Ich gestehe, ich war wirklich unsicher, was ich zu Pfingsten schreiben sollte, nicht weil es mir nichts bedeuten würde, sondern weil, sobald ich von religiösen Gegenständen rede, mir meine Worte meist hohl und kraftlos erscheinen. Glücklicherweise bin ich auf den Text einer Person gestoßen, die ich sehr schätze, er heißt „Erwartungen und Dankbarkeit“.
Meine armselige Übersetzung folgt, wer des Englischen mächtig ist, möge lieber hier nachlesen. Was mir in den letzten Tagen nur auffiel, wir sehen uns so gern in der Position des Verletzten, dabei stehen wir auf beiden Seiten, den Verletzten und den Verletzenden, und bei allem aufrichtigen Bemühen, wir können nie völlig sicher sein, auf welcher Seite wir gerade stehen. Es folgt der Text:
„Erwartungen und Dankbarkeit 1.1
Wegen meiner im Allgemeinen positiven Sicht auf das Leben bin ich mehr als einmal als Pollyanna (eine Gestalt aus einem berühmten Kinderbuch von Eleanor H. Porter, die sich durch das Vermögen auszeichnet, auch noch den widerwärtigsten Situationen etwas Positives abzugewinnen- MiB) bezeichnet worden, und das nicht immer freundlich. Dieses deutet an, daß ich naiv und ahnungslos bin in Bezug auf das Potential des Bösen, das in der menschlichen Natur und in der Welt besteht. Die Menschen, die einem solchen Mißverständnis anhängen, könnten nicht falscher liegen.
Ich bin ein Opfer oder ein Zeuge von Grausamkeit, Mißbrauch, Schmerz und ungeheurem Übel gewesen. Ich habe keine Illusionen bezüglich der menschlichen Fähigkeit für das Böse; alte und moderne Geschichte zeigen, daß sich die menschliche Natur in all den Jahrtausenden ihrer Existenz nicht geändert hat, nur die Werkzeuge wechselten.
Aber ich kann dies nicht als die einzige Sicht auf das Menschliche bestehen lassen, denn ich war ebenso Empfänger und Zeuge erstaunlichster Freundlichkeit, nahe am Opfer. Wenn ich Menschen begegne, übersehe ich nicht ihre Schwächen und Fehler, ich greife darüber hinaus, um an das Gute zu gelangen, das in ihnen wohnt. Manche mögen meinen, ihre eigene Freundlichkeit sei eine Fassade, die ihre „wirkliche“ Person verberge, die in ihnen liegt, aber ich glaube, daß das Wissen darum, wie Güte für gewöhnlich aussieht, auch bedeutet, daß das Vermögen für reale Güte existiert. Ich suche immer nach dem Guten, manchmal finde ich dabei Gott.
Wir können durch unsere Erwartungen verletzt werden, darum sollten wir darauf achten, nicht zu viel oder Unangebrachtes zu erwarten. In jeder menschlichen Beziehung sind es die Erwartungen, die uns in Schwierigkeiten bringen. Wenn wir nicht mindestens teilweise die Geschichte, die Fähigkeiten, die Wünsche und die Beschränkungen einer Person verstehen, werden wir zur Enttäuschung verdammt. Sogar mit angemessenen Hoffnungen müssen wir bereit sein, die unvermeidlichen Fehler zu verzeihen, derer wir alle schuldig werden.
Da jeder einzelne von uns zu dem einen oder anderen Zeitpunkt versagen wird, wie wehren wir dann Zynismus und Pessimismus ab? Indem wir eine Philosophie der Dankbarkeit zustande bringen. Wenn all das, was wir sehen, nur das ist, was wir nicht haben, verfehlen wir uns selbst; wir müssen uns selbst vergeben, so wie wir anderen vergeben. Wenn ich zur Dankbarkeit auffordere, meine ich keine niedrigen Standards. Aber wenn wir wissen, welch schreckliche Bedingungen jederzeit in unserer Welt existieren, können wir erfassen, was für sowohl unscheinbare wie reichliche Gnade an unserem Weg erschienen ist.
Wir müssen unserer Welt völlig ins Angesicht blicken, ihrer Güte und dem Bösen, ihrer Fülle und dem Mangel, dem Erfolg und dem Versagen. Wir können die Bitterkeit wählen oder wir können einen Sinn für Freude in uns aufwachsen lassen. Wähle die Dankbarkeit."
Sonntag, 31. Mai 2009
Samstag, 30. Mai 2009
Kleine musikalische Pause
In den letzten Tagen mag der Eindruck entstanden sein, daß mein Gemüt hauptsächlich zwischen verstaubten Buchdeckeln wohnt, das ist auch nicht völlig falsch, es ist jedenfalls einer meiner Lieblingsaufenthaltsorte, aber manchmal ruft auch etwas völlig anderes meine Aufmerksamkeit hervor. So etwa der obige Musikclip, auf den mich „gomad“ gebracht hat.
Freitag, 29. Mai 2009
Über einen Papst und ein trauriges Lied von Konstantinopel
Von MartininBroda |
Vor etwas weniger als 3 Jahren (am 12. September 2006) rief Papst Benedikt XVI. in der muslimischen Welt große Begeisterung hervor, als er in einer Vorlesung an der Universität Regensburg einen byzantinischen Kaiser, Manuel II. Palaiologos zitierte (die ganze Rede findet sich hier):
„ ‚Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten‘. Der Kaiser begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. ‚Gott hat kein Gefallen am Blut‘, sagt er, ‚und nicht vernunftgemäß, nicht σὺν λόγω zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider‘. Der Glaube ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung...“
Das über die Begeisterung war zugegebenermaßen etwas ironisch. Aber tatsächlich ist das Reich dieses Kaisers an einem heutigen Tage endgültig untergegangen, Konstantinopel fiel am 29. Mai 1453 und mit ihm einer sein Nachfolger, der letzte Kaiser Konstantinos XI. Palaiologos:
"Mittag aus Nacht Und nicht einer bei ihm
Nur seine treuen Worte, die all ihre
Farben mischten um seiner Hand zu
lassen eine Lanze aus weißem Licht..."
Tod und Auferstehung des Konstantinos Paläologos von Odysseas Elytis.
(Odysseas Elytis, "Glänzender Tag, Muschel der Stimme" Verlag Volk und Welt, Berlin 1982, in Lizenz aus Odysseas Elytis, Ausgewählte Gedichte, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 1979)
(Odysseas Elytis, "Glänzender Tag, Muschel der Stimme" Verlag Volk und Welt, Berlin 1982, in Lizenz aus Odysseas Elytis, Ausgewählte Gedichte, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 1979)
Im Griechischen gibt es dazu viele Lieder und Legenden, denn wenn auch Byzanz nur noch zu einem Schatten seiner selbst geworden war, so ist doch das griechische Volk oder die „Rhomaer“ wie sich noch nannten, danach endgültig von den Türken auf die unterste kulturelle Stufe gedrückt worden. Die Kirchen wurden beraubt und entweiht und in Moscheen verwandelt…
Für die Griechen verbindet sich folglich ein Trauma mit dem heutigen Datum. Wie ich bereits einmal erwähnt habe, kommt es nicht von ungefähr, daß das griechische Volk, das sich nicht zuletzt in seine Märchen geflüchtet hatte, diese „paramythi“ nannte, was von „paramythia“ herrührt, „Tröstungen“.
"O wär‘ ich doch ein Vogel nur, o wär ich eine Schwalbe,
um auf die spitzen, schwarzen Berg‘ Bulgariens zu fliegen!
…
Ein Griechenmädchen, das rief laut, von einem hohen Turme:
„Tritt vor und sieh, Herr König du, du Herrscher Konstantinos,
Konstantinopel brennen sie, und all die Klöster flammen.
Sieh wie die Türken schlachten hin die Griechen gleich den Lämmern!“
Wie soll der König all dies sehn, der Herrscher Konstantinos,
da er getötet worden ist, beim Schein des Morgens, gestern!“
Volkslied, übersetzt von Georgios Aridas
Und auch wir haben etwas verloren. Byzanz war etwas Großartiges in der europäischen Geschichte und es ist traurig genug, daß unsere westeuropäischen Vorfahren an seinem Untergang mit schuldig geworden sind. Darum tat dieser Papst nichts anderes, indem er einen zutiefst gebildeten byzantinischen Kaiser in Erinnerung rief, als einem Erbe Achtung zu zollen, dem wir Unendliches zu danken haben.
Adler der Paläologen
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Donnerstag, 28. Mai 2009
Der Triumph des „Kitsches“
Hans Makart, Der Triumph der Ariadne
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Ich denke, es ist an der Zeit, einmal einen bedeutenden Vertreter des Kitsches zu würdigen. Hans Makart wurde am 28. Mai 1840 geboren. Er war als Maler und mehr noch als Erfinder von Ausstattungen so einflußreich, daß man einen ganzen Stil nach ihm benannt hat. Es wäre albern, wenn ich hier Angelesenes wiederkäuen würde, daher mag man das Biographische etc. hier nachlesen.
Geschriebene Ironie funktioniert nicht, ich weiß, natürlich war der Eingangssatz auch ironisch gemeint. Denn der Mann ist so sehr 19. Jahrhundert, daß man geradezu dessen Physiognomie an ihm ablesen kann, und ob das nachfolgende Jahrhundert im Vergleich soviel besser abschneidet, das bleibe dahingestellt.
Sein Bemühen, das Leben zu ästhetisieren, mag häufig ins Theatralische abgerutscht sein. Und in der Tat haftet dem Streben des 19. Jahrhunderts, sich mit Vergangenem zu dekorieren, oft auch etwas Zweifelhaftes an, eine dramatische Pose, die eine innere Leere verbirgt.
Makart Atelier, Wien um 1875
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Der Versuch, dem Leben eine gesteigerte Form zu geben, mag also nicht völlig geglückt sein, und insofern haben die nachfolgenden Kritiker auch ein wenig recht, aber eben nur ein wenig. Denn man hat es wenigstens versucht, und nicht alles, was häßlich und einfallslos war, zum Kunstwerk umgedeutet. Das blieb dem nächsten Jahrhundert vorbehalten.
Also freuen wir uns an dem, was von Hans Makart überliefert oder von ihm beeinflußt wurde, an dem "Farbenrausch", dem Reichtum an Einfällen, der Fülle von Zitaten oder einfach an Schönheit. Der „Kitsch“ ist des öfteren schon herrlich anzuschauen.
Hans Makart, Die Niljagd der Kleopatra
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Mittwoch, 27. Mai 2009
Liselotte von der Pfalz
Liselotte von der Pfalz
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Früher habe ich bereits einmal erwähnt, welch ein Vergnügen ich immer bei der Lektüre der Briefe Liselottes von der Pfalz, unglückliche Gattin des Herzogs von Orléans und Schwägerin Ludwig XIV., empfinde. Nun, sie wurde am 27. Mai 1652 in Heidelberg geboren, ein guter Grund, mit ein paar Zitaten aufzuwarten, und da sich das Deutsche seitdem geringfügig verändert hat, habe ich diesmal eine Art „Übersetzung“ jedesmal im Anschluß kursiv hinzugesetzt. Mehr von ihr läßt sich hier nachlesen.
