Denkmal für Eleonore Prochaska in Potsdam
hier gefunden
hier gefunden
"Der Herr trat in sie ein,
um Knecht zu werden.
Das Wort trat in sie ein,
um in ihrem Schoß zu verstummen.
Der Donner trat in sie ein,
um sein Lärmen zum Schweigen zu bringen.
Der Hirt trat in sie ein,
und siehe, das geborene Lamm, das leise weint.
Denn der Schoß Mariens
kehrte die Rollen um:
Er, der alle Dinge geschaffen hat,
nahm ihn in Besitz, aber als Armer.
Der Allerhöchste kam in sie (Maria),
aber er trat ein in Niedrigkeit.
Die Herrlichkeit kam in sie,
gekleidet aber in ärmliche Tücher.
Er, der alle Dinge spendet,
lernte den Hunger kennen.
Er, der allen zu trinken gibt,
lernte den Durst kennen.
Nackt und unbekleidet trat er aus ihr hervor,
er, der alle Dinge (mit Schönheit) kleidet."
aus dem Hymnus "De Nativitate"
Mit der Enzyklika „Principi apostolorum Petro“ hat Papst Benedikt XV. , der „Namensvorgänger“ des jetzigen Papstes am 5. Oktober 1920 den „Heiligen Ephräm der Syrer“ als Kirchenlehrer der römisch-katholischen Kirche anerkannt.
Dies ist übrigens interessant, da der erstgenannte während des ersten Weltkrieges äußerst nachdrücklich wie vergeblich zum Frieden drängte und danach ebenso vergeblich für einen solchen eintrat, der nicht auf fortdauernden Haß begründet war. Um ein Stück aus dessen Enzyklika „Pacem, Dei munus pulcherrimum“ zu zitieren, ich habe leider nur den englischen Text gefunden: „There is no need from us of long proof to show that society would incur the risk of great loss if, while peace is signed, latent hostility and enmity were to continue among the nations. There is not need to mention the loss of all that maintains and fosters civil life, such as commerce and industry, art and literature, which flourish only when the nations are at peace. But what is even more important, grave harm would accrue to the form and essence of the Christian life, which consists essentially in charity and the preaching of which is called the Gospel of peace.”
Zurück zum jetzigen Papst. Benedikt XVI. hat über Ephräm den Syrer 2007 eine sehr schön zu lesende Katechese gehalten, aus der ich ebenfalls zitieren will, diesmal ist es aber auf Deutsch. Dieser sei um das Jahr 306 in Nisibis in einer christlichen Familie zur Welt gekommen und wäre „der bedeutendste Vertreter des Christentums syrischer Sprache, dem es gelungen sei, „auf einzigartige Weise die Berufung des Theologen mit jener des Dichters zu verbinden“. Ich will nicht das Biographische wiedergeben, das ich dort eben gelesen habe, man mag das für sich an diesem Ort nachholen, nur dies noch: „Ephräm emigrierte nun nach Edessa, wo er seine Tätigkeit als Prediger fortsetzte. In dieser Stadt starb er 373 als Opfer der Pest, mit der er sich bei der Pflege der Pestkranken angesteckt hatte. Man weiß nicht mit Sicherheit, ob er Mönch war … So kommt in der Besonderheit seiner kulturellen Ausdrucksweise die gemeinsame und grundlegende christliche Identität zum Vorschein: der Glaube, die Hoffnung – diese Hoffnung, die ihn arm und keusch in dieser Welt leben läßt, indem er alle Erwartung auf den Herrn setzt – und schließlich die Liebe bis zur Selbsthingabe in der Pflege der Pestkranken.“
Die Besonderheit dieses Heiligen sei, daß in seiner Arbeit sich Theologie und Dichtung begegneten. „Die Dichtung gestattet ihm, die theologische Reflexion durch Paradoxa und Bilder zu vertiefen. Gleichzeitig wird seine Theologie Liturgie, sie wird Musik: Er war in der Tat ein großer Komponist, ein Musiker. Theologie, Reflexion über den Glauben, Dichtung, Gesang, Lob Gottes gehen zusammen; und gerade in diesem liturgischen Charakter tritt in der Theologie Ephräms mit aller Klarheit die göttliche Wahrheit zutage. In seiner Suche nach Gott, in der Art, wie er Theologie betreibt, folgt er dem Weg des Paradoxons und des Symbols. Einander entgegengesetzte Bilder werden von ihm weithin bevorzugt, weil sie ihm dazu dienen, das Geheimnis Gottes hervorzuheben.“
Der ob zitierte Hymnus ist dieser Katechese entnommen, die man hier im Ganzen nachlesen mag. Er sei schwierig zu übersetzen, meinte der Papst und wollte dann, um „wenigstens eine Vorstellung von seiner poetischen Theologie zu geben“ aus zwei Hymnen zitieren. Bei der eingangs zitierten („Über die Geburt Christi“) bekunde angesichts der Jungfrau Ephräm in inspiriertem Ton sein Staunen. Und aus dem Hymnus „De Fide“ bringt er:
„In deinem Brot verbirgt sich der Geist,
der nicht gegessen werden kann;
in deinem Wein ist das Feuer, das man nicht trinken kann.
Der Geist in deinem Brot, das Feuer in deinem Wein:
Siehe, ein Wunder, das von unseren Lippen aufgenommen wird.
Der Seraph konnte seine Finger nicht der Glut nähern,
die sich nur dem Mund des Jesaja näherte;
weder Finger haben sie genommen, noch Lippen haben sie geschluckt;
uns aber hat der Herr gestattet, beides zu tun.
