darum heute nur ein paar ältere Techno & Trance Titel zur Entspannung (für einige, die anderen müssen bis zum nächsten Mal warten).
Dienstag, 30. Juni 2009
Montag, 29. Juni 2009
Über die Erinnerung des Heiligen
San Paolo fuori le Mura
hier gefunden
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Heute gedenkt die Kirche des Todes der Apostelfürsten Petrus und Paulus, die in Rom sowohl gestorben als auch begraben sind. Das obige Bild zeigt die Basilika „San Paolo fuori le Mura“, in der das Grab des Apostel Paulus verehrt wird.
Ich hätte dies womöglich an diesem Ort heute nicht unbedingt erwähnt, man kann nicht aller Dinge gedenken, die bedenkenswert sind, aber ich lese, Papst Benedikt XVI. habe gestern in dieser Kirche mitgeteilt, bei jüngsten Forschungsarbeiten am Apostelgrab habe man im Steinsarkophag Stoff- und Knochenreste gefunden, die eine C-14-Untersuchung auf das 1. und 2. Jahrhundert nach Christus datiert habe. Und er sagte: "Das scheint die einmütige und unwidersprochene Tradition zu bestätigen, daß es sich um die sterbliche Hülle des Apostels Paulus handelt."
Es gab weitere Indizien, die dafür zeugten, so daß er nachvollziehbar aussprach: „All das erfüllt unsere Seele mit tiefer Bewegung“.
Man mag es für wenig erstaunlich halten, daß an einem Gedenkort etwas von dem gefunden wird, was auf den Ursprung des Gedenkens wirklich verweist. Aber zumindest unterschwellig wird doch häufig in Frage gestellt, daß dieses Jahrtausende währende Gedenken unterbrechungslos bestanden haben könne.
Nur, wenn diesen frühesten Christen der Ort wichtig war, und wie sollte er ihnen nicht wichtig gewesen sein, warum sollten sie sein Andenken dann nicht bewahrt haben. So wie man bei einem geliebten Menschen, der verstorben ist, sich daran erinnert, was seine Lieblingsorte waren, worüber er gelacht hat, wovon er am meisten gesprochen hat.
Nichts anderes ist dieses Heiligengedenken doch zunächst, der Wunsch, eine Gemeinschaft mit jemandem aufrechtzuerhalten, der einem etwas bedeutet, über den Tod hinaus, und von der man durch den Glauben annehmen durfte, daß sie tatsächlich möglich ist.
Der spätere Heiligenkult hat diese Überlieferung sicherlich überwuchert, aber an manchen Tagen, wie eben gestern wird deutlich, daß es dafür einen lebendigen Ursprung gibt, der erneut zu einem zu sprechen vermag.
Sonntag, 28. Juni 2009
Sonntagserbauung
Rembrandt
Rückkehr des verlorenen Sohnes
hier gefunden
Rückkehr des verlorenen Sohnes
hier gefunden
Herr Roloff, der hier schon des öfteren mit Gastbeiträgen vertreten war, hatte mir seine heutige Predigt übermittelt, die ich zur sonntäglichen Erbauung gern anbringen will.
Predigt 3. Sonntag nach Trinitatis 2009
Luk 15, 1-3+11b-32
Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
wichtig ist bereits die Ausgangssituation, die uns in den ersten Versen geschildert wird.
Es kamen Zöllner und Sünder, um Jesus zuzuhören. Schüchtern und zunächst aus der Ferne werden sie versucht haben, seine Worte zu verstehen. Aus dem Unmut der Pharisäer und Schriftgelehrten, aus dem Unmut der Frommen jener Zeit, erfahren wir, dass Jesus die Sünder offenbar nicht nur an sich heran lässt und ihnen predigt, sondern er isst auch mit ihnen, er hat wirklich mit ihnen Gemeinschaft.
Die Geschichte vom verlorenen Sohn soll nun nichts geringeres leisten als eine Antwort darauf zu geben, warum das so ist. Warum ist Christus scheinbar lieber mit den Sündern zusammen als mit den Frommen seiner Zeit?
Wir, die Frommen der Gegenwart, haben nun ein Problem. Die Geschichte vom verlorenen Sohn ist so vielfältig interpretiert, so oft erzählt, gemalt, verfilmt worden, dass man es schwer hat durch die Fülle vorherrschender Bilder hindurchzudringen.
Darum bitte ich Sie einmal einfach alles zu vergessen, was sie jemals über diese Geschichte gehört haben. Denken sie sich in den Himmel, denken Sie sich in die Vollkommenheit des Paradieses, denken Sie sich in das Heil und das Glück einer Familie, denn hier beginnt unsere Geschichte - im Himmel. Es ist alles heil und gut, und wir begegnen nun einem Menschen, der hatte zwei Söhne. Eine größere Harmonie, als sie uns in dieser himmlischen Dreiheit entgegentritt ist kaum zu denken. Wir aber erleben gerade den Augenblick, in dem sie an ihr Ende gerät. Wir erleben den ungeheuerlichen Moment, in dem ein Mensch wie aus einem tiefen Schlaf, wie aus einem Traum erwacht. Und in diesem Erwachen kann er nicht mehr einfach bleiben in dem, in dem er doch immer war, nämlich in selbstverständlicher Gemeinschaft mit Vater und Bruder, sondern er will nun ganz ein eigenes Wesen sein, er will ganz er selbst sein. Kurz, es erwacht die Vernunft, durch die der Mensch nicht mehr im geradezu träumenden wir bleiben kann, sondern zu unterscheiden lernt zwischen dem ICH und dem DU.
In diesem Augenblick wird der andere Mensch und sei es der eigene Vater von jemandem, mit dem man ganz selbstverständlich war, zu einem der Gegenüber-Steht, an den man sich wendet, von dem man fordert.
Gib mir, Vater das Teil der Güter, das mir gehört.
Das ist nichts, was verurteilt würde, das ist schon gar nicht etwas, was wir zu verurteilen haben. Wir sollen nicht urteilen, sondern hören, denn wir erleben nichts anderes als das „Bewußt-Werden“ des Menschen. Der Mensch wird selbstbewusst.
Keinen liebenden Vater wird das jemals stören oder kränken oder gar ernsthaft verletzen. Darum wird auch nichts dergleichen berichtet. Vielmehr macht sich der Vater auf die Bitte des Sohnes hin sofort ans Werk „und teilt ihnen das Gut“. Wichtig ist es zu hören, dass er nicht nur dem Sohn, der darum gebeten hat, seinen Anteil zumisst, sondern wahrhaft jedem das Seine, so als wäre er selbst vor seiner Zeit gestorben.
Er tut dies offenbar ganz gelassen und sorgfältig und zwar schlicht darum, weil doch alles andere bedeutet hätte, dass er entweder das Gut oder sich selbst wichtiger nähme und mehr lieben würde als seine Söhne.
Nun geht der jüngere Sohn fort. Mit ganz wenigen Worten wird nun der weitere Verlauf geschildert: Er zog ferne über Land; und brachte daselbst sein Gut um mit Prassen.
Was hier geschildert wird und demonstrativ jedes Interesse daran vermissen lässt, wohin der Junge gegangen ist und was genau er nun wirklich angestellt hat, ist im Kern eine eigene Sicht auf den Sündenfall.
Der Mensch wird sich seiner selbst bewusst, verlässt die Gemeinschaft, in der er bislang alles hatte, ohne es ermessen und würdigen zu können und muss scheitern, weil er plötzlich ohne Maßstab ist. Das Seine verzehrt sich, eine Teuerung kommt hinzu, und Not stellt sich ein.
Die Worte werden immer sparsamer gesetzt, aber die Entwicklung, die sie beschreiben ist rasant: Er hängt sich an einen Menschen, der ihn zum Schweinehüten schickte. Eine niedrigere Arbeit ist nicht mehr zu denken.
Er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit Trebern, die die Säue aßen.
Der, dessen Begehren ursprünglich auf das Gut des Vaters gerichtet war, den hat sein Begehren nun dahin geführt, den Schweinen ihr Futter zu neiden. Das ist der Weg, auf den man gerät, wenn das Begehren die einzige Stimme ist, die Gehör findet.
Zum Glück aber ist es nicht die einzige Stimme, denn nun schlug er in sich und erinnert sich seines Vaters. Zunächst auch noch nur des Hungers wegen, aber wenigstens dämmert es ihm, das nicht das Gut, sondern der Vater die entscheidende Lebensgrundlage war und ist. Er erkennt, wovon er wirklich die ganze Zeit gelebt hat.
Liebe Gemeinde,
nun kommt der erste dramatische Punkt in unserer Geschichte. Der Sohn beschließt seine Umkehr zum Vater und er selbst ist der erste und auch der einzige, der von Sünde redet: Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir!!!
Die Erkenntnis der Sünde ist nichts, was andere vollbringen, die Sünde ist nichts, worauf im öffentlichen Prozess mit ausgestrecktem Arm gezeigt wird, die Erkenntnis der Sünde ist unverzichtbarer Teil des Erwachens menschlichen Bewusstseins und sie allein ermöglicht wirkliche Umkehr, tatsächlichen Neuanfang. Das kann kein Mensch dem anderen abnehmen.
Der Kern der Sünde nämlich ist die Selbstzerstörung, die ihre eigentliche Ursache darin hat, dass sich der Mensch aus Selbstüberschätzung von den Grundlagen seines Lebens abwendet, sich von den Quellen des Lebens abschneidet, sie verachtet und vergisst.
Diesen Irrtum hat der jüngere Sohn überwunden. Er kehrt verarmt, elend und hungrig aber in reich machender Sehnsucht nach seinem Vater zurück. Falsches Begehren hat ihn ruiniert, die Sehnsucht zum Vater erneuert ihn.
Und der Vater nimmt ihn in Liebe auf.
Das ist der zweite dramatische Punkt: Der Vater erklärt, was wirklich geschehen ist - der Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden.
Wer sich von den Grundlagen des Lebens abschneidet, der tötet sich, und auch wenn er noch eine Weile rumläuft und prasst und wichtig tut und im Lärm gespielter Freude seine Bedeutsamkeit herauszustellen versucht - er ist verloren, er ist tot.
Nun aber kommt noch der älteste Sohn. Er kann sich an all dem nicht freuen. Fast könnte man meinen, er würde dem Bruder die Jahre in verschwenderischer Freiheit neiden, denn offensichtlich hat er sich lebhaft Gedanken gemacht über das, was der Bruder getrieben haben könnte mit dem Geld und mit den Dirnen. Das allein ist schon unschön genug, der entscheidende Gesichtspunkt aber kommt zum Ausdruck in dem Satz: So viele Jahre diene ich dir!
Der ältere Sohn meint treu und gehorsam für den Vater zu leben, denn auch er hat noch nicht erfahren, dass er vom Vater lebt. Er ist in derselben Sünde wie sein Bruder gefangen, und die Sünde des Neides und der Missgunst kommen noch hinzu.
Der Vater verurteilt ihn nicht, er bittet ihn nur darum, Freude in seinem Herzen zu finden und sich im Bruder selbst zu erkennen.
Der einzige Weg aus der Sünde wird in der Hinwendung zum Vater gefunden.
Liebe Gemeinde,
im Kern erzählt uns Jesus hier die Geschichte des Sündenfalls und der Menschwerdung neu. Nicht nur aus seiner Perspektive, sondern tatsächlich wird durch IHN, durch Christus, aus dem strafenden, aus dem Paradies vertreibenden Gott, der liebende Vater, der sich seiner verlorenen Söhne erbarmt. Vor allem aber wird gezeigt, dass auch verloren gehen kann, wer im Paradies, beim Vater, geblieben ist.
Darum ist es so wichtig, was wir am Anfang hörten: Jesus nimmt die Sünder an und isset mit ihnen!
Das, was seitens der Pharisäer und Schriftgelehrten als Vorwurf gemeint ist, wurde uns zum Heilswort, weil wir unser eigenes Sündersein erkannt haben. Der Vorzug der Frommen, unser eigener Vorzug, liegt, wenn es ihn überhaupt gibt, nur darin, dass wir unser Sündersein, unsere Gottesferne kennen und in jedem Gottesdienst bekennen durch die Bitte: Vergib uns unsere Schuld!
Liebe Gemeinde,
wir hören also nicht nur eine Geschichte, wir hören vom Wesen des Menschen und vom Wesen Gottes, und wir erkennen, dass Gott uns in Christus in unsere Verlassenheit nachgeht. So wie der Vater in der Geschichte dem heimkehrenden Sohn entgegenläuft, so kommt uns Christus in die Welt, und wir dürfen schon hier um ihn herum lagern, mit ihm essen und ihn hören.
Vor ihm dürfen wir bekennen: Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir;
Und wir werden hören: Sei fröhlich, denn du warst tot und bist wieder lebendig geworden, du warst verloren und bist wiedergefunden.
Amen
Abkündigungen
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.
Samstag, 27. Juni 2009
Plattdeutscher Humor
Ich mag dies heute nicht so ausklingen lassen, ich mag überhaupt die gruseligen Themen nicht so besonders, darum, wo ich schon hier lebe, und die ursprüngliche Sprache hier plattdeutsch war, eine bestimmte Form der deutschen Sprache, falls das jemand nicht weiß, ein paar Kostproben davon:
„Viel Geschrei und wenig Wolle“, säd de Düwel un schor en Swien.
„Viel Geschrei und wenig Wolle“, sagte der Teufel, als er ein Schwein schor.
„Dat kummt wedder, säd de Bur un geef sin Swin Speck.“
Das kommt wieder, sagte der Bauer und gab seinem Schwein Speck.
„Alls mit Maaten, säd de Snider un slöög sin Froo mit de Eel“
Alles in Maßen, sagte der Schneider und schlug seine Frau mit der Elle.
Buer Schütt un Buer Börger begegent sick mit Perd un Wagen op de Landstrat. In’n Vörbiföhren röppt Schütt:
„Du Börger, mien en Perd is krank; hett Kolik.“
„Kolik?“ seggt Börger. „Hett mien ok hatt.“
„Prr!“ seggt Schütt un hölt still. „Wat hest em denn geben?“
„Terpentin heff ik em geben.“
„So, Terpentin?“ Hü!“ seggt Schütt. –
Acht Dag naher begegent se sick wedder op de Landstrat.
„Du Börger“, röppt Schütt, „mien Perd is dotbleben nah dat Terpentin.“
„Mien ok“, seggt Börger.
Bauer Schütt und Bauer Börger begegneten sich mit Pferd und Wagen auf der Landstraße. Im Vorbeifahren ruft Schütt:
„Du Börger, eins von meinen Pferden ist krank; hat Koliken.“
„Koliken?“ sagt Börger. „Hat meines auch gehabt.“
„Prr!“ sagt Schütt und hält an. „Was hast du ihm denn gegeben?“
„Terpentin hab ich ihm gegeben.“
„So, Terpentin?“ Hü!“ sagt Schütt. –
Acht Tage später begegnen sie sich wieder auf der Landstraße.
„Du Börger“, ruft Schütt, „mein Pferd ist totgeblieben nach dem Terpentin.“
„Meins auch“, sagt Börger.
Im Plattdeutschen klingt das allerdings alles viel netter.
„Viel Geschrei und wenig Wolle“, säd de Düwel un schor en Swien.
„Viel Geschrei und wenig Wolle“, sagte der Teufel, als er ein Schwein schor.
„Dat kummt wedder, säd de Bur un geef sin Swin Speck.“
Das kommt wieder, sagte der Bauer und gab seinem Schwein Speck.
„Alls mit Maaten, säd de Snider un slöög sin Froo mit de Eel“
Alles in Maßen, sagte der Schneider und schlug seine Frau mit der Elle.
Buer Schütt un Buer Börger begegent sick mit Perd un Wagen op de Landstrat. In’n Vörbiföhren röppt Schütt:
„Du Börger, mien en Perd is krank; hett Kolik.“
„Kolik?“ seggt Börger. „Hett mien ok hatt.“
„Prr!“ seggt Schütt un hölt still. „Wat hest em denn geben?“
„Terpentin heff ik em geben.“
„So, Terpentin?“ Hü!“ seggt Schütt. –
Acht Dag naher begegent se sick wedder op de Landstrat.
„Du Börger“, röppt Schütt, „mien Perd is dotbleben nah dat Terpentin.“
„Mien ok“, seggt Börger.
Bauer Schütt und Bauer Börger begegneten sich mit Pferd und Wagen auf der Landstraße. Im Vorbeifahren ruft Schütt:
„Du Börger, eins von meinen Pferden ist krank; hat Koliken.“
„Koliken?“ sagt Börger. „Hat meines auch gehabt.“
„Prr!“ sagt Schütt und hält an. „Was hast du ihm denn gegeben?“
„Terpentin hab ich ihm gegeben.“
„So, Terpentin?“ Hü!“ sagt Schütt. –
Acht Tage später begegnen sie sich wieder auf der Landstraße.
„Du Börger“, ruft Schütt, „mein Pferd ist totgeblieben nach dem Terpentin.“
„Meins auch“, sagt Börger.
Im Plattdeutschen klingt das allerdings alles viel netter.
Über das Böse in der Geschichte
Die Schuld am 1. Weltkrieg, diesem von allen Seiten mit so grausamer wie sinnloser Erbitterung geführten Krieg, Urkatastrophe der europäischen Geschichte in den letzten 100 Jahren (der Begriff stammt ursprünglich von dem amerikanischen Historiker und Diplomaten George F. Kennan „the great seminal catastrophe of this century“), ist auf alle Beteiligten ziemlich gleichmäßig verteilt. Sie war offenkundig so unerträglich, daß die Sieger unverzüglich begannen, sie auf die Besiegten abzuwälzen, schlimmeres.
Am 28. Juni 1919 wurde im Spiegelsaal von Versailles etwas unterzeichnet, für das einen das Wort „Friedensvertrag“ nicht über die Lippen kommen mag. Den unterzeichnenden Deutschen waren fünf Soldaten mit schwersten Gesichtsverletzungen, ohne Augen, Nase oder Mund gegenübergesetzt worden. Warum? Dieser Vertrag hatte einen Hauptzweck, den Gegner zu erniedrigen, ihn, da man ihn nun nicht ganz aus der Welt schaffen konnte, wenigstens soweit zu schwächen als irgend möglich und ihm dazu den zivilisatorischen Rang, die Zivilität, die Würde abzusprechen, ihn einfach zum Verbrecher zu stempeln.
Dieser „Vertrag“ war der moralische Bankrott Frankreichs, auch anderer (man mag zur Ehrenrettung der USA anführen, daß der Kongreß ihn nichtratifiziert hat), aber Frankreichs vor allem. Und er war so dumm, ein prächtiger Humus für das Böse, ein Drehbuch für das nachfolgende Grauen. Wenn man jemanden mit Gewalt zum Verbrecher macht, dann wird dieser, wenn er zu schwach oder nicht ehrenhaft genug ist, nach der ersten Empörung irgendwann gleichgültig oder sich skrupellos irgendwann genau so verhalten, viele im Deutschland dieser Zeit waren schwach, einige nicht ehrenhaft, unglücklicherweise haben letztere irgendwann die Herrschaft in Deutschland an sich gerissen.
Zu den moralischen Folgen treten die materiellen hinzu, der Vertrag heizte die bald folgende Weltwirtschaftskrise an, die Millionen ins Elend stürzte und sie orientierungslos machte. Die Wirkungen sind bekannt.
Mich hat ein für heutige Verhältnisse halbwegs vernünftiger Artikel in der Süddeutschen Zeitung zu diesen Anmerkungen veranlaßt. Sie sind kein Thema für einen Sonntag und daher schon heute zu finden. Warum ? Angesichts des Grauens, das dann wenige Jahre später folgte, hört man oft die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Ohne daß es wirkliche Antworten zu geben scheint. Eine, weiß Gott nicht die einzige, aber eine ganz schwerwiegende, ist im Spiegelsaal von Versailles zu besichtigen.
Am 28. Juni 1919 wurde im Spiegelsaal von Versailles etwas unterzeichnet, für das einen das Wort „Friedensvertrag“ nicht über die Lippen kommen mag. Den unterzeichnenden Deutschen waren fünf Soldaten mit schwersten Gesichtsverletzungen, ohne Augen, Nase oder Mund gegenübergesetzt worden. Warum? Dieser Vertrag hatte einen Hauptzweck, den Gegner zu erniedrigen, ihn, da man ihn nun nicht ganz aus der Welt schaffen konnte, wenigstens soweit zu schwächen als irgend möglich und ihm dazu den zivilisatorischen Rang, die Zivilität, die Würde abzusprechen, ihn einfach zum Verbrecher zu stempeln.
Dieser „Vertrag“ war der moralische Bankrott Frankreichs, auch anderer (man mag zur Ehrenrettung der USA anführen, daß der Kongreß ihn nichtratifiziert hat), aber Frankreichs vor allem. Und er war so dumm, ein prächtiger Humus für das Böse, ein Drehbuch für das nachfolgende Grauen. Wenn man jemanden mit Gewalt zum Verbrecher macht, dann wird dieser, wenn er zu schwach oder nicht ehrenhaft genug ist, nach der ersten Empörung irgendwann gleichgültig oder sich skrupellos irgendwann genau so verhalten, viele im Deutschland dieser Zeit waren schwach, einige nicht ehrenhaft, unglücklicherweise haben letztere irgendwann die Herrschaft in Deutschland an sich gerissen.
Zu den moralischen Folgen treten die materiellen hinzu, der Vertrag heizte die bald folgende Weltwirtschaftskrise an, die Millionen ins Elend stürzte und sie orientierungslos machte. Die Wirkungen sind bekannt.
Mich hat ein für heutige Verhältnisse halbwegs vernünftiger Artikel in der Süddeutschen Zeitung zu diesen Anmerkungen veranlaßt. Sie sind kein Thema für einen Sonntag und daher schon heute zu finden. Warum ? Angesichts des Grauens, das dann wenige Jahre später folgte, hört man oft die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Ohne daß es wirkliche Antworten zu geben scheint. Eine, weiß Gott nicht die einzige, aber eine ganz schwerwiegende, ist im Spiegelsaal von Versailles zu besichtigen.
Freitag, 26. Juni 2009
Über Wege
(c) Jim Clark, hier gefunden
Robert Frost
The Road Not Taken
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
Der nicht gegangene Weg
Zwei Wege trennten sich im fahlen Wald
und, weil ich nicht auf beiden konnte gehn
und einer bleiben, macht' ich lange Halt
und schaute auf des einen Wegs Gestalt,
soweit ich durch die Büsche konnte sehn.
Ging dann den andern - der, genauso schön,
den größer'n Anspruch hatte auf Gebrauch,
denn Gras wuchs drauf und brauchte Drübergehn -
obgleich die Wand'rer, muß ich schon gestehn,
gebrauchten einen wie den andern auch.
Sie lagen vor mir, beide gleich, zuhauf
mit Blättern, die kein Tritt noch aufgestört.
Ich hob mir einen Weg für später auf!
Doch Wege führ'n zu and'rer Wege Lauf:
Ich wußte wohl, daß keiner wiederkehrt.
Und seufzend werd' ich einmal sicherlich
es dort erzählen, wo die Zeit verweht:
Zwei Waldeswege trennten sich und ich -
ich ging und wählt' den stilleren für mich -
und das hat all mein Leben umgedreht.
Translation / Übersetzung
by / von Walter A. Aue
by / von Walter A. Aue
Ich sehe mir gerade die Aufzeichnung eines Konzerts von Michael Jackson an, natürlich ist es eine Aufzeichnung, es wird ab jetzt nur noch Aufzeichnungen geben, aber ich werde nichts über ihn schreiben. Es ist nur, eigentlich war ich nie ein Fan, aber während ich die Musik höre, werde ich darauf gestoßen, wie gut sie ist, welcher Nuancenreichtum, welche Erfindungsfreude, was für eine Intensität. Und dann dieses menschliche Elend.
Darum war es mir lieber, etwas Gereiftes und Heiles aufzurufen und dagegen zu setzen, und da ich gebeten worden war, noch einmal etwas von Robert Frost zu bringen, wählte ich dieses Gedicht, das wohl bekannteste des vermutlich bekanntesten amerikanischen Lyrikers des 20. Jahrhunderts.
Michael Jackson hatte nicht den stilleren Weg gewählt. Aber wie häufig können Menschen wirklich ihre Wege wählen und sind nicht vielmehr Getriebene. Er jedenfalls war am Ende ein verzweifelt Getriebener, der buchstäblich seiner eigenen Haut, dem eigenen Körper entgehen wollte, sich nicht ertragen konnte, wie er geschaffen war, und in eine Unschuld flüchten wollte, die uns Menschen nicht gegeben ist. Wir hoffen, er hat jetzt Frieden.
Donnerstag, 25. Juni 2009
Muster der Erinnerung oder die Farbe Gold 4
Muster der Erinnerung – ein später Nachtrag
Diese vielversprechende Gold-Serie brach kürzlich erkennbar ab, warum? Ein steckengebliebener Post. Ich gestehe, fast immer entstehen Beiträge hier improvisiert, kurz vor ihrer Veröffentlichung, nur reichte es bisher bei Widrigkeiten immer noch für einen Notabschluß. Es war die abseitige Idee, etwas Persönliches beizufügen, aber dann hatte es aus verschiedenen Gründen die Stimmung verhagelt, dabei war mir diese Entscheidung für einen persönlichen Bezug zunächst gar nicht recht bewußt. Übrigens, falls sich ein Leser, der zufällig nicht in den USA lebt, seit Tagen wundert, warum die Playlist hier nicht funktioniert (und die Seite vorübergehend „einfriert“), tja genau das ist der Grund, die funktioniert jetzt nur noch dort. „Sic transit gloria mundi.“ Oder in anderen Worten „Mist“.
Nun das Mitteilenswerte: Das Bild oben zeigt die „Gotische Bibliothek“ in Potsdam. Gut, „gotisch“ ist mehr oder weniger die Formensprache, in der sie erbaut wurde, zur Zeit der wirklichen Gotik war Potsdam erst ein unbedeutendes Städtchen mit einer Burg, die den Havelübergang schützte, keine glanzvolle Residenz. Die Bibliothek steht im „Neuen Garten“, einem der Schloßparks Potsdams und war für die Büchersammlung König Friedrich Wilhelms II. gedacht. Die Musik stammt von seinem Onkel und Vorgänger König Friedrich II. von Preußen, auch zurecht „Friedrich der Große“ genannt, es ist der 2. Satz aus dem Konzert Nr. 2 in G-Dur für Flöte, Streicher und Continuo.
Vielleicht weil ich lange unmittelbar in der Nähe gewohnt habe, ist sie für mich wie mein emotionales Zentrum dieser Stadt. „Neide die Leidensfreien nicht, die Götzen von Holz, denen nichts mangelt, weil ihre Seele so arm ist, die nichts fragen nach Regen und Sonnenschein, weil sie nichts haben, was der Pflege bedürfte. Ja! ja! es ist recht sehr leicht, glücklich zu sein mit seichtem Herzen und eingeschränktem Geiste.“ Dieses sagt Hölderlin.
Glücklich sind wir, wenn wir zurückblicken auf eine gnädige Landschaft der Erinnerung. Nein, keine goldene. Menschen bleiben unbestimmbar und wechselhaft, an ihnen findet die Erinnerung zu wenig Halt. Aber die Schönheit der Dinge kommt aus der Erinnerung zu uns und tröstet uns, ihr Gold der Erinnerung erwärmt das Herz und erhellt unser Gemüt. Die Schönheit der Dinge bleibt, auch wenn sie äußerlich vergeht. „Ein Ding von Schönheit ist ein Glück auf immer“ sagt Keats, denn die Schönheit der Dinge kommt zu uns aus der Ewigkeit.
Mittwoch, 24. Juni 2009
Solferino
Heute vor 150 Jahren, also am 24. Juni 1859, fand die Schlacht von Solferino statt, die Piemont-Sardinien mit seinem Verbündeten Frankreich gegen Österreich gewann. Warum das von Interesse ist, weil sie wesentlich für die Einigung Italiens war? Nun das wäre wohl nicht der Grund, warum sie noch in den heutigen Zeitungen erwähnt wird. Sie war die blutigste Schlacht seit Waterloo, Zehntausende von Verletzten wurden nach ihr mehr oder weniger ihrem Schicksal überlassen. Auch das würde wohl keine besondere Erwähnung hervorrufen, danach ist weit Schlimmeres geschehen.
Aber die Erschütterung eines Mannes, nämlich von Henry Dunant, hat damals bewirkt, daß er einmal die Energie aufbrachte, die Bevölkerung der Gegend dazu zu bringen, den Verletzten ohne Ansehen der Nation zu helfen, und dann führte sie schließlich zur Gründung des Roten Kreuzes und zur Genfer Konvention. Da sage noch jemand, die Erschütterung eines einzelnen vermöge nichts zu bewirken. Die Geschichte dieses Mannes hat viele weitere überraschende Facetten, man mag das hier weiter nachlesen.
Aber so verdienstvoll das unzweifelhaft ist, beim Namen dieses Ortes taucht in mir eine andere Assoziation auf, die des „Helden von Solferino“. Joseph Roth erzählt von ihm im „Radetzkymarsch“, der Geschichte der fiktiven Familie Trotta. Ich habe davon hier schon einmal gesprochen. Ein Trotta, Joseph, Leutnant der Infanterie, rettet danach in der Schlacht von Solferino Kaiser Franz Joseph I. das Leben, wird als „Joseph Trotta von Sipolje“ in den Adelsstand erhoben und so „zum Ahnherrn eines neuen Geschlechtes“. Ein Geschlecht, das bald verlöschen wird, so wie die k. u. k. Monarchie.
„‘Es war damals anders‘, erwiderte Skowronnek. ‚Nicht einmal der Kaiser trägt heute die Verantwortung für seine Monarchie. Ja, es scheint, daß Gott selbst die Verantwortung für die Welt nicht mehr tragen will. Es war damals leichter! Alles war gesichert. Jeder Stein lag auf seinem Platz. Die Straßen des Lebens waren wohl gepflastert. Die sicheren Dächer lagen über den Mauern der Häuser. Aber heute, Herr Bezirkshauptmann, heute liegen die Steine auf den Straßen quer und verworren und in gefährlichen Haufen, und die Dächer haben Löcher, und in die Häuser regnet es, und jeder muß selber wissen, welche Straße er geht und in was für ein Haus er zieht.‘“
Aber die Erschütterung eines Mannes, nämlich von Henry Dunant, hat damals bewirkt, daß er einmal die Energie aufbrachte, die Bevölkerung der Gegend dazu zu bringen, den Verletzten ohne Ansehen der Nation zu helfen, und dann führte sie schließlich zur Gründung des Roten Kreuzes und zur Genfer Konvention. Da sage noch jemand, die Erschütterung eines einzelnen vermöge nichts zu bewirken. Die Geschichte dieses Mannes hat viele weitere überraschende Facetten, man mag das hier weiter nachlesen.
Aber so verdienstvoll das unzweifelhaft ist, beim Namen dieses Ortes taucht in mir eine andere Assoziation auf, die des „Helden von Solferino“. Joseph Roth erzählt von ihm im „Radetzkymarsch“, der Geschichte der fiktiven Familie Trotta. Ich habe davon hier schon einmal gesprochen. Ein Trotta, Joseph, Leutnant der Infanterie, rettet danach in der Schlacht von Solferino Kaiser Franz Joseph I. das Leben, wird als „Joseph Trotta von Sipolje“ in den Adelsstand erhoben und so „zum Ahnherrn eines neuen Geschlechtes“. Ein Geschlecht, das bald verlöschen wird, so wie die k. u. k. Monarchie.
„‘Es war damals anders‘, erwiderte Skowronnek. ‚Nicht einmal der Kaiser trägt heute die Verantwortung für seine Monarchie. Ja, es scheint, daß Gott selbst die Verantwortung für die Welt nicht mehr tragen will. Es war damals leichter! Alles war gesichert. Jeder Stein lag auf seinem Platz. Die Straßen des Lebens waren wohl gepflastert. Die sicheren Dächer lagen über den Mauern der Häuser. Aber heute, Herr Bezirkshauptmann, heute liegen die Steine auf den Straßen quer und verworren und in gefährlichen Haufen, und die Dächer haben Löcher, und in die Häuser regnet es, und jeder muß selber wissen, welche Straße er geht und in was für ein Haus er zieht.‘“
Zwischendurch
Ich habe eben einen leichten Protest gegen die einschläfernde Monotonie der Rosenbilder hier vernommen und im Grunde auch akzeptiert, ich werde mich also nach etwas Unterhaltsameren umschauen, aber heute noch nicht.
Aber um den Sinn für Absonderliches zu bedienen, und da auch in Deutschland gern darüber schwadroniert wird, wie sehr rassistisch das Land sei: Gestern fand ich im Perlentaucher einen Bericht darüber, wie ein schwarzer amerikanischer Student bei einem Zoobesuch in Dehli, als er sich die Giraffen anschaute und sich einmal umdrehte, sah, wie etwa 50 Familien statt der Tiere ihn anstarrten und Eltern ihre neugierigen Kinder zurückzerrten."
Diepiriye Kuku in Outlook India: “Once I stood gazing at the giraffes at the Lucknow Zoo only to turn and see 50-odd families gawking at me rather than the exhibit. Parents abruptly withdrew infants that inquisitively wandered towards me.
I felt like an exotic African creature-cum-spectacle, stirring fear and awe. Even my attempts to beguile the public through simple greetings or smiles are often not reciprocated. Instead, the look of wonder swells as if this were all part of the act and we were all playing our parts.”
Man mag das Ganze hier bei Outlook India nachlesen.
Aber um den Sinn für Absonderliches zu bedienen, und da auch in Deutschland gern darüber schwadroniert wird, wie sehr rassistisch das Land sei: Gestern fand ich im Perlentaucher einen Bericht darüber, wie ein schwarzer amerikanischer Student bei einem Zoobesuch in Dehli, als er sich die Giraffen anschaute und sich einmal umdrehte, sah, wie etwa 50 Familien statt der Tiere ihn anstarrten und Eltern ihre neugierigen Kinder zurückzerrten."
Diepiriye Kuku in Outlook India: “Once I stood gazing at the giraffes at the Lucknow Zoo only to turn and see 50-odd families gawking at me rather than the exhibit. Parents abruptly withdrew infants that inquisitively wandered towards me.
I felt like an exotic African creature-cum-spectacle, stirring fear and awe. Even my attempts to beguile the public through simple greetings or smiles are often not reciprocated. Instead, the look of wonder swells as if this were all part of the act and we were all playing our parts.”
Man mag das Ganze hier bei Outlook India nachlesen.
Dienstag, 23. Juni 2009
Montag, 22. Juni 2009
Hölderlin oder Über ein verlorenes Leben
(c) Walter A. Aue
Friedrich Hölderlin
Hyperions Schicksalslied
Ihr wandelt droben im Licht
Auf weichem Boden, selige Genien!
Glänzende Götterlüfte
Rühren Euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Schicksallos, wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
in bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist,
Und die seligen Augen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.
Doch uns ist gegeben,
Auf keiner Stätte zu ruhn;
Es schwinden, es fallen
Die leidenden Menschen
Blindlings von einer
Stunde zur andern,
Wie Wasser von Klippe
Zu Klippe geworfen,
Jahrlang ins Ungewisse hinab.
(c) Walter A. Aue
Hyperion's song of Fate
You wander above in the light
on soft ground, blessed genies!
Blazing, divine breezes
brush by you as lightly
as the fingers of the player
on her holy strings.
Fateless, like sleeping
infants, the divine beings breathe,
chastely protected
in modest buds,
blooming eternally
their spirits,
and their blissful eyes
gazing in mute,
eternal clarity.
Yet there is granted us
no place to rest;
we vanish, we fall -
the suffering humans -
blind from one
hour to another,
like water thrown from cliff
to cliff,
for years into the unknown depths.
Übersetzung von / Translation © by Emily Ezust
Eigentlich mit einem anderen Thema beschäftigt, stieß ich eher beiläufig darauf, daß am heutigen Tage im Jahre 1802 Susette Gontard verstorben ist. Wenn jemand bei diesem Namen mit den Schultern zuckt, wird man ihm das ernsthaft nicht vorwerfen wollen. Sie war, in konventioneller Sprache, die Muse Friedrich Hölderlins, seine große Liebe, „Diotima“ in seinen Werken. Und ich kann schlecht behaupten, dieses sei mein Lieblingsdichter, mehr noch, er sei einer derjenigen, in denen die deutsche Sprache gewissermaßen selbst Gestalt gewann, ohne von diesem Datum Kenntnis zu nehmen.
Es gibt Menschen, die aus sich selbst nicht viel Sichtbares zu Tage fördern aber in jemand anderem das Tiefste und das Geheimnisvollste zum Leuchten und zum Leben bringen. Das mag mit diesem Wort „Muse“ gemeint sein. “Hyperion” ist derjenige, den Hölderlin im gleichnamigen Werk die obigen Worte sprechen läßt, kurz bevor benannte Diotima antwortet, in seinem Roman, der vordergründig den Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken behandelt. Das Biographische zu beider Verhältnis mag man hier nachlesen. Aber ihr Verlust war es wohl, der ihm den Lebensnerv so unheilbar beschädigte, daß er nach einem grandiosen Aufbäumen die folgenden Jahrzehnte nur noch reduziert und zurückgezogen zu überleben vermochte.
Nur ein Wort zur Übersetzung, die mir Emily Ezust freundlicherweise zu benutzen erlaubt hat. Man mag fragen, warum sie hier auftaucht, nun ganz einfach, weil ich weiß, daß ein paar Menschen dies hier zu lesen versuchen, deren Muttersprache Englisch ist. Aber ich gestehe, ich bin völlig unfähig zu beurteilen, wie Hölderlin im Englischen klingen mag. Ich weiß nicht, wieviel von der Macht und Eigenart seiner Worte über die Brücke einer Übersetzung getragen werden kann.
Bekanntlich gibt es Dichter, die versuchen, bedeutungsschwer zu klingen, und dieses Wollen hört man aus jeder Zeile heraus. Dann gibt es andere, bei denen einen das Gefühl ergreift, eine Stimme von archaischer Würde zu vernehmen, die aus dem tiefsten Altertum zu einem spricht, auch wenn man weiß, daß sie wenig mehr als 200 Jahre alt ist. Das ist Hölderlin in seinen gereiftesten Werken. Nichts ist aufgesetzt, nichts ist Attitüde, alles scheint ewig und unzerstörbar wie die Sprache selbst. Man darf einwenden, ob sie nicht genauso zerstörbar sei wie alles Geschaffene. Wenn Dichtung die Wirklichkeit in die Ewigkeit hebt und darin Gott zur Hand geht, dann nicht.
Und noch eine Anmerkung, damit das Pathos nicht zu erdrückend wird, genauer zwei: Die beiden Bilder habe ich mir bei Prof. Aue ausgeliehen, da vor meiner Haustür gegenwärtig kein Meer tobt, was die nächsten 100.000 Jahre wohl so bleiben wird. Und das andere, als ich einem Familienmitglied von meinem gestrigen Post erzählte, meinte sie, sie kenne auch ein Gedicht über Bäume, das ginge ungefähr so:
Ein Baum hat Äste,
das ist das Beste,
denn wär er kahl,
wär es ein Pfahl.
Nun ja, Gute Nacht.
Sonntag, 21. Juni 2009
Sonntag und Über Bäume
Franz Kießling
Trees
In French, in Czech, in German mountains' presence
stand many trees that I did still not see
and never will. And yet their inner essence
lives in a tree that's growing close to me.
The woods still stand that I, as child, admired,
and don't seem older than they seemed before.
I change each year. The century expired
will see me buried on Vienna's door
tomorrow, maybe, under burning rubble,
without Good-Bye, without the last of gifts:
The world of trees this will not trouble:
it is not cognizant of me, who drifts...
Who am I then? There's nothing that bequeathes
eternity upon my fading name -
if not the trees' remembrance seizes
some of my good thoughts that I thought for them.
You all, who had my love when I was living:
I loved the good trees nigh as much as you.
Oh could I comfort you by always giving
you solace, as the good trees' shadows do.
Übersetzung / Translation
von / by Walter A. Aue
von / by Walter A. Aue
Bäume
Im Böhmerwald, im Harz, in den Vogesen
sind ihrer viele, die ich noch nicht sah
und nimmer sehen werde. Doch ihr Wesen
ist mir im Baum vor meinem Fenster nah.
Noch steht der Wald, den ich als Kind bewundert,
und scheint nicht älter, als er damals schien.
Mich ändert jedes Jahr. Und dies Jahrhundert
wird mich begraben irgendwo bei Wien.
Vielleicht schon morgen unter Rauch und Trümmern,
ganz ohne Abschied, ohne Grabgeschenk.
Das wird die Welt der Bäume nicht bekümmern,
sie ist nicht meinesgleichen eingedenk.
Wer bin ich dann? - Ich habe kein Vermächtnis,
das meinen Namen hier unsterblich macht.
Doch wär ich gern in eines Baums Gedächtnis,
so wie ich seinesgleichen gern gedacht.
Ihr alle, die ihr meine Liebe hattet:
ich hab die Bäume fast wie euch geliebt.
O wär mir stets für euch ein Trost gestattet,
wie ihn der Schatten eines Baumes gibt.
Offen gesprochen, mag ich gar nicht mehr soviel sagen, nur das: Die obigen Bilder stammen von meiner heutigen Wanderung um den nahen See. Eigentlich war ich auf der Suche nach Baumbildern (aber so ist es oft im Leben, man hat eine feste Absicht und heraus kommt etwas völlig anderes), denn Prof. Aue hatte mich auf seine Übersetzung eines Gedichts von Franz Kießling hingewiesen, er schrieb:“… ich finde es ungerecht, traurig und sehr schade, daß er heutzutage praktisch unbekannt ist. Darum habe ich auch die Übersetzungen gemacht.“
Ich habe heute gern eine von diesen hier wiedergegeben, denn meine eigene Beziehung zu Bäumen ist ziemlich sentimental, aber davon mag ein andermal die Rede sein. Doch man sollte unbedingt auf seine Seite, die des Prof. Aue meine ich, gehen, schon der Anmerkungen wegen und natürlich der anderen Übersetzungen. Sie findet sich hier.
Aber damit es wenigstens auch bildlich etwas um Bäume geht, wollen wir mit einer der tausendjährigen Ivenacker Eichen enden, die hier in der Nähe wachsen, eine Ansammlung von Eichen, die in der Tat bis zu 1000 Jahre alt sind.
Die älteste Eiche im Ivenacker Tiergarten
hier gefunden
hier gefunden
Samstag, 20. Juni 2009
Freitag, 19. Juni 2009
Über Gewitterregen und einen nachdenklichen Franzosen
Ausnahmsweise mal etwas Persönliches. Also ich gestehe, als Kind war ich nicht unbedingt der Gruppenmensch, das führt noch heute dazu, daß manchmal ein irrationales Unbehagen in mir aufbricht, wenn ich etwa in eine lautstarke, biertrinkende Gruppe pubertierender Jugendlicher gerate, die vor einem Gewitterregen Zuflucht auf einem überdachten Bootssteg sucht, so wie ich.
Ich bin nicht sehr klein und auch nicht ausgeprägt ängstlich, aber ich habe mich sicherlich mit einem ziemlich dämlichen Gesichtsausdruck wortlos dort an den Rand gestellt und gewartet, daß es endlich aufhört. Darauf löst sich einer der Gruppenanführer aus seiner Horde, ein vierschrötiger vermutlich 17jähriger und fragt mich „Junger Mann, wollen sie auch ein Bier“.
Das klingt vermutlich völlig anders, als es auf mich wirkte, denn ich war verblüfft, und ehrlich gesagt, zolle ich ihm auch Respekt für die anständige Geste, was sie tatsächlich war, wenn ich auch höflich ablehnte, was mich jetzt noch ärgert.
Eigentlich wollte ich heute etwas über Blaise Pascal schreiben, der am 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand geboren wurde, doch so reicht es nur zu ein paar Zitaten:
„Die Wahrheit kann nicht durch eine Wette entschieden werden, aber es muß gewettet werden. Es gibt keine Freiwilligkeit, Sie müssen sich darauf einlassen. Wenn Sie nicht wetten, daß es Gott gibt, müssen Sie wetten, daß es ihn nicht gibt. Wofür entscheiden Sie sich? Wägen wir den Verlust dafür ab, daß Sie sich dafür entschieden haben, daß es Gott gibt: Wenn Sie gewinnen, gewinnen Sie alles, wenn Sie verlieren, verlieren Sie nichts. Setzen Sie also ohne zu zögern darauf, daß es ihn gibt.“
"Allein ist der Mensch ein unvollkommenes Ding; er muß einen zweiten finden, um glücklich zu sein."
"Als ich es zuweilen unternommen habe, die ruhelose Geschäftigkeit der Menschen zu betrachten, wie auch die Gefahren und Strapazen …,habe ich häufig gesagt, daß das ganze Unglück der Menschen aus einem einzigen Umstand herrühre, nämlich, daß sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können."
„Nichts ist dem Menschen so unerträglich, als wenn er sich in vollkommener Ruhe befindet, ohne Leidenschaften, ohne Beschäftigungen, ohne Zerstreuungen, ohne Betriebsamkeit. Dann fühlt er seine Nichtigkeit, seine Verlassenheit, seine Unzulänglichkeit, seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine Leere. Sogleich werden vom Grunde seiner Seele die Langeweile, der Trübsinn, die Traurigkeit, der Kummer, der Verdruß und die Verzweiflung aufsteigen.“
„Der letzte Schritt der Vernunft ist anzuerkennen, daß es unendlich viele Dinge gibt, die über sie hinausgehen. Sie ist nur schwach, wenn sie nicht soweit geht, das anzuerkennen.“
„Jesus Christus hat nichts anderes getan, als die Menschen zu lehren, daß sie sich selbst liebten…“
„Nicht im Raum muß ich meine Würde suchen, sondern in der Ordnung meines Denkens. Ich werde keinen Vorteil davon haben, wenn ich Grund und Boden besitze. Durch den Raum erfaßt und verschlingt das Universum mich wie einen Punkt. Durch das Denken erfasse ich es.“
"Das Herz hat seine Gründe, welche die Vernunft nicht kennt."
"Der Mensch ist nur ein Schilfrohr, das schwächste der Natur; aber er ist ein denkendes Schilfrohr.“
"Der Mensch ist weder Engel noch Tier, und das Unglück will es, daß, wer einen Engel aus ihm machen will, ein Tier aus ihm macht."
"Je mehr Einsicht man hat, desto mehr Größe und Niedrigkeit entdeckt man im Menschen.“
"Vielfalt, die nicht auf Einheit zurückgeht, ist Wirrwarr; Einheit, die nicht auf Vielfalt gründet, ist Tyrannei."
" Wir begnügen uns nicht mit dem Leben, das wir aus unserem eigenen Sein haben; wir wollen in der Vorstellung der anderen ein imaginäres Leben führen, und darum strengen wir uns an, in Erscheinung zu treten. "
Donnerstag, 18. Juni 2009
Rilke oder Dichtung als Selbsttherapie
Grab von Rainer Maria Rilke, Raron, Kanton Wallis, Schweiz
Photograph: Peter Berger, hier gefunden
Photograph: Peter Berger, hier gefunden
Ich bin vor einiger Zeit einmal gefragt worden, ob ich etwas Erhellendes zu einigen von Rilkes Duineser Elegien schreiben könnte. Offen gestanden, lag mir die Antwort nahe, nein kann ich nicht. Aber ihn zu lesen und dann zu sagen, ich habe nichts zu ihm zu sagen, wäre auch wiederum ein unangenehmes Eingeständnis, ja wovon eigentlich gewesen. Daß Rilke oft dunkel ist, schwierig, vieldeutig, verworren ist wie ein keltisches Flechtornament? Er hat kaum, denke ich, aus Eitelkeit so geschrieben, sondern weil er etwas Dunkles, Tiefes sagbar machen wollte, es in die Sprache heben und ihm dabei Gestalt geben. Und man kann nicht etwas Wesentliches aussagen und davon unverwandelt bleiben.
Rilke hat selbst behauptet, seine Dichtung sei „eigentlich nichts anderes als eine … Selbstbehandlung“. Sie ist sicher auch noch einiges darüber hinaus, aber gerade für die 3. Duineser Elegie gilt dies schon sehr stark. Interessanterweise stand er in engem Kontakt mit den Pionieren der Psychoanalyse, ohne sich selbst je behandeln zu lassen.
„Aber daß für mich nichts verhängnisvoller, tödlicher wäre, als mich den Einflüssen einer solchen Behandlung … auszusetzen: das war mir da, zum Glück, schon völlig klar geworden. Jemehr ich von den Absichten, Erfolgen und Fortschritten der Analyse erfuhr, desto besser mußte ich einsehen, daß sie geradezu wie Zersetzung wirken müßte in einem Dasein, das ja doch seine stärksten Antriebe eben darin hatte, daß es sich nicht kannte, daß es durch sein eigenes schweres und seeliges Geheimnis mit allen Geheimnissen der Welt ja mit Gott selber, unerschöpflich zusammenhing und von dorther geheim und großmüthig erhalten wurde.“ (Brief vom 21. 2. 1914)
Stattdessen hat er die 3. Duineser Elegie geschrieben: Zunächst wird in der Abwehr jeder Romantik in ihr der verborgene schuldige „Fluß-Gott des Bluts“ angesprochen, die triebhafte, sexuelle, unbewußte, tiefere Natur des Menschen, um dann davon zu reden, wie diese Natur vertraut gemacht werden kann, nicht verdrängt, nicht abgetötet, nicht sublimiert. In der Antike konnte dies der Mythos leisten, heute ruft er die Kunst an, es zu beschwören.
„Vieles verbargst du ihm so; das nächtlich-verdächtige Zimmer
machtest du harmlos, aus deinem Herzen voll Zuflucht
mischtest du menschlichern Raum seinem Nacht-Raum hinzu…
Nirgends ein Knistern, das du nicht lächelnd erklärtest,
so als wüßtest du längst, wann sich die Diele benimmt . . .
Und er horchte und linderte sich…“
Hier ist es das Kind, dem über das Grauen, auch das innere Grauen, durch die Mutter hinweggeholfen wird (von der es aber auch heißt, „du machtest ihn klein“). Das Kind, dem sich dann sein Inneres aufschließt, und es betrachtet fasziniert, was es sieht:
„Wie er sich hingab -. Liebte.
Liebte sein Inneres, seines Inneren Wildnis,
diesen Urwald in ihm, auf dessen stummem Gestürztsein
lichtgrün sein Herz stand. Liebte. Verließ es, ging die
eigenen Wurzeln hinaus in gewaltigen Ursprung,
wo seine kleine Geburt schon überlebt war. Liebend
stieg er hinab in das ältere Blut, in die Schluchten,
wo das Furchtbare lag, noch satt von den Vätern. Und jedes
Schreckliche kannte ihn, blinzelte, war wie verständigt.
Ja, das Entsetzliche lächelte . . .
… Wie sollte
er es nicht lieben, da es ihm lächelte.“
Die Liebe gehört ganz in diesen alten Bereich hinein, sie wühlt dessen Tiefen auf und sie macht, wo sie besteht, das Fremde vertraut. Darum auch werden Menschen in der Liebe bedeutsam, weil sie an das Tiefere rühren (und werden gewöhnlich, wenn sie wieder versandet). Darum fordert die Elegie schließlich das „Mädchen“ auf, diese auch gewaltsamen Tiefen zu besänftigen.
…. O leise, leise,
tu ein liebes vor ihm, ein verläßliches Tagwerk, - führ ihn
nah an den Garten heran, gieb ihm der Nächte
Übergewicht . . . . . .
Verhalt ihn . . . . . .“
Warum aber „Elegie“, also Klagegesang? Nun es ist eine Klage. Die Klage über die Unfähigkeit, so zu lieben, daß das, was im Innern angelegt ist, zu wahrhafter Erfüllung und Entfaltung gelangt, eine Klage über das Scheitern daran, sich ganz dem eigenen Fühlen hinzugeben, das Innere aufzuschließen und ihm zu vertrauen.
Soweit mein Versuch, es gibt unzählige bessere Deutungen, aber vielleicht hat diese Rilke ein wenig lesbarer gemacht, für wen auch immer, der Text der 3. Duineser Elegie findet sich hier.
Mittwoch, 17. Juni 2009
Spielzeuge der Erinnerung
Ich gebe zu, die Auswahl ist extrem subjektiv, alle Bilder zeigen überwiegend Verschwundenes, das Neustrelitzer Schloß, Schloßkirche und Schloß Dargun, das Rathaus und Stadtpalais von Neubrandenburg, das „Krumme Haus“ auf der Burg Stargard. Manchmal gibt es noch Ruinen, aber oft ist alles vergangen. Meist am Ende oder unmittelbar nach Ende des letzten Krieges. Wobei, noch jüngst wurden hier in der Stadt die Fundamente solcher verlorenen Gebäude beräumt. Barbarei kennt kein Verfallsdatum.
Immerhin sollte erwähnt werden, die Bilder stammen von einem hiesigen Modellpark, der bedeutende Gebäude der Gegend, bestehende und verlorene, wiedererstehen läßt, und sehr vieles ist ja noch erhalten. Es ist schon hübsch, jemand zerstört etwas, und irgendwann gibt es dann anmutige Trostbilder, kleine Erinnerungen gewissermaßen, auch wenn wir die Originale selbst nie gesehen haben.