Über eine Unpäßlichkeit
"Dißes ist die ganze relation von meiner kranckheit. Hinfüro will ich beßer in acht [sein] undt nicht so viel freßen ..."
Dieses ist der ganze Bericht von meiner Krankheit. Künftig will ich mich besser in Acht nehmen und nicht so viel fressen.
Über die Maintenon
„... Das weib wovon sie sprechen, wie E.L. sagen, die mit einem pfurtz met verlöff met verlöff sol schwanger gegangen sein, divertirt mich nicht sehr, contrari, ich glaube nicht, daß ein bößerer teüffel in der welt kan gefunden werden, alß sie ist mitt aller ihrer devotion undt heücheley, befinde, daß sie das alte teütsche sprichwort woll wahr macht, nehmblich: »wo der teüffel nicht hinkommen kan, da schickt er ein alt weib hin.«“.
„... Das Weib, wovon sie sprechen, wie E.L. [Eure Liebden] sagen, die mit einem Pfurz, mit Verlaub, mit Verlaub, soll schwanger gegangen sein, ergötzt mich nicht sehr, im Gegenteil, ich glaube nicht, daß ein böserer Teufel in der Welt kann gefunden werden als sie ist mit aller ihrer Frömmelei und Heuchelei, ich denke, daß sie das alte deutsche Sprichwort wohl wahr macht, nämlich: »Wo der Teufel nicht hinkommen kann, da schickt er ein altes Weib hin.«“.
„Die dauphine ist ohnglücklich, undt ob sie schon ihr bestes thut, dem König zu gefahlen, wirdt sie doch auß ahnstifftung des weibes täglich sehr übel tractirt, undt muß ihr leben mitt langerweill undt schwangersein zubringen.“
„Die Dauphine [Maria Anna von Bayern, 1680 vermählt mit dem Dauphin Louis] ist unglücklich und ob sie schon ihr bestes tut, dem König zu gefallen, wird sie doch aus Anstiftung des Weibes täglich sehr übel behandelt und muß ihr Leben mit Langerweile und Schwangersein zubringen.“
Über die neueste Haarmode
„Aber dieß ist auch ein text, welchen man mitt stillschweigen muß vorbeygehen, komme derowegen an die coiffuren [Haarfrisuren]. Ich bin versichert, daß, wenn E.L. sehen solten, mitt waß mühe undt sorgen sich die weiber nun abscheülich machen, würden E.L. von hertzen darüber lachen; ich vor mein theil kan dießer masqueraden gantz nicht gewohnen, aber alle tag setzt man sich höher auff; ich glaube, daß man endtlich wirdt gezwungen sein, die thüren höher zu machen, denn sonsten wirdt man nicht mehr in den kammern auß und ein gehen können.“
„Aber dies ist auch etwas, welches man mit Stillschweigen vorbeigehen lassen muß, komme deswegen zu den Haarfrisuren. Ich bin versichert, daß, wenn E.L. sehen sollten, mit was für Mühe und Sorge sich die Frauen gerade abscheulich machen, würden E.L. von Herzen darüber lachen; ich für meinen Teil kann mich an diese Maskeraden überhaupt nicht gewöhnen, aber jeden Tag setzt man sie höher herauf; ich glaube, daß man endlich wird gezwungen sein, die Türen höher zu machen, denn sonst wird man nicht mehr in die Zimmern aus- und eingehen können.“
„...Wen man schon schön ist, wehrt es doch nicht, undt ein schön gesicht endert baldt, allein ein gutt gemüht ist zu allen zeitten gutt. ...“
„Daß man schon schön ist, das vergeht, und ein schönes Gesicht endet bald, allein ein gutes Gemüt ist zu allen Zeiten gut.“
Dienstag, 26. Mai 2009
Randnotiz
Wo ich mich gerade mit dem Gedanken quäle, ob es sich lohnt, daß ich mein Englisch aufbessere, vielleicht wäre Samuel Pepys dafür geeignet, der am 26. Mai 1703 in Clapham bei London gestorben ist und eigentlich nur wegen seiner Tagebücher berühmt ist, lese ich. Gewissermaßen der erste Blogger, tatsächlich gibt es sie auch als einen solchen.
Über einen gefallenen Prinzen
Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Prinz Wilhelm
Bundesarchiv Bild 102-01280
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Das mag für einige heute langweilig zu lesen sein, tut mir leid, aber dieser Ort lebt auch von einem Gefühl der Verpflichtung gegenüber gewissen Dingen. Zu diesen zählt Preußen und sein Herrscherhaus (von Potsdam ganz zu schweigen). Und am 26. Mai 1940 erlag der älteste Sohn des letzten Kronprinzen des Deutschen Reichs seinen Kriegsverletzungen in Frankreich, er ist also dort „gefallen“. In Potsdam im Antikentempel im Park von Sanssouci wurde Prinz Wilhelm unter der Anteilnahme von ca. 50 000 Trauernden beigesetzt. Es war die letzte große öffentliche Sympathiebekundung für die Hohenzollern und das im 3. Reich und mitten im beginnenden Krieg.
Das Regime reagierte darauf mit dem sog. „Prinzen-Erlaß“, der den Fronteinsatz aller Hohenzollernprinzen verbot. Es war sich seiner offenbar nicht ganz so sicher, wie man hätte annehmen können. Vor allem wird häufig unterschlagen, wie stark der Haß bei diesen Leuten gegen alles Traditionelle und Überkommene war, aber wahrscheinlich stört diese Tatsache heute auch manche.
Wie auch immer, es steht eine andere Frage im Raum. In Amerika wurde gerade der „Memorial Day“ begangen (auf eine Bemerkung in diesem Zusammenhang bezog sich übrigens gestern meine Selbstanklage). Und wessen sollen wir gedenken bei einem Datum wie dem heutigen?
Prinz Wilhelm und Prinz Lous Ferdinand von Preußen
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Montag, 25. Mai 2009
Erste Rose &
Ich habe heute die erste Rose entdeckt, die erste aufgeblühte Rose, um genau zu sein, denn sie ist natürlich nicht über Nacht eingewandert. Wenn dieser Garten eines hat, dann Rosen, und sie sehen in diesem Frühling besonders gut aus, alles ist voller Knospen, nur aufblühen wollte noch keine. Gut diese ist eher unscheinbar, das Bild ist nicht besonders geworden, aber sie ist die erste.
Und ich werde hoffentlich diesen Ort demnächst mit Rosenbildern vollstopfen können. Warum ich davon soviel Aufhebens mache, nun ich denke, dieser Ort hat letztens zeitweise ein gewisses Ungleichgewicht erlitten, darum kommen diese Gartenbilder heute gerade recht. Und da für diesen Ort jemand die Verantwortung hat, wird jenes Ungleichgewicht wohl bei diesem seinen Ursprung haben.
Ich bin vorhin ein wenig um den nahegelegenen See gefahren, um u.a. über dieses und anderes nachzudenken. Mir liegt noch etwas im Magen, was auf den ersten Blick weniger bedeutsam erscheinen mag: Dieses Medium wird von mir in dieser Form seit noch nicht einmal 2 Jahren „erforscht“, und ich habe persönlich enorm davon profitiert.
Dieses „Bloggen“ ermöglicht persönliche Zugänge, die sonst verwehrt geblieben wären. Bei einem der ältesten Weggefährten auf diesem zeitlich eher kurzen Weg schaute ich kürzlich gewohnheitsgemäß vorbei und entdeckte einen Kommentator, der den gleichen Namen trug wie ich, ‚ach Gott‘, dachte ich, ‚noch einer, was schreibt er denn‘, und dann ‚was für ein Idiot‘.
Der Idiot war ich selbst, und ich hätte im Boden versinken mögen, zum Inhalt nur soviel, es war, als hätte jemand auf einer Beerdigung einen schlechten Witz gemacht. Ich habe mich entschuldigt, der Kommentar ist fort, nur, in was für einer Geistesverfassung muß ich gewesen sein, mich so gehen zu lassen (mein Gott, die Katze dieses guten Mannes liegt auf einer Decke, die meine Mutter gehäkelt hat, und er wohnt nicht eben in der Nachbarschaft)? Ich bin aufrichtig gesprochen immer noch verwirrt und erschrocken.
Genug des Persönlichen. Ich weiß, es gibt ein paar Leser, die das weniger schätzen und wie ich finde mit guten Gründen, man muß nicht so ein pubertäres Aufheben von sich selbst machen, es gibt in der Regel Spannenderes oder auch Eindrucksvolleres, wie vielleicht diesen Sonnenuntergang.
Sonntag, 24. Mai 2009
Brodskij, Carolsfeld und der Wert von Übersetzungen
Es ist schon kurios, da will man jemandem nur unauffällig signalisieren: „Nett, daß Sie meinen Kram lesen, ich finde Ihre Sachen auch ganz interessant“, der gute Mann stellt einen darauf eigens vor, und auf einmal hat man eine kleine Diskussion über Übersetzungen. Er hat übrigens einen empfehlenswerten Blog namens „Naturgesetz“ und ich fand die Vorstellung wirklich beschämend rührend, ich danke also.
Bekanntlich stehen auf der rechten Seite einige Übersetzungen, die vor allem Prof. Aue zu danken sind, von ihm ist übrigens das obige Bild (ich weiß nicht, was seine Vergißmeinnicht angestellt haben, daß sie hinter Gitter mußten). Warum, weil ich meinen ausschließlich englischsprechenden Besuchern, die sich hierher verirren, den Besuch nicht völlig vergeblich belassen will. Und ich gebe zu, die erwähnte Diskussion hat mich stellenweise etwas verärgert.
Poesie ist unübersetzbar, natürlich, und es ist ungewiß, was man bei Übersetzungen in die andere Sprache hinüberrettet, Prof. Aue und ich hatten darüber schon einige Unterhaltungen. Aber ich denke, Poesie ist im Herzen einer Sprache angesiedelt, sie ist ihr dichtester Ausdruck, sie verkörpert so Wesentliches, daß es unabdingbar ist, das Unmögliche zu versuchen.
Ich habe fast alles vergessen, was ich jemals an Russisch beherrscht haben mag, aber eines meiner Lieblingsgedichte ist Brodskys „Große Elegie an John Donne“, ich kenne es nur durch seine Übersetzung, aber für mich entfaltet diese den Zauber originaler Dichtung, und ich kann nur hoffen, daß dieser Zauber nicht trügerisch ist, aber missen möchte ich es nicht.
Er ist übrigens am 24. Mai 1940 geboren worden (hier ein paar Links: die unumgängliche Wikipedia, Bemerkenswertes auf Lyrikwelt und Perlentaucher, eine interessante englischsprachige Seite). Bei seinem Übersetzer fand ich folgendes nachdenkenswertes Zitat:
"Es gibt keine Liebe ohne Erinnerung, keine Erinnerung ohne Kultur, keine Kultur ohne Liebe. Deshalb ist jedes Gedicht ein Faktum der Kultur wie ein Akt der Liebe und ein Blitzlicht der Erinnerung, und ich würde anfügen - des Glaubens."