Das Feuer kam mit Zorn herab, um die Sünder zu zerstören,
aber das Feuer der Gnade kommt auf das Brot herab und bleibt dort.
Statt des Feuers, das den Menschen zerstörte,
haben wir das Feuer im Brot gegessen
und sind belebt worden.“
Und abschließend: „Wie es keine Erlösung ohne Jesus gibt, so gibt es für Ephräm keine Menschwerdung ohne Maria. Die göttlichen und menschlichen Dimensionen des Geheimnisses unserer Erlösung finden sich schon in den Texten Ephräms; auf poetische Weise und mit Bildern, die grundsätzlich der Heiligen Schrift entnommen sind, nimmt er den theologischen Hintergrund und in gewisser Weise selbst die Sprache der großen christologischen Definitionen der Konzilien des 5. Jahrhunderts vorweg.“
Wie gesagt, es ist sehr angenehm zu lesen. Und um nicht nur beim Heiligen Vater abzuschreiben. In der Bibliothek der Kirchenväter findet sich von ihm einiges, das man hier aufrufen kann. Und so bringen wir noch eine Passage von Ephräm dem Syrer aus seiner Rede über den Text: „alles ist Eitelkeit und Geistesplage!“ (Pred 1,14.):
„Die Welt gleicht der Nacht, und alle ihre Ereignisse sind Träume. Die Seele versenkt sich in dieselben und läßt sich durch das Blendwerk verführen. Wie der Traum in der Nacht täuscht, so täuscht die Welt durch ihre Verheißungen. Gleichwie der Traum die Seele durch Bilder und Gesichte betrügt, ebenso betrügt die Welt durch ihre Lüste und Güter. Der Traum betrügt in der Nacht, indem er dich durch seine Vorspiegelungen reich macht, zu einer Machtstellung erhebt und dir einen hohen Rang verleiht. Er bekleidet dich mit prächtigen Gewändern, flößt dir Übermut ein und zeigt dir sogar durch sein Blendwerk, wie die Menschen kommen, um dir zu huldigen. Ist aber die Nacht vorüber und vorbei, ist der Schlaf entschwunden und dahin, ist der wache Zustand wieder zurückgekehrt, dann stellen sich diese Träume, die du geschaut hast, als lügenhaft heraus. Ebenso täuscht die Welt durch ihre Güter und Reichtümer, die gleich einem Traumgebilde der Nacht vergehen und werden, als ob sie nie gewesen wären. Wenn der Leib im Tode entschläft, dann erwacht die Seele, erinnert sich der Träume der Welt und ist darüber beschämt und bestürzt. Ergriffen von plötzlichem Staunen, vergeht und zergeht die Seele vor Verwirrung, beginnt zu zittern und zu beben, da das Verborgene offenbar wird. Sie gleicht dann einem Menschen, der sich nach dem Erwachen aus dem Traume umsonst abhärmt, daß seine Zeit wie ein Traum vergangen ist.“
Und wie kommen wir jetzt zu dem oben abgebildeten Denkmal auf einem Potsdamer Friedhof? Eleonore Prochaska, am 11. März 1785 in Potsdam geboren, aus einer armen Soldatenfamilie stammend und früh in einem Waisenhaus aufgewachsen, starb am 5. Oktober 1813 als Heldin der Befreiungskriege gegen Napoleon. Wie das, nun sie gab sich als Mann aus und kämpfte als „August Renz“ im Lützowschen Freikorps. Durch ihre schwere Verletzung in der Schlacht an der Göhrde wurde ihr wahres Geschlecht entdeckt, keinen Monat später starb sie in Dannenberg und wurde zur legendenhaften Gestalt, gewissermaßen ein Stück halb vergessener preußischer Mythologie. Neben vielen anderen hat Friedrich Rückert ein Gedicht über sie verfertigt, nun, ja, man mag es hier nachlesen.
Übrigens stammt eine andere Heldin dieser Art, es gab in der Tat mehrere, hier aus der Gegend. Friederike Krüger wurde am 4. Oktober 1789 in Friedland geboren, ebenfalls schwer verwundet überlebte sie aber und durfte sogar als einziger weiblicher Unteroffizier in der preußischen Armee verbleiben, für ihre Tapferkeit erhielt sie u.a. das Eiserne Kreuz.
Zurück zu Frau Prochaska - Ludwig van Beethoven hat etwas über sie komponiert, im Frühjahr 1815 (da war seine Sympathie für Napoleon bereits erklärlich abgekühlt) vier Stücke zu einer Schauspielmusik. Das ist durchaus anhörenswert.
Und sonst, was sagt uns diese Frau heute noch. Es ist schwierig. Die Worte Benedikts XV. werden zeitlos gültig bleiben solange es Kriege gibt, das dürfte dann wohl leider mit der Dauer der Existenz des Menschengeschlechts in eins zu setzen sein. Aber der „Jäger Renz“? Wenn man schaut, was anderen so einfiel, dann ist sie noch immer ein Stück konservierter Potsdamer Folklore oder „frau“ arbeitet sich am Durchbrechen weiblicher Rollenmuster ab.
Ersteres, nun gut, das Zweite lassen wir wohl besser beiseite. Vielleicht kann sie als Beispiel eines Menschen bestehen, der gegen übermächtige Beschränkungen über sich hinauswächst, weil er einer Sache dient, die größer ist als er selbst und der sich so zugleich im Gedächtnis der Nachwelt erhält. Möglicherweise.
beendet am 6. Oktober
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen