Meine alte Frau Mutter ist ganz und gar empört, daß ihr die Nachbarn ausgerechnet einen blau beleuchteten Tannenbaum vor’s Küchenfenster gesetzt haben: „Scheußlich!“. Andererseits würde sie am liebsten auch die Polizei rufen, wenn jemand sein Haus rot anstreicht, nun wie auch immer. Die Advents-Illumination beginnt gerade heftig überall, und so tun es auch die Weihnachtsmärkte.
Ein paar Bilder vom hiesigen, übrigens bei dem Mann mit den Luftballons gab es einen kleinen anrührenden Moment. Er lief etwas verloren und unbeachtet durch die Gegend, und als ich ihn des Photos wegen anblitzte, merkte er das natürlich und lächelte überrascht und ziemlich ungestellt, ein schöner Moment.
Ich lese gerade etwas in den Briefen der vielgeliebten Liselotte von er Pfalz und fand dies, ein aus anderen Gründen anrührendes Exempel und zwar wohl für sehnsüchtiges Denken. Übrigens gab es diese merkwürdige Vorstellung der verkleinerten Verhältnisse einmal auch für das neu entdeckte Amerika, seltsam.
„Die nachtigallen hören schon auf, zu singen. Ich glaube, ich habe Euch schon gesagt, daß sie bey weitem nicht so starke stimmen haben, noch so lang schlagen, als bey uns. Alle tier, vögel und vierfüßige tier, seind kleiner und schwächer hier, als bey uns, das wildbret hat auch den rechten geschmack nicht, ist drucken und zehe. Es ist zu verwundern, welch ein großer unterschied es ist in salat und allerhand kreutern; doch zu Fontainebleau ist der salat unvergleichlich besser, als hier, die ursach weiß ich nicht. Ich habe mir als eingebildt, daß, weilen Fontainebleau mehr Teutsch aussicht, als kein anderer ort, daß deswegen alles dort besser ist.“
Liselotte von der Pfalz an die Raugräfin Louise, St. Cloud, 23. Mai 1722
4 Kommentare:
Recht hat Ihre Frau Mutter ja schon. Aber des lieben Friedens willen sollten Sie sie doch vielleicht ueberzeugen, dasz (a)der Hanukahbusch in Wahrheit eine Blautanne mit Schminke ist und (b) der Nachbar vielleicht ein heimlicher Amerikaner, der die Blues hat. Und wenn's nicht wahr ist, so ist es zumindestens gut erfunden...
Ich habe in der Tat laut gelacht als ich Ihren Kommentar las, sehr hübsch. Es sieht schon etwas psychedelisch aus, wie der Baum im Nachbarsgarten so blau vor sich hin leuchtet. Übrigens ist die zunehmende Weihnachtsillumination wohl wirklich aus Amerika zu uns herübergeschwappt. Eine angenehme und sinnreiche Adventszeit wünsche ich Ihnen.
"blau erleuchtet jeder Baum" *grrrrrrrrrrrrr* ... ganz fürchterlich ist so etwas, und deshalb hat Ihre Frau Mutter (das Wörtchen "alt" habe ich im übrigen überlesen *räusper*) meine vollste Sympathie ... in diesem Falle stünde dem Baum ein dezenter Lichterglanz sicherlich besser, und auch hier bewahrheitet sich mal wieder "weniger ist mehr" ... wünsche Ihnen beiden trotz der gräßlichen Küchenfensteraussicht eine friedvolle Adventszeit
herzliche Morgengrüße schickt die Rosabella aus dem schneeweißen Rheinland :-)
Ich werde mir das nächste Mal ein anderes Beiwort aussuchen, um einen gewissen Sachverhalt auszudrücken, der nun ja zu gewissen Urteilen führt. Der blaue Baum ist da ja noch durchaus nachvollziehbar. Wenige Meter weiter steht übrigens ein Türkisgrün beladenes Exemplar. Dagegen ist dieser noch geradezu angenehm. Herzliche Adventsgrüße ins Rheinland zurück.
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