Joseph Brodsky, "Beyond Consolation". In: The New York Review of Books, 7. Februar 1974
Das, was wir lesen, erschafft mit der Zeit eine Art Muster im sprachlichen Grundgewebe der eigenen Seele. So sind wir gewissermaßen auch ein Geschöpf unserer Lektüre, ohne Übersetzungen ein eher armes Geschöpf.
Und dann ist da noch Julius Schnorr von Carolsfeld, einer der bekanntesten Nazarener, am 24. Mai 1872 in Dresden gestorben. Eigentlich wollte mich heute darüber auslassen, ob diese romantische Malrichtung nun eher Kitsch sei oder doch nicht, aber das werden wir wohl auf ein anderes Mal verschieben müssen.
Julius Schnorr von Carolsfeld,
Samstag, 23. Mai 2009
Darwin, Klimt & Marlowe – eine Leseempfehlung
Meinen 3 Lesern (+x ) wollte ich nur zur Anzeige geben, daß der geschätzte Prof. Aue, von dem die meisten der hier versammelten Übersetzungen herstammen, offenkundig einen respektabel produktiven Mai hatte. Seine Hommage an Darwin, Klimt und Marlow ist wie immer äußerst farbig, anregend und mit Vergnügen an der Provokation geschrieben.
Christopher Marlowes „The Passionate Shepherd to His Love“, gelesen von Julian Glover und vorgestellt von Sir John Giulgud, steht hinter dem obigen Video und wird von ihm samt davon angeregten Gedichten mit Übersetzungen präsentiert (da ich so gut wie kein Englisch verstehe, bin ich glücklich der Pflicht enthoben, diese als solche zu bewerten, als Gedichte sind sie selbstredend vortrefflich).
Das untere Video vereint eine Reihe von Bildern Gustav Klimts zur Musik Gustav Mahlers, sehr sublim in der Tat. Auch die Hinweise auf diese Videos wie noch anderes finden sich auf seiner Website, wie schon in der Überschrift gesagt, einfach eine Leseempfehlung von mir hier.
Freitag, 22. Mai 2009
Konstantin oder über römische Abschiede
Konstantin I., Kopf einer Kolossalstatue, Rom, Kapitolinisches Museum
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Für jemanden, der Geschichte weniger aus nüchternem, meinetwegen wissenschaftlichem Interesse, sondern eher als lebendigen Anschauungsraum sieht, mit dem er Sympathien und Abscheu, Trauer wie Neugier, Erstaunen oder Befremden und noch vieles andere mehr verbindet, ist Konstantin der Große ein harter Brocken.
Ich gestehe, die Antike ist mir seit Kindesbeinen nahe gewesen, ich erinnere mich, wie ich versuchte, Götterbilder zu zeichnen, was bei meinem Vater ein gewisses Stirnrunzeln hervorrief, ich vermutete darauf, irgend etwas Anstößiges angestellt zu haben und malte Drapierungen dazu. Darum ist das Trauern über ihren Untergang wirklich nicht aufgesetzt. Und Konstantin I. steht für beides, eine Art von Fortdauer und den Untergang.
Allerdings, das römische Reich wäre, was weniger bekannt ist, fast schon 100 Jahre vorher untergegangen. In der Epoche der sogenannten „Soldatenkaiser“ wurden regelmäßig die untersten Elemente nach oben gespült, und in dem dauernden dumpfen Machtkampf gerieten Wohlstand und Wissen, Bildung und Kunstfertigkeit, Kraft und Vermögen in den freien Fall zurück zur Barbarei, im Überlebenskampf setzten die gerade Obsiegenden auf die Überbeanspruchung des Vorhandenen, man fraß sich dabei gewissermaßen selber auf. Und der Niedergang war bereits erschreckend weit vorangeschritten.
Die wiedergewonnene Stabilität begann nicht erst mit Konstantin, doch er ist ihr erfolgreichster Vertreter. Konstantin ist keine entgegenkommende Gestalt, aber als solche hätte er wohl auch kaum den Untergang des Reiches noch einmal abgewendet. Er hat dem Christentum den Weg frei gemacht, und man streitet bis heute, inwieweit er persönlich Christ war; er hat Rom vor den Barbaren gerettet und mit der Gründung Neu-Roms am Bosporus zugleich dessen Absinken in die Bedeutungslosigkeit befördert; er hat eine alte Ordnung bewahren wollen und dabei die Grundlagen für eine neue gelegt, die Jahrhunderte überdauern sollte. Flavius Valerius Constantinus starb am 22. Mai 337.
Mosaik in der Hagia Sophia,
Kaiser Konstantin der Große mit dem Stadtmodell Konstantinopels,
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Kaiser Konstantin der Große mit dem Stadtmodell Konstantinopels,
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Donnerstag, 21. Mai 2009
Zwei vergebliche Gestalten und ein großer Maler
Eigentlich wollte ich den heutigen Tag mit ein paar Betrachtungen über „Christi Himmelfahrt“ ausklingen lassen, doch dieses Haus liegt nahe an einem beliebten Wanderweg und über der Geräuschkulisse der vergnügten „Herrentags“-Ausflügler kam irgendwie die Andacht abhanden.
Aber der Geschichtskalender hat dann noch meine Aufmerksamkeit gefesselt, denn er vereinigt zwei Herrschergestalten der römisch-deutschen Geschichte, die an einem Endpunkt stehen: Otto III., der am 21. Mai 996 (auch am Fest Christi Himmelfahrt) zum Kaiser gekrönt wurde, nachdem er zuvor einen Deutschen zum Papst eingesetzt hatte, und König Konrad IV., Sohn des großen Friedrich II., der am 21. Mai 1254 starb, bedrängt von den Nachstellungen des unseligen Papstes Innozenz IV.