Aber Empfindungen lernen wir, wie wir lange wissen, erst am Verlorenen. Das Selbstverständliche läßt uns wortlos zurück. Nur welche Empfindungen sind dies, schlagen wir uns die Artefakte soweit zurecht, bis sie in unsere kleinen Denkmuster passen, machen wir aus ihnen ein Souvenir, stopfen wir die Löcher unserer Seele mit etwas, das wir für Vergangenheit halten. Dekorieren wir so bloß unser inneres Scheitern, wenn wir uns erinnern. Und so ist es ja mit jeglicher Bildung, ist sie ein Narrenmantel, den wir uns überwerfen, um mit ihr Effekte zu zeugen, oder ist sie ein Zeichen eines inneren Bandes, das uns mit allem verbindet, was von Bedeutung ist.
See- und Gartenidylle oder Über sentimentale Lektüre
Blogs, so kommt es mir mittlerweile vor, sind oft eine Mischung aus „mein liebes Tagebuch“ für Erwachsene, also etwas eher Gruseliges (obwohl auch große Literaten Tagebücher geschrieben haben, wie auch immer), und einer abgewandelten griechischen Tragödie (wir wollen höflich bleiben).
Zum Glück ist die Zahl meiner Kommentatoren überschaubar und auch erst ein eher neueres Phänomen, der Flurschaden ist also steuerbar, aber wenn ich anderswo, meist aus Neugier hineinstolpere, lese ich von Migräne, Zahnoperationen und Herzeleid und ähnlichem, und der Chor der Kommentatoren ruft „Es wird schon wieder“ oder „Mir geht es viel schlechter“, so etwas in der Art. Es ist schon skurril.
Obwohl es Ausnahmen gibt: Ich persönlich bevorzuge ja mehr die unpersönlichen Blogs, die die etwas zu erzählen haben, Gartenblogs z. B., und wie da jemand, den ich wirklich tief mag, seine sowohl witzigen wie kenntnisreichen Ausführungen über Pflanzen einmal unterbricht, um etwas Persönliches zu erzählen, und er schrieb, warum die einzigen lebenden Wesen, die ihn in seinem Leben tief beeindruckten, Bäume sind, das war herzeinschnürend.
Dienstag, 16. Juni 2009
Lauda Sion
Nein, das wird kein Beitrag zum Fronleichnamsfest, zum einen wäre das etwas verspätet, und dann bin ich als guter Lutheraner so katholisch nun wieder auch nicht. Der Anlaß ist ein anderer, kürzlich hat jemand, der sich in Blogland „Naturgesetz“ nennt und dies hier freundlicherweise liest, auf seinem Blog die Sequenz des Fronleichnamsfestes „Lauda Sion Salvatorem“ (Lobe Zion den Erlöser) erläutert. Sie stammt von Thomas von Aquin, beschreibt die Eucharistielehre und wird Fronleichnam vor dem Evangelium gesungen (den Text mag man hier auffinden).
Es gibt einiges an Vertonungen (Orlando di Lasso, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Felix Mendelssohn Bartholdy, selbst von Dietrich Buxtehude). Das obige Beispiel stammt von Johannes Regis.
„Naturgesetz“ war meiner Anregung gefolgt und hat freundlicherweise einige Musikbeispiele auf seinem Musikblog „Naturgesetz: Music Lover“ zusammengetragen, insofern ist dies hier heute nichts anderes als eine weitere Leseempfehlung.
Sonntag, 14. Juni 2009
Mooney, Woods & Nogle
Dieses Medium bietet wunderbare Möglichkeiten, auf angenehme Menschen zu stoßen, gut es gibt auch die anderen, aber niemand zwingt einen schließlich, an gruseligen Orten seine Zelte aufzuschlagen, jedenfalls nicht im Internet, einer seiner Vorzüge.
Zu den angenehmen Menschen zählt auf jeden Fall Dr. Phillip E. Mooney oder auch „Butch“, der sich auf dem obenstehenden Bild findet, ich habe ihn im Umfeld von „cooperscorridor“ kennengelernt, jener traurigen Geschichte, die mir so viele kennenlernenswürdige Menschen näher gebracht hat.
Phillip ist ein pensionierter Arzt aus dem Staate Washington, der sich einst zwischen einer Karriere als klassischer Sänger oder Arzt entscheiden mußte, dann die Medizin wählte und jetzt seine keltischen Wurzeln wiederentdeckt hat, gemeinsam mit seiner Band Mooney, Woods and Nogle.
Bild findet sich
hier
Auf deren Website www.mooneywoodsandnogle.com sind einige Stücke zum Anhören versammelt.
Um ihn selbst ein wenig zu Wort kommen zu lassen: "Ich habe als Tenor Rollen in verschiedenen Opern gesungen, gab Konzerte, auch in Kirchen, und habe Musik von Bach, Buxtehude, Händel, Mozart, Rossini und einer Vielzahl anderer vorgetragen. .... Seit meiner Pensionierung bin ich zu meinen Wurzeln zurückgekehrt und gegenwärtig singe, spiele und schreibe ich Musik im keltischen Genre." [„I used to sing principle tenor roles in various operas, gave recitals, and church concerts performing the music of Bach, Buxtehude, Handel, Mozart, Rossini and an host of others. …. Since my retirement, I have gone back to my roots and I'm presently singing, playing and writing music in the Celtic genre.”]
Offen gesagt (nebenbei bemerkt, ich bin ein ziemlicher Liebhaber irischer bzw. keltischer Musik), man hört das immer noch etwas. Er selbst gesteht: “Ich mußte erneut lernen, mit einem Mikrophon zu singen. Beim ersten Soundcheck habe ich fast das Gehör des Tontechnikers mit meiner Stimme zerstört.“ [“I had to re-learn how to sing with a microphone again. The first time we did a sound check I almost destroyed the sound man's hearing with my voice.”]
Auf der Website kann man 6 Stücke von ihrer aktuellen CD hören: "‚Der Hase von Granmore‘ ist ein Lied, das zu singen, großes Vergnügen bereitet. Dies ist die Version aus der Perspektive des Jägers. Auf der CD ist ein anderes (Hasenlied), mit dem Titel "Die Klage des Hasen" und jene Version ist aus der Sicht des Hasen. ‘Súil a Rúin‘ ist ein altes Lied von einem Soldaten, der in den Krieg zieht, es gibt viele Varianten davon. Darüber hinaus hat es eine Menge mehr Strophen. Ich habe diese Verse ausgewählt, um es etwas zu verkürzen, aber immer noch an der Geschichte zu bleiben. Die Harfe ist eine meiner jüngsten Hinzufügungen zum Kreis der Instrumente, die ich spiele. Ich genieße es, sie zu spielen und auf unserer nächsten CD wird sie viel mehr vorkommen. Ich habe eine Menge Musik geschrieben und wir haben eine große Auswahl für die nächsten zwei CD‘s."
["Granmore Hare" is a fun song to sing. This version is from the hunter's perspective. On the CD there is another (hare song), entitled, "The Hare's Lament" and this version is from the hare's perspective. "Súil a Rúin" is an old song of a soldier going off to war and there are many variations of it, as well. It also, has a bunch more verses. I selected these verses to shorten it but still carry along the story. The harp is one of my more recent additions to the collection of instruments I play. I love playing it and on our next CD, I will be using it more. I've been writing lots of music and we will have plenty for the next two CDs.”]
Das also für heute über diesen Gentleman aus Washington, den kennengelernt zu haben, ich die große Freude und Ehre habe.
Bei dieser Gelegenheit ist mir spätestens aufgefallen (ich hatte eine kleine vorwitzige Bemerkung ihm gegenüber gemacht), ich muß dringend meine Linkliste überarbeiten, da bei meinen Verweisen die Lebenden mit den Toten doch zu verwirrend durcheinander geraten.
Samstag, 13. Juni 2009
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