Dienstag, 18. Oktober 2011

Potsdamer Spaziergänge


Ich liebe diesen Ort wirklich, oder die Idee dieses Ortes oder im Versuch, es besser zu sagen: Die Spuren dessen, wie menschlicher Geist im Angesicht der Schönheit dem Wirklichen zu seiner wahreren Natur verhilft. Ich durfte gestern zwei Freunden aus Zürich Potsdam zeigen, von denen der eine diesen Blog pflegt, so habe ich ihn auch kennengelernt. Wir begannen also mit St. Nikolai, ein Ort, der mir zunächst wie ein Theaterbau erschien und mit den Jahren völlig vertraut wurde. Im Rücken ein Ungetüm aus Beton, aus dem bald der Neubau des Stadtschlosses werden soll.


In solchen Momenten fragt man sich sofort, was weniger bedrückend ist, die offen häßliche Leere (in diesem Fall eine einstmals in den Platz des zerstörten Schlosses gerammte zu große Straßenkreuzung) oder die innerlich häßliche Illusion eines Neubaus, der das Vergangene als Tapete auf sein Ungenügen klebt. Die Illusion. Denn Menschen vergessen schnell, die meisten sehen das Häßliche kaum, geschweige, daß sie daran leiden. Man muß es ihnen vor die Nase halten, was sie vermissen (sollten), sonst haben sie nicht einmal eine Idee. Doch genug davon. Potsdam ist trotz aller Zerstörung noch und wieder ein traumhafter Ort. Und manchmal, selten, gibt es sogar Beispiele gelungenen neuen Bauens, dessen Auswürfe einen im Zweifel doch sonst eher an ausufernden Rinderwahnsinn erinnern.


Aber tun wir all dies beiseite. Das dort oben ist übrigens ein solch selten gelungener Neubau, gefolgt vom Brandenburger Tor, der Potsdamer Variante. Und ich war froh von Antonio zu hören, man spüre, dies sei eine königliche Stadt. Das war noch vor Sanssouci.


Sanssouci. Die Idee des Schönen, zu dem man in einer eleganten Bewegung aufzusteigen vermag, um dann in einen Raum der Leichtigkeit zu gelangen. Das auch. Vorher aber noch der Traum von der christlichen Antike, abzulesen an der Friedenskirche.


Zu dem Merkwürdigen an Potsdam gehört, daß es in seinen besseren Teilen aus gebauten Träumen besteht, die die Wirklichkeit verändern, nein nicht verändern, eher, ihr auf den Grund gehen. Das Zufällige, das Banale, das Mißgestaltete ist etwas, das mit gutem Willen und Geschmack, gestützt von gewissen Überzeugungen überwindbar ist.


Und dann sind wir endlich in dem Raum, der unserer Natur entspricht, dem der Freundschaft und der Schönheit, in dem Ideen und Natur Umgang miteinander haben.


Walking through Potsdam
(Not really a translation)

I really love this place, or the idea of this place, or in an attempt to say it better: the traces of how the human spirit facing real beauty tries to help reality to reveal its truer nature. Yesterday I had the opportunity to show two friends from Zurich Potsdam, one of them has this blog, this way I met him first. We began with St. Nicholas, a place that appeared at first like a theater to me and becomes completely familiar over the years. In the back there is a monster of concrete from which will soon arise again an old building, somehow, the gone City Palace.
At such moments one wonders immediately, which is less sad, the open ugly emptiness (in this case there was a major road junction rammed into the place of the ruined castle once) or the inwardly ugly illusion of a new building, which uses the past like a wallpaper to hide its insufficiency.
The illusion of course. After all, people quickly forget most of the ugly, barely see it, let alone that they suffer from it. One has to shove it right under their noses what they are missing (or should), otherwise they wouldn’t even have an idea. But enough of that. Potsdam is despite all the destruction and yet again a wonderful place. And sometimes, rarely, there are even examples of pleasant new buildings; usually this new style reminds to rather be a result of mad cow disease.
But we want to put all this aside. By the way up there is such a rare pleasant new building, followed by the Brandenburg Gate, the Potsdam variant. And I was glad to hear from Antonio he felt that this was a royal city, indeed it is. And that was before Sanssouci.
Sanssouci. The idea of beauty to which you can ascend in an elegant move to join a space of pure lightness. Among other things. And before there was this dream of Christian antiquity to discover at the “Church of Peace”.
The strange thing about Potsdam is that in its better parts it’s built from dreams. To change reality, no, do not change, rather to find the reason of all reality. And the accidental, the trivial, the deformedly is something that can be overcome with good will and taste, supported by certain beliefs.
And then we're finally in this room belonging to our nature of friendship and beauty, in which ideas and nature talking to each other.

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