Beide starben jung, beide gaben zu weitfliegenden Hoffnungen Anlaß, beide waren Nachkommen großer Vorgänger, beide hatten eine schwere Aufgabe auferlegt bekommen, die mit ihrem Tod unerfüllt blieb. Der Traum von der „Renovatio imperii Romanorum“ zerfiel, und der Kampf gegen ein toll gewordenes Papsttum das Erbe und die Ideen Friedrich II. aufrecht erhalten zu wollen, würde bald in der „schlimmen, der kaiserlosen Zeit“ enden.
Der Zufall der Konstellation ist so prägnant, daß er nicht unerwähnt bleiben konnte, und wo diese beiden Gestalten für schmerzende Abbrüche der Geschichte stehen, ist es tröstlich, daß sich ein weiterer Name mit diesem heutigen Datum verbindet, der ungebrochen durch die Jahrhunderte leuchtet, der Albrecht Dürers, geboren am 21. Mai 1471 in Nürnberg.
Christi Himmelfahrt
Die erste Rede habe ich zwar getan, lieber Theophilus, von alledem, das JEsus anfing, beides, zu tun und zu lehren,
bis an den Tag, da er aufgenommen ward, nachdem er den Aposteln (welche er hatte erwählet) durch den Heiligen Geist Befehl getan hatte,
welchen er sich nach seinem Leiden lebendig erzeiget hatte durch mancherlei Erweisung; und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich GOttes.
Und als er sie versammelt hatte, befahl er ihnen, daß sie nicht von Jerusalem wichen, sondern warteten auf die Verheißung des Vaters, welche ihr habt gehöret (sprach er) von mir.
Denn Johannes hat mit Wasser getauft; ihr aber sollt mit dem Heiligen Geiste getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.
Die aber, so zusammenkommen waren, fragten ihn und sprachen: HErr, wirst du auf diese Zeit wieder aufrichten das Reich Israel?
Er sprach aber zu ihnen: Es gebühret euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat,
sondern ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird; und werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.
Und da er solches gesagt, ward er aufgehoben zusehends, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg.
Und als sie ihm nachsahen gen Himmel fahren, siehe, da stunden bei ihnen zwei Männer in weißen Kleidern,
welche auch sagten: Ihr Männer von Galiläa, was stehet ihr und sehet gen Himmel? Dieser JEsus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird kommen, wie ihr ihn gesehen habt gen Himmel fahren.
Die Apostelgeschichte des Lukas
1. Kapitel, Verse 1 - 11
1. Kapitel, Verse 1 - 11
Mittwoch, 20. Mai 2009
Jatzke &
ein Nachtrag
Da ich mich nun doch entschieden habe, von dem gestrigen Tag nicht weiter Aufhebens zu machen, will ich wenigstens die Aufnahmen kurz näher erläutern, damit sie für andere irgendeinen Sinn ergeben. Auf den ersten beiden Bildern sind, um es kurz zu sagen, meine beiden Elternteile zu finden.
Das erste Bild ist zudem auf „Schloß Rattey“ entstanden, ein sehr angenehm wiederhergestelltes Herrenhaus, das übrigens wohl über den nördlichsten Weinberg Deutschlands verfügt; wie ich selbst bestätigen kann, ist der Wein überraschenderweise durchaus trinkbar.
Das dritte Bild zeigt einen sog. „Gnadenstuhl“, eine Darstellung der Trinität, und findet sich in der Jatzker Kirche, deren Außenansicht das vierte Bild zeigt. Eben dieser Ort war der meiner Kindheit und frühen Jugend.
Kindheits-Ort
Das wird heute vermutlich ein persönlicher Post, dieses nur als Warnzeichen für anderweitig Interessierte, das Abendland, Rilke, Preußen und Konsorten wird es sicher demnächst hier wieder geben.
In ein paar Stunden werde ich den Ort meiner Kindheit aufsuchen, voraussichtlich, man sollte in menschlichen Planungen vorsichtig sein. Ein seit langen Jahren verheiratetes Paar möchte die kirchliche Trauung nachholen, und das an dem Ort, an dem die Vorfahren einmal von lokaler Bedeutung waren. Dem Nachbarort hat die Familie vermutlich sogar den Namen aufgeprägt, wie auch immer.
Man mag das für skurril halten soviel man will, jedenfalls bin ich in dieses soweit hineingezogen, daß ich dort also nach etwa 10 und gefühlten 100 Jahren meine Bekanntschaft erneuern darf, gut, mein Vater liegt dort begraben und dessen Mutter, das wären schon gute Gründe, ich darf einen Blick auf den alten Kasten werfen, der einmal mein Elternhaus war, seltsam, andere mögen an dieser Stelle sentimentale Anwandlungen haben, ich nicht, und ich weiß offen gesagt nicht, wo dieses herrührt.
Dieses gerührte Eins-Sein mit dem Ort der Kindheit ist mir irgendwie bisher erspart geblieben, andere Orte haben ihre Widerhaken auswerfen können, Rostock und Potsdam etwa, dieser Ort nicht.
Und nur zur Unterhaltung (in Sachen weiblicher Logik) – Ich: „Dafür brauchen wir länger, das ist noch weiter von hier weg, ich zeig dir das auf der Karte.“
„Ich weiß, daß das viel dichter ist (?), ich brauch keine Karte, ich hab das alles im Gefühl.“
Vermutlich sollte man männliche und weibliche Karten auflegen, sie dürften kaum Ähnlichkeiten haben.
