhomepics
hier gefunden

Dieses Ungenügen an der Welt kann auch ein Leiden an Zufälligkeiten oder „vorenthaltenen“ Erklärungen beinhalten, eine Art Kontingenzirritation, der mit einem Ersatzglauben begegnet wird (als hoffentlich frommer Lutheraner muß das „Ersatz“ einfach dorthin) oder einem Mythos des Bösen, der nicht nur zur Selbstvergewisserung verhilft, sondern auch noch zu einem dualistischen Handlungsimpuls, der dem langweiligen Selbst ein wenig Pep und Handlungsgrund verschafft.

Das Ungenügen kann auch einfach nur ein (empfundenes) Aufmerksamkeitsdefizit anzeigen. Wer also einen verborgenen Sinn zu entdecken meint, kann natürlich mit diesem „paranoiden Stil der Welterklärung“ sich triumphierend in die Öffentlichkeit begeben und braucht womöglich nur jemanden, der ihm versichert, wie wichtig er sei und daß er ihn ganz doll liebhat (es gibt einfach zu wenig Liebe in der Welt).

Und dann gibt es die Ängstlichen, die Gründe für ihr Bedürfnis brauchen, dem Gegenüber den Schädel einzuschlagen, bevor der ihnen zuvorkommen könnte. In Kürze, Verschwörungsfanatiker sind arme Würstchen, vor denen man sich allerdings ein wenig in acht nehmen sollte.

Ob das jetzt unterhaltsam war, ich weiß nicht, aber es sollte einmal heraus. Dabei gäbe es viel schönere Themen zu diesem wundervollen Anlaß. Zum Beispiel wollte ich schon immer einmal begründen, warum ich seit Kindesbeinen Science-Fiction liebe.

Aber eins, das will ich heute noch loswerden, Hartnäckig hält sich das Gerücht, der Mond sei nunmehr entzaubert worden zu einem kalten Gesteinsbrocken, alle Poesie sei jetzt dahin. Nun ja, das ist ungefähr so wahr wie die Behauptung, seit der Möglichkeit der Sektion des menschlichen Körpers sei dessen Schönheit ausgelöscht, das Mißverständnis: eine Sicht auf die Welt könne schon alles erklären und würde alle anderen Sichtweisen auslöschen, wie einfältig.

Ach und übrigens, das fand ich recht hübsch: Als Buzz Aldrin, der zweite Mensch auf dem Mond wieder einmal von einem Plagegeist bedrängt wurde, der ihn aufforderte, "auf die Bibel zu schwören, dass er tatsächlich den Mond besucht habe, reagierte Aldrin mit einem saftigen Kinnhaken". Geht auch zur Not.


Weather Underground
"Clouds on the moon" by lablover47
hier gefunden

6 Kommentare:

Mr. Urs hat gesagt…

Ich bin ja sehr gespannt wie sich dieses Vergnügen manifestiert...

MartininBroda hat gesagt…

Na ob's ein Vergnügen geworden ist, mußt du selbst sehen, ich hatte jedenfalls gestern gedacht, ich schau lieber noch einmal wach drüber, ging so.
Übrigens muß ich noch dringend ein paar enthusiastische Kommentare bei dir loswerden, kommt heute irgendwann (nicht daß du sie brauchen würdest, ist für mich).

Lars hat gesagt…

Hey diddle diddle,
The cat and the fiddle,
The cow jumped over the moon,
The little dog laughed to see such sport,
And the dish ran away with the spoon.
http://en.wikipedia.org/wiki/Hey_Diddle_Diddle

MartininBroda hat gesagt…

Sehr hübsch, als ich nach einem passenden Video dazu gesucht hatte, bin ich leider fast nur auf singende Kinder gestoßen. Das finden deren Eltern meistens rasend toll. Aber das hier war noch ganz lustig:

http://www.youtube.com/watch?v=2PRyOWv8cM0

http://www.youtube.com/watch?v=vamoWewsC3c

Lars hat gesagt…

Every time I see or hear the words "over the moon" this rhyme springs into my head. It's totally nonsensical but heavily embedded into my consciousness.

MartininBroda hat gesagt…

Oh ich kenn so etwas von Gedichten, in bestimmten Situationen fallen mir automatisch immer dieselben Gedichte ein und oft fang ich zum müden Aufstöhnen meiner Bekannten dann auch an sie zu zitieren.