Dienstag, 19. Mai 2009
Montag, 18. Mai 2009
Sonntag, 17. Mai 2009
Burg Stargard
Vor einem ¾ Jahr hatte ich etwas über einen mißglückten Besuch der nahe gelegenen Burg Stargard geschrieben. Heute dachte ich, das ist selbst für jemanden, der exzessiv Dinge vor sich her schiebt, etwas lang. Das obige und das untere Bild sind übrigens Aufnahmen der Vorburg.
Für gestern und heute nun waren Wettkämpfe im Bogenschießen ebendort angekündigt und ich habe mich am heutigen Sonntag tatsächlich aufgerafft. Die Wettkämpfe waren natürlich längst vorbei, als ich dort endlich eintraf, aber immerhin war eine Siegerehrung zu verfolgen.
Über dem Zeltlager, an dem ich vorher vorbeikam, war eine St. Georgs-Fahne zu bewundern, man hätte fast annehmen können, ein paar Engländer wären auf dem Weg zu einem der Kreuzzüge hier gestrandet.
Und hier noch einige andere mittelalterliche Reminiszenzen.
Das Kuriose an Ruinen, und wenn man das Verschwundene hinzuzählt, ist unsere Burg im Grunde eine solche, ist, daß sie immer eine Herausforderung an die Imaginationskraft darstellen. Manchmal gibt es gnädige Schautafeln als Krücke dazu.
Das Original des ursprünglichen Tors der Hauptburg samt Kapelle sieht heute übrigens so aus.
Man könnte fast philosophisch, sentimental oder nachdenklich werden bei solchen Bildern, nein, nicht romantisch, das kann ich irgendwie nicht mehr.
Und wenn bei allem Vergangenen ein proper restauriertes Gebäude (wie hier die Pförtnerei) übrig bleibt, das mustergültig die angemessene Gestalt eines alterswürdigen Hauses verkörpert, das ist doch auch ein deutlich spürbarer Wert.
Das „Krumme Haus“, das von den beiden Hauptgebäuden, von dem wenigstens noch die Grundmauern stehen, ist offenkundig so oft überbaut worden, daß man in seinen Mauern wie in einem Buch zu lesen vermag.
Immerhin gibt es den Bergfried (gut, einen der beiden, aber der andere, von dem wir erst seit kurzem wissen, war kleiner), von Buttel neu wiederhergestellt, und so bleibt uns das Bild einer vollständigen Burg.
Die wenigen anderen Gedanken, von dem merkwürdigen Fehlen von Geschichten etwa, habe ich schon einmal am eingangs eben dort angegebenen Ort angedeutet, und sich zu wiederholen, ist eine vermeidbare Neigung.
Samstag, 16. Mai 2009
Nachtrag „Quadragesimo anno“
Es wollte gestern nicht recht zusammenpassen, Monteverdi und Papst Pius XI., letzterer hat am 15. Mai 1931 o.g. Enzyklika zum Verhältnis von Kapital, Eigentum und Arbeit veröffentlicht, und ohne daß ich auf ihren Inhalt näher eingehen will, dafür gibt es Berufenere, so sind ihre Aussagen doch vor dem Hintergrund der jüngeren Turbulenzen derart klar, daß man nur sätzeweise zu zitieren braucht:
„Die Leichtigkeit für jedermann, im ungeregelten Markt Gewinne zu machen, lockt viele zum Handel und Güterumsatz, die nur ein Ziel haben, möglichst mühelos und bequem zu gewinnen, und zu diesem Ende ohne sachliche Berechtigung, nur aus Beutegier, die Preise durch wilde Spekulation ruhelos nach oben und wieder nach unten zu treiben, wodurch alle Berechnungen ernster Wirtschafter durchkreuzt werden. Die vom Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsformen für Erwerbsgesellschaften mit ihrer Teilung der Verantwortlichkeit und ihrer Haftungsbeschränkung haben Anlaß geboten zu sehr üblen Mißbräuchen. Es zeigt sich, daß die auf diese Weise stark geschwächte Rechenschaftspflicht nur wenig Eindruck macht.
Die schlimmsten Ungerechtigkeiten und Betrügereien spielen sich ab im Halbdunkel der Anonymität hinter der Fassade einer neutralen Firma. Verwaltungen von Erwerbsgesellschaften gehen in ihrer Pflichtvergessenheit bis zur Untreue denen gegenüber, deren Ersparnisse sie zu verwalten haben. An letzter Stelle ist noch zu nennen die skrupellose, aber wohlberechnete Spekulation auf die niederen Triebe des Publikums, die man aufstachelt, um an ihrer Befriedigung zu verdienen.
Eine strenge und feste Handhabung der Wirtschaftsmoral seitens der Staatsgewalt hätte diese überaus schweren Übelstände fernhalten oder ihnen zuvorkommen können; daran fehlte es aber allzuoft kläglich. Da die Anfänge der neuen Wirtschaft gerade in die Zeit fielen, da der Rationalismus die Geister beherrschte und sich tief in sie eingefressen hatte, entstand bald eine Wirtschaftswissenschaft, die es unterließ, sich an der wahren Sittennorm zu orientieren. Das hatte zur Folge, daß den menschlichen Leidenschaften völlig die Zügel gelockert wurden.
Infolgedessen warfen sich die Menschen in noch viel größerer Zahl als früher einzig auf den Reichtumserwerb mit allen Mitteln; ihren Eigennutz über alles stellend und altem andern vorziehend, machten sie sich kein Gewissen aus noch so schwerem Unrecht gegen andere. Die ersten, die diesen Weg einschlugen, der zum Verderben führt, fanden mit Leichtigkeit viele Nachahmer auf ihrem Wege: ihre augenscheinlichen Erfolge, der Glanz ihres Reichtums, der Spott, mit dem sie sich über die altväterliche Gewissenhaftigkeit der andern lustig machten, die Rücksichtslosigkeit, mit der sie über die Leichen minder skrupelloser Konkurrenten hinwegschritten, alles dies konnte ja seinen Eindruck nicht verfehlen…“
„Die Leichtigkeit für jedermann, im ungeregelten Markt Gewinne zu machen, lockt viele zum Handel und Güterumsatz, die nur ein Ziel haben, möglichst mühelos und bequem zu gewinnen, und zu diesem Ende ohne sachliche Berechtigung, nur aus Beutegier, die Preise durch wilde Spekulation ruhelos nach oben und wieder nach unten zu treiben, wodurch alle Berechnungen ernster Wirtschafter durchkreuzt werden. Die vom Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsformen für Erwerbsgesellschaften mit ihrer Teilung der Verantwortlichkeit und ihrer Haftungsbeschränkung haben Anlaß geboten zu sehr üblen Mißbräuchen. Es zeigt sich, daß die auf diese Weise stark geschwächte Rechenschaftspflicht nur wenig Eindruck macht.
Die schlimmsten Ungerechtigkeiten und Betrügereien spielen sich ab im Halbdunkel der Anonymität hinter der Fassade einer neutralen Firma. Verwaltungen von Erwerbsgesellschaften gehen in ihrer Pflichtvergessenheit bis zur Untreue denen gegenüber, deren Ersparnisse sie zu verwalten haben. An letzter Stelle ist noch zu nennen die skrupellose, aber wohlberechnete Spekulation auf die niederen Triebe des Publikums, die man aufstachelt, um an ihrer Befriedigung zu verdienen.
Eine strenge und feste Handhabung der Wirtschaftsmoral seitens der Staatsgewalt hätte diese überaus schweren Übelstände fernhalten oder ihnen zuvorkommen können; daran fehlte es aber allzuoft kläglich. Da die Anfänge der neuen Wirtschaft gerade in die Zeit fielen, da der Rationalismus die Geister beherrschte und sich tief in sie eingefressen hatte, entstand bald eine Wirtschaftswissenschaft, die es unterließ, sich an der wahren Sittennorm zu orientieren. Das hatte zur Folge, daß den menschlichen Leidenschaften völlig die Zügel gelockert wurden.
Infolgedessen warfen sich die Menschen in noch viel größerer Zahl als früher einzig auf den Reichtumserwerb mit allen Mitteln; ihren Eigennutz über alles stellend und altem andern vorziehend, machten sie sich kein Gewissen aus noch so schwerem Unrecht gegen andere. Die ersten, die diesen Weg einschlugen, der zum Verderben führt, fanden mit Leichtigkeit viele Nachahmer auf ihrem Wege: ihre augenscheinlichen Erfolge, der Glanz ihres Reichtums, der Spott, mit dem sie sich über die altväterliche Gewissenhaftigkeit der andern lustig machten, die Rücksichtslosigkeit, mit der sie über die Leichen minder skrupelloser Konkurrenten hinwegschritten, alles dies konnte ja seinen Eindruck nicht verfehlen…“
Freitag, 15. Mai 2009
Monteverdi
Wenn wir verloren Gegangenes verspüren, gerät das Auftauchen und Zerfließen der Dinge ins Stocken und mitunter entsteht dann großartig Neues. Aus der Anteilnahme an Vergangenem erwächst nicht etwa Nachgeschaffenes, sondern neu Geschaffenes. So jedenfalls war es mit der Oper. Vor mehr als 400 Jahren brannte der Wunsch sehr stark, die Antike zurückzugewinnen, was aber auf die Bühne trat, war nicht das antike Drama, von dem wir, wenn wir ehrlich sind, auch heute nur eher wenig wissen, jedenfalls ist seine Musik nahezu komplett verlorengegangen. Es entstand eine Kunstform, die gewissermaßen das Hochgebirge an Komplexität und Dichte dort verkörpert.
Die ersten Opern sind nicht überliefert und so verbindet sich der Anfang der Oper mit Claudio Monteverdi, der am 15. Mai 1567 in Cremona getauft wurde. Wir haben hier kürzlich schon einmal an ihn erinnert und auch dort als Musikbeispiel das Lamento aus der (leider verschollenen) Oper L’Arianna in der Interpretation von Kathleen Mary Ferrier gewählt, auch wenn sie es tatsächlich sehr langsam singt, hat es dafür doch unendlich viel Ausdruck.
Das zweite Beispiel hat zugegebenermaßen einen etwas seltsamen Reiz. Der berühmte Countertenor Philippe Jaroussky singt den Part der Hoffnung (La Speranza) aus der Oper „L'Orfeo“.
Die ersten Opern sind nicht überliefert und so verbindet sich der Anfang der Oper mit Claudio Monteverdi, der am 15. Mai 1567 in Cremona getauft wurde. Wir haben hier kürzlich schon einmal an ihn erinnert und auch dort als Musikbeispiel das Lamento aus der (leider verschollenen) Oper L’Arianna in der Interpretation von Kathleen Mary Ferrier gewählt, auch wenn sie es tatsächlich sehr langsam singt, hat es dafür doch unendlich viel Ausdruck.
Das zweite Beispiel hat zugegebenermaßen einen etwas seltsamen Reiz. Der berühmte Countertenor Philippe Jaroussky singt den Part der Hoffnung (La Speranza) aus der Oper „L'Orfeo“.
Donnerstag, 14. Mai 2009
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